Mangel und Ãœberschuss direkt nebeneinander
Phosphat ist nicht leicht zu fassen
Gemessen an seiner Bedeutung als Hauptnährstoff ist über Phosphat in der landwirtschaftlichen Praxis relativ wenig bekannt. Im Boden kommt Phosphat in verschiedenen Bindungsformen vor, die es erschweren, seine Verfügbarkeit mit einer einzigen Bodenanalyse treffend zu beschreiben. Auch die Gehaltsangaben in Düngemitteln sind nicht leicht nachvollziehbar, denn sie werden aufgrund ihrer Löslichkeit in verschiedenen Extraktionsmitteln angegeben. Dr. Friedhelm Fritsch vom DLR in Bad Kreuznach leistet Aufklärungsarbeit.
Phosphat ist ein knapper Rohstoff, der tendenziell nur immer teurer zu haben ist. Und seit einiger Zeit ist bekannt, dass Phosphat auch eine große Rolle in der Belastung der Oberflächengewässer spielt. Dabei sind die Anteile der Phosphateinträge diffuser und punktueller Herkunft in die Gewässer zwischen Land- und Wasserwirtschaft umstritten.Bei der Phosphaternährung der Pflanze sind verschiedene Phänomene zu beobachten: Im Bodenwasser (Bodenlösung) ist Phosphat, abgesehen in der Umgebung von Düngerkörnern, nur in sehr geringer Konzentration vorhanden. Und Phosphat wird im Boden kaum verlagert. Nach einer Düngung gehen die mit einer Standardbodenuntersuchung extrahierbaren Phosphatgehalte im Boden allmählich zurück. Kalkung kann die Phosphatverfügbarkeit verbessern. Was sind die Ursachen?
Phänomene des Phosphats im Boden
Bei der Ausbildung der festen Erdoberfläche wurden sogenannte Apatite, nämlich schwer lösliche Calciumphosphate, ausgefällt. In geologischen Zeiträumen wurden diese zumindest teilweise gelöst und damit sind Phosphat-Anionen (H2PO4-) in Böden auch in pflanzenverfügbarer Form vorhanden. Im Laufe der Zeit werden diese Phosphat-Anionen aber an die sich im Boden durch Verwitterung bildende Metalloxide, insbesondere von Eisen, gebunden (sorbiert), und zwar sehr spezifisch aufgrund ihrer Molekülstruktur. Im Gegensatz dazu werden Nitrat oder Sulfat kaum sorbiert und sind daher auswaschungsgefährdet.
Obwohl Phosphat-Anionen je nach Absättigung der Sorptionskapazität des Bodens oder Absenkung der Konzentration in der Bodenlösung auch wieder freigesetzt werden können, werden sie in großen Zeiträumen immer fester gebunden und weiterhin von neu gebildeten Oxiden überdeckt beziehungsweise eingeschlossen (okkludiert), und damit wird die Verfügbarkeit langfristig immer schlechter.
Organische Düngung kann Festlegung entgegenwirken
Um die P-Verfügbarkeit dennoch aufrecht zu erhalten, versucht die Landwirtschaft, die Festlegung durch Kalkung und organische Düngung (Erntereste, Dünger) zu vermindern. So wird Phosphat in verfügbarer Form bewahrt, weil es unter der Konkurrenz organischer Säure-Anionen und durch die Anhebung des pH-Wertes weniger stark sorbiert wird.
Im Boden gibt es neben den unterschiedlich fest sorbierten Phosphaten, die vor allem aus der Düngung mit leicht löslichen Phosphaten stammen, verschiedene Calciumphosphate, die zum Teil durch Verwitterung des Apatits entstanden, zum Teil aber auch aus Düngemitteln angereichert wurden. Diese P-Form wird vor allem durch partielle Absenkung des pH-Wertes, etwa im Wurzelbereich, gelöst.
Alle Böden enthalten aber auch unterschiedlich große Mengen organisch gebundener Phosphate. Deren Anteile variieren stark, ebenso wie die Humusgehalte oder die organische Düngung. Pflanzen können Phosphat deshalb dauerhaft aufnehmen, weil sie ständig mit ihren Wurzeln neue Räume erschließen und den pH-Wert mit Wurzelausscheidungen auf kleinstem Raum beeinflussen können, um P freizusetzen.
Organisch gebundenes Phosphat entgeht der Bodenuntersuchung
Die üblichen Bodenuntersuchungsmethoden erfassen mehr oder weniger große Anteile der sorbierten Phosphate und auch einige Calciumphosphat-Formen. Die organisch gebundenen Phosphate aber entgehen der Bodenuntersuchung völlig, es sei denn, es würde das Gesamtphosphat im Boden bestimmt werden.
Während die sorbierten Phosphate zum Beispiel nach Düngung mit leicht löslichen P-Düngern die aktuelle Phosphatkonzentration in der Bodenlösung und damit auch im Wurzelraum hoch halten können, stellen die Calciumphosphate eher eine langsam fließende P-Quelle dar, die nur niedrige Konzentrationen in der Bodenlösung bewirken können.
Von den Bodenuntersuchungsmethoden erfasst die „P-Wassermethode“ vorrangig die locker sorbierten Phosphate, ebenso die amerikanische „Olsen-Methode“, während die „CAL-“,die „EUF-“ und vor allem die „DL-Methode“ mehr Calciumphosphate lösen. Aber auch die organisch gebundenen Phosphate tragen zur Ernährung der Pflanzen bei, zum Teil sogar ganz wesentlich, wenn nämlich viel mineralisiert wird, zum Beispiel nach Bodenlockerung oder Kalkung. Dieser Beitrag der organisch gebundenen Phosphate schmälert die Aussagekraft aller Bodenuntersuchungsmethoden hinsichtlich des Düngebedarfs zwangsläufig.
Phosphat, ein knapper Düngemittel-Rohstoff
Nur wenige Regionen der Erde verfügen über nutzbare Phosphatlagerstätten. Meist sind diese sedimentären Ursprungs, das heißt sie entstanden durch Ablagerung von Pflanzen und Meerestieren (zum Beispiel in Nordwestafrika); einige Vorkommen sind aber auch vulkanischen Ursprungs (zum Beispiel in Nordeuropa). Über Jahrmillionen hinweg beziehungsweise nach Austrocknung der Meere blieb das Mineral Apatit zurück, ein schwerlösliches Calciumphosphat. Die Vorräte sind endlich, und teils mit Cadmium oder Uran belastet. Daher werden P-Dünger tendenziell immer teurer, zumal die Nachfrage nach Phosphat aus Ländern wie zum Beispiel Indien steigen wird.
Um zur Düngung verwendet zu werden, muss der Apatit zumindest feinst vermahlen werden (zu Rohphosphat), oder besser mit Schwefelsäure, mit Phosphorsäure oder mit Salpetersäure aufgeschlossen werden. Kommt Phosphat im Eisenerz vor, fällt bei der Stahlherstellung Konverterkalk mit Phosphat an, und da die früher verwendeten (europäischen) Erze noch mehr Phosphat enthielten, wurde daraus auch Thomasphosphat hergestellt.
Die unterschiedlichen Löslichkeiten der Phosphat-Mineraldünger (wasser-, neutral-ammoncitrat-, ameisensäure- oder mineralsäurelöslich) laut Düngemittelrecht haben historische Gründe, aber künftig wird dabei für mehr Einheitlichkeit gesorgt. Bei Kompost und Klärschlamm werden einfach die Gesamtgehalte angegeben, wobei der organisch gebundene Kompost-P kurzfristig nur wenig verfügbar, aber langjährig allmählich mineralisiert wird. Beim Klärschlamm-Phosphat, das mit Eisensalzen als Fällmittel aus dem Abwasser herausgeholt wurde und damit hinsichtlich seiner Löslichkeit mit den Düngersalzen (Calcium- oder Ammoniumphosphate) nicht vergleichbar ist, ist das Verhältnis von Fe zu P wichtig, je weiter es ist, umso weniger ist P verfügbar.
Generelles Defizit beim P-Haushalt der Landwirtschaft
Durchschnittlich werden mit dem Erntegut jährlich etwa 50 kg Phosphat (P2O5) pro ha abgefahren, wobei die Spanne von wenigen kg, zum Beispiel im Weinbau, bis an die 100 kg/ha bei der Ernte ganzer Pflanze im Ackerbau reichen kann. Nährstoffbilanzen landwirtschaftlicher Betriebe in Rheinland-Pfalz zeigen, dass im Durchschnitt etwas zu wenig gedüngt wird, wenn man die Phosphatabfuhr mit dem Bedarf gleichsetzt. Die Schwankungsbreite zwischen den Betrieben ist aber erheblich.
Da unsere Böden meist nur wenige Tausend kg Phosphat pro ha enthalten, sind dauerhafte Defizite von zum Beispiel 50 kg/ha und Jahr nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Ihre Auswirkungen sind zunächst Rückgänge bei der Ertragssicherheit, vor allem bei Kulturen mit geringem P-Aneignungsvermögen. Sichtbare Mangelsymptome treten erst viel später auf, allenfalls bei Mais werden dunkel-rötliche Blätter schon frühzeitig sichtbar.
Phosphat in Gewässern
Höhere Phosphatkonzentrationen in Gewässern als natürlicherweise üblich führen zu einer Vermehrung von Algen. Bereits etwa 0,1 mg P/l Wasser gelten als kritisch. Das ist aber eine Konzentration, wie sie auch in gut versorgten Böden in der Bodenlösung vorhanden ist. Durch P-Einträge verändert sich der ökologische Zustand der Gewässer, weil außer den Algen auch die Zusammensetzung der anderen Gewässerbewohner verändert wird. Im Extremfall kommt es zu einer Massenvermehrung von Algen, in der Folge zu Lichtmangel, und weiterhin nach Absterben und Zersetzung von Algen zunehmend zu Sauerstoffmangel, bis alle Lebewesen sterben, die auf Sauerstoff angewiesen sind, und das Gewässer „kippt um“.
Ein großer Teil der Gewässer ist somit phosphatbelastet, wobei die Einträge punktuell, aus Kläranlagen oder „Regenwasserüberläufen“, sowie diffusen Ursprungs sind. Die diffusen, räumlich verteilten, Einträge, wurden durch die Intensivierung der Landwirtschaft und höhere Nährstoffgehalte der Böden in den letzten Jahrzehnten eher verstärkt, und die Einträge über Kläranlagen wurden durch Verbesserung deren Reinigungskraft erheblich verringert.
Ein wichtiger Eintragspfad in Gewässer ist die Bodenerosion. Diese kann sichtbar und damit dem Landwirt bewusst sein, zum Beispiel nach Starkregen, aber auch schleichend und kaum sichtbar. Nach der Düngung insbesondere geneigter Flächen kann es mit Niederschlägen zu einem Oberflächenabfluss kommen. Auch über Drainagen kann Phosphat in Gewässer gelangen, ebenso mit Bodenwasser, das direkt in Gewässer fließt („Zwischenabfluss“) oder über das Grundwasser.
Bewegung von Phosphat im Boden
Über das Ausmaß der einzelnen Eintragswege ist aber für die einzelnen Regionen zu wenig bekannt. Und allgemein hält man den unterirdischen Eintrag auch für gering, denn Phosphat wird ja im Boden fest gebunden. Doch das trifft nicht immer zu, denn die Sorptionskapazität der Böden für Phosphat ist begrenzt, besonders deutlich in humusreichen, feinerdearmen Böden.
Nach Absättigung der oberen Bodenschichten wird Phosphat folglich allmählich nach untern verlagert, auch in rissigen, schweren Böden, zum Beispiel direkt mit der Düngung. Einige Böden sind sehr tiefreichend mit Phosphat angereichert worden, zum Beispiel nach tiefer Bodenbearbeitung im Weinbau. Je tiefer Phosphat in den Boden hinein kommt, umso weniger Eisenoxide sind wahrscheinlich vorhanden oder es herrschen sogar reduzierende (sauerstoffarme) Verhältnisse, so dass Phosphat im Untergrund weniger gebunden wird. In kalkhaltigen Böden könnten Calcium-Ionen das Phosphat ausfällen, wobei letztlich aber recht wenig über diese Vorgänge in den einzelnen Böden und Standorten bekannt ist.
P-Vorräte im Boden anlegen?
Es ist verständlich, dass Landwirte sich Vorräte im Boden anlegen wollen, wenn P günstig zu haben ist. Phosphat unterliegt schließlich weniger der Auswaschung als Nitrat und geht auch nicht gasförmig verloren. Dennoch ist diese Vorgehensweise mit gewissen Risiken verbunden. Kommt es zur Bodenerosion bis in ein Gewässer hinein und ist der abgeschwemmte Boden P-reich, wird auch viel ins Gewässer eingetragen.
Bei überhöhter Zufuhr kann Phosphat auch in den Unterboden eingetragen werden und ist damit dem Grundwasser schon näher. Wenngleich über das Ausmaß damit verursachter Gewässerbelastungen wenig bekannt ist, sind überhöhte P-Zufuhren zu vermeiden. Zudem kann bei einem Phosphatüberschuss durch die Bildung von schwerlöslichen Zinkphosphaten im Boden Zinkmangel auftreten. Auch hierüber ist mangels Boden- und Pflanzenanalysen wenig bekannt.
Die Düngeverordnung schiebt zur Vermeidung von P-Einträgen in die Gewässer der P-Überversorgung von Böden einen Riegel vor. Wenngleich es momentan noch zulässig ist, auch bei sehr hohen P-Gehalten im Boden in Höhe der P-Abfuhr zu düngen, weiß niemand, ob in Zukunft mit Phosphat hoch versorgte Flächen vorerst einmal mit P ungedüngt bleiben müssen, und damit auch zum Beispiel Gärreste weiter weg zu Flächen mit P-Bedarf transportiert werden müssen.
– LW 5/2016