Maissilage ist mehr als nur Stärke
Großer Einfluss der Zellwandverdaulichkeit auf Gesamtverwertung
Es gibt in Deutschland mittlerweile nicht mehr viele Regionen, in denen MilchÂkuhrationen ohne Maissilage gefüttert werden. Stattdessen ist Mais häufig sogar zur tragenden Säule der Futterrationen geworden. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Mais ist wesentlich leichter und sicherer zu silieren als Gras, hat in der Regel einen deutlich höheren Energiegehalt, relativ gering schwankende Nährstoffgehalte, ein höheres Ertragspotenzial, und die Ernte ist deutlich witterungsunabhängiger. Zudem ist der Energiegehalt der Maissilage selbst noch bei der Ernte durch die Wahl der Stoppelhöhe beeinflussbar. Und nicht zuletzt ist Maissilage ein wertvoller Stärkelieferant. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge, Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, gibt einen Ãœberblick.

Foto: Mahlkow-Nerge
Auch die Zellwandbestandteile spielen eine wichtige Rolle
Auf der anderen Seite aber bestehen Maispflanzen und folglich auch die Maissilagen aus etwa 45 Prozent Zellwandbestandteilen (in der TM), die wiederum die Gesamtverdaulichkeit der Maissilage beeinflussen. Dieser Einfluss der Zellwandverdaulichkeit auf die Gesamtverwertung der Maissilage ist in der Regel noch größer als der durch die Stärke. So lässt es sich auch erklären, dass Maissorten mit dem höchsten Stärkegehalt nicht zwangsläufig und grundsätzlich auch am höchsten verdaulich sein müssen. Die Verdaulichkeit einer Maissilage wird nämlich weniger durch den Gehalt an gut verdaulicher Stärke, als vielmehr durch die Abbaubarkeit der Zellwandbestandteile bestimmt, und da gibt es scheinbar große Unterschiede zwischen den Sorten, wie beispielsweise Untersuchungen von Zeller et al. (2009) zeigen. Aus Sorten mit hoher Restpflanzenverdaulichkeit lassen sich durchaus, genauso wie aus stärkereicheren Maissorten, sehr energiereiche Silagen erzeugen. Dieses zeigte sich unter anderem in einem Milchkuhfütterungsversuch der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen (Pries et al., 2011). Dort ergab die Messung der Verdaulichkeit signifikante Differenzen zwischen zwei Maissilagen und führte zu um 0,5 MJ NEL/kg TM unterschiedlichen Energiegehalten. Das Verfüttern dieser beiden Maissorten – einer kolbenbetonten Sorte und einer Silomaissorte mit einer hohen Restpflanzenverdaulichkeit – führte bei den Kühen beider Versuchsvarianten jedoch zu gleichen Milchleistungen.
Es ist auch nicht zu unterschätzen, dass Maissilagen mit einem eher moderaten Stärkegehalt, gerade in maissilagereichen Rationen, eine geringere massive Anflutung von leicht verdaulichen Kohlenhydraten im Pansen bewirken und damit einen Beitrag leisten können, gerade maissilagebetonte, strukturarme und stärkereiche Rationen wiederkäuergerechter zu gestalten.
Sortenwahl und Rationstyp zusammen betrachten
Die seit 2008 angewandte Energieschätzgleichung für Mais und Maissilagen basiert auf dem in vitro-Parameter ELOS (enzymlösliche organische Substanz). Dieses Merkmal beschreibt die Gesamtverdaulichkeit des Futtermittels und beinhaltet damit folglich auch die Verdaulichkeit der Zellwände.
Wenn zum Beispiel für zwei Maissorten derselbe ELOS-Wert analysiert und möglicherweise auch der gleiche Energiegehalt errechnet wird, beide Sorten aber einen unterschiedlichen Stärkegehalt aufweisen, ist davon auszugehen, dass die Sorte mit dem geringeren Stärkegehalt eine höhere Restpflanzenverdaulichkeit haben müsste.
Stärkereichere Maissorten eher in grasbetonten Rationen
Beide Sorten haben ihre Berechtigung und finden ihren Einsatz in der Milchkuhfütterung, denn: So unterschiedlich die Maissorten sind, so unterschiedlich sind in der Praxis auch die gefütterten Rationstypen. Deshalb wird nicht jeder Landwirt die gleichen Maissorten benötigen. Die stärkereichere Sorte wird eher in einer grasbetonten Ration eingesetzt, um hier möglichst viel Maisstärke hineinzubekommen, die stärkeärmere Sorte mit einer höheren Zellwandverdaulichkeit vielmehr in einer maisreichen Ration, die ohnehin schon viel Stärke enthält. Ein Fütterungsversuch der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein untermauerte genau dies. Zwei Silomaisvarianten – mit gleicher Aussaatstärke (10 Körner/m2) angebaut, am selben Tag mit identischer Aufbereitung (theoretische Häcksellänge: 8 mm) Anfang Oktober geerntet und in zwei gleiche, aber separate Silos einsiliert – wurden in einer maissilagereichen Ration eingesetzt. Die mittelfrühe Sorte A mit der Siloreifezahl S 240 wird als hartmaisähnlicher Korntyp mit einem geringen bis mittleren Stärkegehalt bezeichnet. Die Sorte B mit gleicher Siloreifezahl wird durch einen höheren Stärkegehalt charakterisiert. Die Rationen für beide Versuchsgruppen unterschieden sich lediglich in der Silage der zu prüfenden Maissorte (Tabelle 1). Die Maissilage der Sorte B zeichnete sich nicht nur durch einen höheren Stärkegehalt, sondern auch durch geringere Rohfaser- und NDF-Gehalte aus als die Maissilage der Sorte A. Damit verbunden wurde für die Maissilage der Sorte B ein um 0,12 MJ NEL/kg TM höherer Energiegehalt ausgewiesen (Tabelle 2).
– LW 31/2014