Moderne Tierhaltung in der Öffentlichkeit erklären

Soziale Medien war Thema auf dem Hessischen Schweinetag

Interessante Themen wurden vergangene Woche auf dem Hessischen Schweinetag vorgetragen. So ging es unter anderem um die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins „Tierhaltung modern und transparent“ sowie Entwicklungen auf dem Schweinemarkt. Das LW war dabei.

Öffentlichkeitsarbeit für die Tierhaltung über Medien wie Facebook, Twitter und Instagram betreiben Landwirtschaftsstudenten der Hochschule Osnabrück unter dem Slogan „Massentierhaltung aufgedeckt – so sieht es in deutschen Ställen aus“.

Foto: Adams

Viele Menschen nutzen heute als Informationsmedium verstärkt das Internet. Eine Gruppe von Landwirtschaftsstudenten der Hochschule Osnabrück nutzt diesen Trend. „Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, via Website, Facebook, Twitter und Instagram zu zeigen, wie moderne Tierhaltung funktioniert“, sagte Thomas Fabry, der das Konzept in Alsfeld vorstellte. Die Studenten entwickelten den Onlineauftritt „Massentierhaltung aufgedeckt – so sieht es in deutschen Ställen aus (www.massentierhaltung-aufgedeckt.de), der jeden Monat von 6 000 Personen besucht wird. Er rief die Landwirte dazu auf, solche Kanäle für die Öffentlichkeitsarbeit stärker zu verwenden.

Eigene Reaktion auf fremde Beiträge zur Tierhaltung fänden online eine hohe Verbreitung. Wie effektiv das sei, erläuterte er an einem Beispiel. „Unsere Stellungnahme zu dem tierhaltungskritischen Artikel `die Rache aus dem Stall´ aus der Wochenzeitung `Die Zeit´ ist 15 000 Mal gelesen worden.“ In dem Artikel wurde die Nutztierhaltung für die Entstehung von MRSA-Fällen in der Humanmedizin verantwortlich gemacht. Die Stellungnahme sei so oft angeklickt worden, dass sie bei der Suche des Artikeltitels über Google vor dem eigentlichen Artikel aufgelistet wurde. „Ohne die sozialen Medien wäre eine solche Wirkung in der Öffentlichkeit nie gelungen“, so Fabry.

In Diskussionen sachlich bleiben

Er gab den Landwirten Tipps für die Arbeit in sozialen Netzwerken. Ein Problem sei, dass dort häufig sehr unsachlich diskutiert werde. Es seien viele selbsternannte Experten unterwegs, die jedoch aufgrund mangelnden Fachwissens meist rasch entlarvt werden könnten. Da kämen dann Sätze wie: „Ich spreche aus Erfahrung, wir haben jahrelang vier Hängebauchschweine gehalten.“ Er rät dazu, stets höflich und sachlich zu bleiben, Distanz zu wahren und allgemeinverständlich zu formulieren. Besonders in sozialen Medien sei es zudem entscheidend, rasch zu reagieren, wenn ein Kommentar gepostet wurde. „Es ist nicht damit getan, Inhalte einzustellen und dann den Rest des Tages nicht mehr auf die Seite zu gucken. Dann verliert das Gegenüber sein Interesse.“

Tipps gab er zur Auswahl von Fotos: „Nutzen Sie die Bildsprache, aber denken Sie auch aus Sicht eines Nichtlandwirtes“, sagte er. Kühe am Fressgitter stünden aus dem Blick der Landwirte für die Haltung im Laufstall und damit Tiergerechtheit. Es komme jedoch in sozialen Netzwerken immer wieder die Frage, warum die Tiere eingesperrt seien. Hier müsse ein zweites Bild der frei laufenden Kühe im Boxenlaufstall daneben gestellt werden, um die gewünschte Bildaussage zu erzielen.

Thomas Fabry stellte das Konzept auf dem Schweinetag in Alsfeld vor.

Foto: Adams

Womit Verbraucher ebenfalls nichts anfangen können, ist nach Ansicht Fabrys die landwirtschaftliche Fachsprache. Ökonomisch und produktionstechnisch geprägte Begriffe wie zum Beispiel Bestandsdichte, Produktionszyklus oder Viehbesatz wirkten auf diese befremdlich und zu wenig dem Tier als Lebewesen zugewandt. „Sagen Sie nicht, die Kuh hatte eine Lebensleistung von so viel kg, sondern sie hat in ihrem Leben so viel Milch gegeben.“

Landwirte sind glaubwürdigste Ansprechpartner zur Tierhaltung

Wichtig sei es, bei der Öffentlichkeitsarbeit über soziale Medien die Menschen dahinter zu zeigen. Darüber hinaus hätten Landwirte aus ihrem Alltag viel Interessantes zu erzählen, beispielsweise wenn eine Kuh Zwillinge geboren hat. „Stecken Sie Ihr Smartphone stets in die Tasche und nutzen Sie die Chance, das zu zeigen.“

Um dem Vorwurf der „bösen Agrarindustrie“ zu entgehen, haben die Studenten den Verein „Tierhaltung – modern und transparent e.V.“ gegründet, welche die Seiten betreibt. Sie stellen sich dort als Landwirtschaftsstudenten vor, die mit der Tierhaltung aufge­wachsen sind. „Landwirte sind die glaubwürdigsten Ansprechpartner, weil sie wissen, wovon sie reden“, sagte Fabry. Was die Nichtregierungsorganisationen (NGO) angehe, müsse man sich bewusst machen: „Sie sind als Landwirt immer glaubwürdiger, denn die NGO muss Aktionen gegen die Landwirtschaft durchführen, um damit Spenden zu erhalten und somit ihr Einkommen zu finanzieren.“ Er räumte allerdings ein, dass die NGO den Landwirten deshalb meist einen Schritt voraus sei und letztere oft nur reagieren könnten.

Landwirte sollten nach Fabrys Ansicht aktiver werden, um Berufskollegen auf ihren Onlineauftritten zu unterstützen. „Schreiben Sie Rezensionen auf gute Beiträge zur Landwirtschaft.“ Denn diese würden in den sozialen Medien von Landwirtschaftskritikern oft niedergemacht und damit fehle das positive Gegengewicht.

Um sich auf den eigenen Webseiten vor Kommentaren zu schützen, die unter die Gürtellinie gehen oder gar einem Shitstorm (lawinenartiges Auftreten negativer Kritik), könne eine Prüffunktion für Posts genutzt werden. „Man schaut sich die Kommentare an und gibt nur solche frei, die in Ordnung sind.“ Die Person, die den Kommentar abgesetzt hat, sehe diesen auf der Seite, die Allgemeinheit aber erst nach der Freigabe durch die Portalbetreiber.

Der größte Hemmfaktor in den landwirtschaftlichen Betrieben, um eine eigene Website oder Seite in den sozialen Netzwerken zu führen, ist der Zeitaufwand. Fabry sagte, als Gruppe von Agrarstudenten, die sowieso häufig zusammenkämen, sei das gut machbar. Eine anwesende „Hofbloggerin“ gab zu bedenken, dass dies für einen einzelnen Betriebsleiter zeitlich schwierig zu leisten sei. Außerdem müssten solche Projekte professionell begleitet werden, da man viele Fehler machen könne. Sie schlägt vor, dass Organisationen zusammenkommen und die Darstellung der Landwirtschaft in sozialen Netzwerken übernehmen.

Wie geht es auf dem Schweinemarkt weiter?

Dr. Nikos Förster vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen erläuterte die Entwicklungen auf dem Schweinemarkt.

Foto: Adams

Ãœber aktuelle Entwicklungen am Schweinemarkt sprach Dr. Nikos Förster vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen. „Die Preise haben sich stabilisiert, bei der Mast sind wir auf einem guten Weg“, sagte er. Die Frage sei aber, wie es in nächsten Monaten weitergehe. Marktbestimmend seien neben der Erzeugung die Exporte, Lagerbestände und das Konsumverhalten. Im Jahr 2015 habe die EU-Schweineproduktion auf Rekordniveau gelegen. „Deutschland hat mit 59,3 Mio. Schlachtschweinen den Höchststand des Jahres 2011 nur knapp verfehlt“, sagte er. Stark expandiert haben Spanien (plus 6,7 Prozent) und die Niederlande (plus 6 Prozent), das habe mit zu dem Preisverfall 2015 geführt.

Die Schweinebestände in Deutschland seien mit minus 1,9 Prozent auf 27,15 Mio. weiterhin rückläufig (Vergleich November 2015 gegenüber Mai 2016). Er sagte, heimische Ferkel stünden derzeit hoch im Kurs, weil zunehmend Wert auf Herkunftssicherung gelegt werde. Allerdings sei Deutschland mit 11 Mio. importieren Ferkeln auch Einfuhrweltmeister. Die Zahl der importierten Ferkel aus Dänemark und den Niederlanden habe sich innerhalb von zehn Jahren verdoppelt. 2016 wird eine Gesamteinfuhr von 16 Mio. Ferkeln erwartet. Die Weltmarktprognose für 2016 sehe folgendermaßen aus: In der EU rechneten Experten trotz Bremsmanöver mit einem Plus von 1 Prozent und einem historischen Selbstversorgungsgrad von 113 Prozent. Mit guten Exportchancen nach China sei zu rechnen. „Aktuell boomen die Exporte aus der EU dorthin“, sagte Förster. Diese hätten sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Der Anteil Deutschlands am Chinaexport liege bereits bei 30 Prozent. Allerdings besäßen nur zwölf deutsche Betriebsstätten von fünf Unternehmen Exportlizenzen. „Die Chinesen wollen, dass Tiere in Deutschland geboren, aufgezogen, geschlachtet, zerlegt und verarbeitet werden. Diese Kriterien sind bei unserem hohen Ferkelimport nicht leicht zu erfüllen“, sagte Förster. Mit zunehmendem Konkurrenzdruck werde 2016/17 aus den USA und Brasilien gerechnet.

Die Ferkelpreise zogen 2016 im Sog der höheren Schweinepreise bei durchschnittlicher Nachfrage und knappem Ferkelangebot an. Die Ferkelerzeugung sei damit wieder rentabel, sagte Förster. Er sieht in der Schweinepreisentwicklung stabile Tendenzen, getragen durch florierende Exporte. Die aktuelle Prognose der Schlachtschweinepreise liege in der EU für das dritte Quartal 2016 bei 1,54 Euro je kg Schlachtgewicht. Im ersten Quartal 2017 werde aufgrund rückläufiger Exporte mit 1,46 Euro gerechnet, allerdings dürfte es nach derzeitigen Erkenntnissen nicht zu Marktverwerfungen kommen.

Einen Beitrag zu einem weiteren Thema des Schweinetages, dem Einsatz heimischer Eiweißfuttermittel in Schweinerationen, werden wir in der nächsten LW-Ausgabe veröffentlichen.

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