„Politik muss die Landwirte in ihre Arbeit einbinden“

Mitgliederversammlung des KBV Fulda-Hünfeld

„Landwirtschaftliche Betriebe prägen den ländlichen Raum und sie sind die tragenden Säulen der Gesellschaft“, erklärte Friedhelm Schneider, der Präsident des Hessischen Bauernverbandes, in der diesjährigen Jahreshauptversammlung des Kreisbauernverbandes Fulda-Hünfeld in Künzell. Und diese Erkenntnis müssten die Landwirte auch in die Bevölkerung hineintragen.

HBV-Präsident Schneider (l.), KBV-Vorsitzender Röder (3.v.r.) und KBV-Geschäftsführer Dr. Hubert Beier (r.) ehrten die Sieger des Berufswettbewerbes „Grüne Berufe“ 2015 auf der Kreisebene. Dies waren aus dem Bereich Berufsschulen: 1. Andreas Weichlein (Ehrenberg), 2. Sebastian Stieler (Rasdorf), 3. Christian Abel (Hofbieber). In der Fachschule für Wirtschaft der Fachrichtung Agrarwirtschaft waren es 1. Patrick Knapp (Freiensteinau)/Matthias Eckart (Schlüchtern), 2. Annika Kempf (Schenklengsfeld)/Janine Vogler (Hilders), 3. Malin Hahn (Eiterfeld)/Anna-Sophie Hufnagel (Schlüchtern).

Foto: Karl-Heinz Burkhardt

Schneider bezog zur aktuellen Agrarpolitik, die zugleich Natur-, Umwelt, Steuer- und Abgaben- sowie Marktpolitik sei, Stellung. Regionen wie die von Fulda, in denen Landwirtschaft funktioniere, bezeichnete er als lebendige Räume. „Stoppt den Landfraß“ betonte er, der den Kommunen empfahl, nicht jedem Investor hinterherzulaufen. Er erinnerte daran, dass Hessen in den vergangenen 50 Jahren fast 230 000 ha landwirtschaftliche Nutzfläche infolge verschiedenster Baumaßnahmen verloren gingen.

Gelungen sein der Ausbau für Schul- und Be­ratungsstandorte mit Steuerberatung wie der in Petersberg, der „unter einem Dach“ als „landwirtschaftliches Kompetenzzentren“ gut funktioniere. Beste Ausbildung und Beratung, das müsse so bleiben.

„Einen guten Draht“ habe der Berufsstand zur neuen Hessischen Landesregierung und ihrem „grünen Agrarressort“ aufbauen können. Der Hessische Bauernverband werde in alle Fra­gen eingebunden und habe im Grunde nichts gegen einen Ökoaktionsplan der „grünen“ Ministerin, wenn die Wertschöpfung in den ländlichen Raum und auf die Betriebe gebracht werde. Diese müsse für alle Betriebsformen gelten. Konventionell wirtschaftende Höfe dürften nicht benachteiligt werden.

Nutztierhaltung bedeutet Kreislaufwirtschaft

Kritische Worte fand Schneider hinsichtlich der Düngeverordnung und zur Wasserrahmen­rahmenrichtlinie. Bundesweit seien 173 Messstellen für Grundwasser in sensiblen Gebieten zu wenig. 850 Messstellen habe man bewusst vergessen. Dies führe zu restriktiven Ausführungen. Die Landwirte seien gezwungen, zusätzlichen Düngerlagerraum zu bauen und mehr Handelsdünger einzusetzen, obwohl man Wirtschaftsdünger habe. Schneider pochte auf ein Netz mit 1 200 Messstellen, das aussagekräftig sei. Dann würde man sehen, dass das Grundwasser mit Nitrat, Schwebstoffen und Pflanzenschutzmitteln nicht belastet ist. Wenn man von Wasserschutz spreche gehe es oft auch um Antibiotika in der Tierhaltung. Von mittels durch Toiletten weggespülten Medikamenten aus der Bevölkerung, die Grundwasser belasten, spreche jedoch keiner, bemängelte er. Die Tierhaltung bezeichnete er als ein Konzept für die Offenhaltung der Landschaft, und was die Tiergesundheit angehe sagte er: „Die heutigen neuen großen Ställe bieten Tierwohl und können sich sehen lassen. Kleine, dunkle und feuchte Ställe, wie vor 30 Jahren noch, gehören in aller Regel der Vergangenheit an.“ Die Tierhaltung sollte gefördert werden. Kreislaufwirtschaft mit Grundfutter und Naturdünger bedeute nachhaltige Landwirtschaft.

Für langjährige Vorstandstätigkeit im Kreisbauernverband Fulda-Hünfeld ehrte HBV-Präsident Friedhelm Schneider (r.) Franz-Josef Leipold aus Petersberg mit der silbernen Ehrennadel des Hessischen Bauernverbandes. KBV-Vorsitzender Lothar Röder (l.) betonte, Leipold, der zahlreiche junge Menschen in seinem Betrieb ausbildete und sich im Vorstand insbesonde­re für die Milcherzeuger einbrachte, erfahre diese Auszeichnung in Anerkennung seiner hohen Verdienste um den Berufsstand.

Foto: Karl-Heinz Burkhardt

Kritik übte Schneider an dem bürokratischen Aufwand für den Mindestlohn. Außerdem werde man gegen die Veröffentlichung der Empfänger von EU-Direktzahlungen juristisch vorgehen. Finanziellen Schaden werde es hinsichtlich von Direktzahlungen für die hessischen Betriebe nicht geben, stellte der HBV-Präsident heraus. Man habe sich einigen können, dass ab 2017 die Hektarbeträge in allen Bundesländern dieselben seien.

Hinsichtlich eines TTIP-Abkommens mit Amerika äußerte Schneider, die Landwirtschaft sollte sich hier nicht verweigern. Man müsse gut verhandeln und die eigenen Interessen konkret vertreten. Denn, wie die Vergangenheit zeige, lägen im Export Stärken. Was die Märkte angehe, so deckten bei Schweinen derzeit die Kosten noch lange nicht die Erlöse, Getreide dümpele so vor sich hin und bei Milch sah er „keine Seen“. Hier befinde man sich nach dem Milchquotenende zum April 2015 vor neuen Herausforderungen.

Seine Berufskollegen rief er auf, sich an einer Kundgebung mit Schleppersternfahrt nach Bad Homburg zu beteiligen, wenn dort vom 18. bis 20. März 2015 die Länderagrarministerkonferenz tage und der Hessische Bauernverband dieser seine Positionen und Forderungen vortrage. Außerdem stehe die Herbst-Agrarministerkonferenz in Fulda an, wo der KBV Fulda-Hünfeld besonders gefordert sei. Man wolle, dass die Politik die Landwirtschaft in ihre Arbeit einbinde.

Stabile Mitgliederzahl im Kreisbauernverband

Kreisbauernverbands-Vorsitzender Röder hieß eingangs willkommen, kritisierte die „überfrachteten“ Greening-Auflagen für die Betriebe und sagte, die ständige Kritik aus den Medien und aus der Gesellschaft zur Nutztierhaltung in Deutschland sei unberechtigt. Selbst Bischof Heinz-Josef Algermissen habe die Massentierhaltung im „Bonifatiusbote“ kritisiert. In einem Gespräch mit ihm habe der Bauernverband und Tierhalter einige seiner Vorwürfe „ins rechte Licht rücken können.“ Nach wie vor kommen 10 Prozent der hessischen Agrarproduktion aus dem Kreis Fulda und jeder vierte Euro in der Landwirtschaft werde durch den Export erzielt, so Röder. Die Gewinnmargen bei Milch im Exportgeschäft bezeichnete er höher als solche, die die Molkereien bei Aldi erzielen. Nachhaltigkeit sei für die Landwirte kein Fremdwort.

Mit 2 382 Mitgliedern gehörten dem Kreisbauernverband Fulda-Hünfeld zum Jahresende 2014 unverändert gegenüber dem Vorjahr viele Mitglieder an. Deren Mitgliedsfläche erhöhte sich geringfügig auf 56 458 ha, wie aus dem von Geschäftsführer Dr. Hubert Beier vorgetragenen Jahresbericht hervorging. Dieser ging auf agrarpolitische sowie wirtschaftliche Themen ein und sprach über die Arbeit des Vorstandes und der Geschäftsführung. Unter anderem führte man ein Gespräch zum Thema Pflanzenschutz mit Bundestags- und Europaabgeordneten und befasste sich mit Vorplanungen zur Stromtrasse Südlink. Man arbeitete im Silek-Prozess in Hünfeld und Ebersburg, in der wissenschaftlichen Fachkommission Rhön, im Naturschutzbeirat Fulda wegen Nitratbelastungen in der Wasserversorgung Gro­ßenlüder mit. Gespräche führte man zur Förderung der Kä­se­pro­dukti­on in der Rhön, nahm an Grundsatzterminen zu landwirtschaftlichen Baumaßnahmen sowie zur Schlichtung von Meinungsdifferenzen zwischen Naturschutzbehörden und Landwirten bei Naturschutzkonzepten teil und bereitetet die Serie in der Fuldaer Zeitung „Unsere Bauern“ 2015 mit vor.

Viele Gespräche über Südlink und Co. geführt

Zur Frage einer Erdverkabelung der Südlink-Stromleitung von Franz-Josef Leipold aus Petersberg nahmen sowohl KBV-Geschäftsführer Dr. Hubert Beier als auch HBV-Präsident Friedhelm Schneider Stellung. Dazu gebe es verschiedene, jedoch widersprüchliche Meinungen. Landrat Bernd Woide sieht die Südlink 500-kV-Gleichstromleitungs-Trasse durch den Landkreis Fulda kritisch. Denn, auf der anderen Seite plane Tennet eine 380 kV-Wechselstromleitung von Mecklar nach Grafenrheinfeld. Auch diese Leitung könne durch den Landkreis Fulda verlaufen. Doch darüber rede bei Tennet keiner. Zuerst einmal müssten beide Trassen erörtert werden, ehe man weiter plane. Denn dann stehe Thüringen mit auf der Agenda. Woide: „Der Landkreis Fulda ist bereits durch Hochspannungsleitungen, ICE und Bundesautobahn durchzogen und die ostdeutschen Länder haben in der Vergangenheit profitiert. Doch Solidarität ist keine Einbahnstraße“, betonte er.

52 Prozent für die Hofabgabeklausel

Mit 52 gegen 50 Stimmen haben sich die Mitglieder in der Jahreshauptversammlung für die Beibehaltung der Hofabgabeklausel ausgesprochen. Nach dieser erhält nur jener Landwirt landwirtschaftliche Altersrente, wer seine Bewirtschaftung aufgegeben, beziehungsweise seine landwirtschaftlichen Nutzflächen verpachtet oder verkauft hat. HBV-Präsident Schneider meinte zu diesem Thema, man müsse gemeinsam nach individuellen Lösungen suchen. Bereits zuvor hatte sich die Hessische Landjugend gegen die Abschaffung der Hofabgabeklausel positioniert, so Landjugendagrarsprecher Christian Bug. Er betonte zugleich, „Der Zusammenhalt der Generationen ist ein wichtiges Attribut.“

Burkhardt  – LW 11/2015