Phytophthora: Die erste Behandlung muss sitzen

Prognosen für konventionellen und ökologischen Anbau

Phytophthora infestans, der Erreger der Kraut- und Knollenfäule, zählt nach wie vor zu den intensiv bekämpften Schadorganismen im Kartoffelanbau. Der Primärbefall geht meist von Abfallhaufen, Durchwuchskartoffeln oder latent infiziertem Pflanzgut aus. Günstige Witterungsbedingungen haben häufig einen epidemischen Verlauf der Krankheit zur Folge, mit dem hohe Ertragseinbußen einhergehen können.

Der Zeitpunkt des Behandlungsbeginns spielt bei der Bekämpfung von Kraut- und Knollenfäule eine entscheidende Rolle.

Hat sich der Pilz bereits im Bestand etabliert, ist eine Bekämpfung nur noch schwer möglich. Der Zeitpunkt des Behandlungsbeginns spielt daher eine entscheidende Rolle. Insbesondere im ökologischen Anbau gilt es, den Erstbefall hinauszuzögern, da ausschließlich protektiv gegen den Erreger vorgegangen werden kann. Gleichzeitig sollte ein zu früher Behandlungsbeginn aus ökonomischen und ökologischen Gründen vermieden werden.

Der Termin des Erstauftretens kann jedoch witterungsbeding von Jahr zu Jahr stark variieren. Dies zeigt das zwölfjährige Monitoring der Pflanzenschutzdienste der Länder und der ZEPP, bei dem das Erstauftreten der Krautfäule auf insgesamt 1192 Kartoffelanbauflächen in ganz Deutschland erfasst wurde.

Das „mittlere Erstauftreten“ kennzeichnet den Termin, an dem 50 Prozent der erfassten Flächen einen Befall aufweisen. Wie auch im vergangenen Jahr, bewegt sich dieser Termin meist zwischen Anfang und Mitte Juli. Ausnahmen bilden die Jahre 2003 und 2006 mit einem außergewöhnlich frühen beziehungsweise verhältnismäßig späten Auftreten erster Symptome. Dies erschwert die richtige Terminierung der ersten Fungizidapplikation.

Richtigen Termin finden mit Hilfe von Prognosemodellen

Die von der ZEPP validierten Prognosemodelle SIMBLIGHT1, SIMPHYT3 und Öko-SIMPHYT werden bereits seit vielen Jahren erfolgreich in der Praxis eingesetzt, um den optimalen Behandlungszeitpunkt für die erste Applikation sowie den Behandlungsabstand zu Folgespritzungen zu ermitteln. Eine wichtige Voraussetzung für eine optimale Prognose des Krautfäule-Erstauftretens ist die Verfügbarkeit geeigneter Wetterdaten.

Durch ein von der ZEPP entwickeltes Interpolationsverfahren können aus den Messungen der Wetterstationen Quadratkilometer genaue Werte für Temperatur und relative Luftfeuchte für ganz Deutschland berechnet werden. Mit der flächendeckenden Bereitstellung der Eingangsparameter ist es möglich, für jeden beliebigen Schlag in Deutschland ein Prognoseergebnis zu berechnen. Durch den Einsatz von Geographischen Informationssystemen erfolgt die Darstellung der Prognoseergebnisse in Form von täglichen Risikokarten unter www.isip.de.

Die Risikokarte von SIMBLIGHT1 gibt den prognostizierten Behandlungsbeginn für früh aufgelaufene, anfällige Kartoffelsorten wieder. Färbt sich die Karte von Grün nach Rot, weist dies darauf hin, dass der Behandlungsbeginn erreicht sein könnte.

Planung der Spritzfolge auf Basis der Prognosen

Das Modell SIMPHYT3 berechnet zudem einen aktuellen täglichen Infektionsdruck auf Basis des Witterungsverlaufs der letzten 14 Tage. Das Modellergebnis wird in der Regionalprognose in fünf Infektionsdruck-Klassen ausgegeben. Dem berechneten Infektionsdruck entsprechend wird ein Spritzabstand zu den Folgebehandlungen empfohlen.

Zusätzlich können Landwirte individuell in ISIP schlagspezifische Prognosen berechnen. An dieser Stelle können je Schlag die Angaben zu Sorte, Auflaufdatum, Anbaudichte, Bodenfeuchte, bisherigem Befall, aktuellem Krautwachstum sowie der letzten Behandlung gemacht werden, die bei der Prognose mit SIMBLIGHT1 und SIMPHYT3 berücksichtigt werden.

Schlagspezifische Prognose von Erstauftreten und Spritzabstand

Die Ergebnisdarstellung erfolgt in tabellarischer Form. Die den Schlag betreffenden Daten sowie das dazu gehörige Modellergebnis werden in einer Tabellenzeile ausgegeben. Die Anzahl an Schlägen ist nicht limitiert. Blau hinterlegte Felder kennzeichnen Prognoseergebnisse, die auf Basis der 3-Tage-Wettervorhersage berechnet wurden.

Ab dem von SIMBLIGHT1 empfohlenen Behandlungsbeginn (Phytophthora-Index=100), oder einem selbst gewählten Termin, wird SIMPHYT3 zur Berechnung des Spritzabstandes genutzt. Dieser basiert auf dem aktuellen wetterbasierten Infektionsdruck und kann sich daher täglich verändern.

Desweiteren wird das Ergebnis durch die Angaben zu Krautwachstum und Niederschlag beeinflusst. Der Spritzabstand, der sich stets zwischen vier und 17 Tagen bewegt, verlängert oder verkürzt sich dadurch, weshalb eine regelmäßige Anpassung der Angaben erforderlich ist.

Mobile Prognose für Smartphone oder Tablet

Unter m.isip.de können der standortspezifische Spritzstart und der Spritzabstand für Risikoschläge auch vom Smartphone oder Tablet-PC abgerufen werden. Die Anwendung nutzt die GPS-Funktion, um standortbezogene Ergebnisse anzubieten.

Auf Basis aktueller Wetterdaten für die ermittelten Koordinaten werden der Spritzstart und der Infektionsdruck berechnet. Weitere Eingaben sind nicht erforderlich. Dieser Dienst ist kostenlos und erfordert weder eine Installation noch eine Anmeldung.

Kupfermenge und -Anwendungen optimieren mit Öko-SIMPHYT

Öko-SIMPHYT besteht ebenfalls aus den Modellen SIMBLIGHT1 und SIMPHYT3. Während sich die Berechnung des Erstauftretens mit SIMBLIGHT1 nicht von der für den konventionellen Anbau unterscheidet, wurde SIMPHYT3 an die Bedingungen des ökologischen Kartoffelanbaus angepasst. Mit Hilfe von Öko-SIMPHYT wird die Bekämpfungsstrategie gegen Krautfäule mit kupferhaltigen Präparaten optimiert.

Dabei steht die Minimierung der Anwendungen und der Menge kupferhaltiger Fungizide im Vordergrund. Zusätzlich zum Spritzabstand empfiehlt das Modell eine jeweils angepasste Aufwandmenge Kupfer. Sie verändert sich in Abhängigkeit vom Infektionsdruck und muss am Tag der Behandlung aus dem Modell abgelesen werden.

Das Applikationsintervall beträgt mindestens vier und höchstens 13 Tage. Die Kupfermenge variiert je nach Infektionsdruck zwischen 250 g/ha und 750 g/ha. Ist der Infektionsdruck sehr niedrig und das Krautwachstum abgeschlossen, beträgt der Spritzabstand 13 Tage bei einer Aufwandmenge von 250 g Cu/ha. Öko-SIMPHYT orientiert sich an einer Gesamtaufwandmenge von 3 kg/ha Reinkupfer pro Jahr.

Sind die Infektionsbedingungen für die Krautfäule sehr ungünstig, beispielsweise aufgrund von anhaltender Trockenheit, empfiehlt das Modell eine Spritzpause. Diese beginnt nach sieben aufeinander folgenden Trockentagen. Die Kupferapplikationen werden fortgesetzt, wenn an zwei aufeinander folgenden Tagen günstige Bedingungen für den Erreger herrschen.

Strategie mit Cuprozin progress

Mit der Zulassung von Cuprozin progress im Jahr 2011 wurde die Fungizidpalette im ökologischen Kartoffelanbau erweitert. Langfristig ersetzt es das bisher zugelassene Cuprozin flüssig. Beide Produkte enthalten den Wirkstoff Kupferhydroxid, jedoch enthält Cuprozin progress einen geringeren Wirkstoffanteil pro Liter und soll gleichzeitig eine höhere Regenbeständigkeit aufweisen.

Versuche des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums Augustenberg (LTZ) aus den Jahren 2013 und 2014 zeigten, dass durch den Einsatz reduzierter Aufwandmengen der neuen Kupferpräparate eine Befallsverzögerung und damit ein signifikanter Ertragseffekt in Bezug zur Kontrolle erzielt werden kann. Seit 2015 bietet Öko-SIMPHYT daher zusätzlich eine Behandlungsstrategie mit dem Fungizid Cuprozin progress an. Die Aufwandmengenempfehlung wird in einer separaten Spalte der Output-Tabelle zu finden sein.

Fazit: Mit SIMBLIGHT1 und SIMPHYT3 stehen der Praxis validierte Prognosemodelle für die optimale Planung der Krautfäule-Bekämpfung zur Verfügung. Öko-SIMPHYT bietet zudem ein Entscheidungshilfesystem, mit dem der Spritzabstand und die Spritzmenge

kupferhaltiger Präparate in Abhängigkeit vom witterungsbedingten Infektionsdruck berechnet werden können.

Unter www.isip.de stehen zudem weitere, für den Kartoffelbau relevante Entscheidungshilfen zur Verfügung:

  • SIMLEP1-Start: Prognose des Kartoffelkäfer-Erstauftretens
  • SIMLEP3: Prognose des optimalen Zeitraums für die Kartoffelkäfer-Bekämpfung
  • SIMAGRIO-W: Risikoprognose zum Auftreten von Drahtwürmern in der oberen Bodenzone.
Juliane Schmitt, Dr. Benno Kleinhenz, Länder-Zentralstelle für EDV-gestützte Entscheidungshilfen und Programme Pflanzenschutz (ZEPP), Bad Kreuznach, Hans-Jürgen Meßmer, Technologiezentrum Augustenberg – LW 18/2015