Selbstversorgungsgrad bei Futterprotein ist gering

Schließung der Eiweißlücke würde 1,8 Mio. ha benötigen

Um die derzeitigen Importe Deutschlands von etwa 2,33 Mio t Eiweiß für Futterzwecke vollständig zu ersetzen, wäre ein zusätzlicher Anbau von Eiweißpflanzen auf einer Fläche von mindestens 1,8 Mio. ha erforderlich. Darauf verweist die Bundesregierung in ihren Antworten auf zwei Kleine Anfragen, in denen sich die Bundestagsfraktionen von FDP und AfD nach Maßnahmen gegen die Eiweißlücke erkundigen.

Um die Wettbewerbsfähigkeit des Rapsanbaus zu steigern, ist nach Ansicht der Bundesregierung insbesondere ein konstanter Züchtungsfortschritt mit kontinuierlichen Ertragssteigerungen, hohem Ölgehalt, ständiger Qualitätsverbesserung und verbesserten Resistenzen sowie Winterfestigkeit, Standfestigkeit und Frühreife notwendig.

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Unter der Annahme, dass die derzeit in Deutschland ohnehin nur sehr geringen Brachflächen dafür nicht zur Verfügung stünden, würde der Anbau der Eiweißpflanzen auf vorhandenem Ackerland erfolgen und damit andere Kulturen verdrängen, heißt es in den Antworten weiter. Zugleich betont die Bundesregierung, dass ein niedriger Selbstversorgungsgrad aus ihrer Sicht nicht pauschal auf ein Ri­siko hindeute.

Bundesregierung: Importe sind nicht per se problematisch

Auch werde mit der Eiweißpflanzenstrategie (EPS) nicht die Intention verfolgt, die Eiweißlücke in Deutschland vollständig zu schließen. Ziel sei es, durch Stärkung des Anbaus einen Beitrag zur nachhaltigen, umweltgerechten, ressourcenschonenden und zu einer von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) freien landwirtschaftlichen Produktion zu leisten. Der Agrarsprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Stephan Protschka, kritisierte, dass die EPS den Raps als wichtigste heimische Eiweißpflanze nicht berücksichtige und forderte ein Umsteuern.

Die politischen Rahmenbedingungen für den Anbau von Raps müssten „schleunigst verbessert werden“. Dazu gehörten vor allem die Zulassung von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen zur Bekämpfung des Rapserdflohs und der Kleinen Kohlfliege sowie die Förderung der Entwicklung neuer widerstandsfähigerer Rapssorten.

Auch die FDP-Bundestagsabgeordnete Carina Konrad forderte von der Bundesregierung eine neue Strategie. Die verfehlte Pflanzenschutzpolitik der letzten Jahre schränke den Anbau von Raps und weiteren Eiweißpflanzen „immens“ ein. Neben weitreichenden ökonomischen Konsequenzen beklagte Konrad auch einen fehlenden ökologischen Nutzen, da der Anbau kleinerer Kulturen stark eingeschränkt werde.

Gesamtes Spektrum der Eiweißpflanzen nutzen

Laut der Bundesregierung wird dieser Aspekt indes bereits in die EPS einbezogen. Aus Sicht der Förderung und Erhaltung der biologischen Vielfalt in Agrarlandschaften biete die Diversifizierung von Anbausystemen eine „vielversprechende Option“. Bei der Bewertung der Förderwürdigkeit von Alternativen zum Schließen der Eiweißlücke sei daher auch deren Potenzial zur Diversifizierung der Anbausysteme zu berücksichtigen. Bei einer rein auf Ertrag, Rohproteingehalt und Wirtschaftlichkeit ausgerichteten Bewertung bestehe die Gefahr, dass auch im Bereich der Eiweißpflanzen monotone und intensive Anbausysteme gefördert würden, die nicht zu einer Verbesserung der Situation für die biologische Vielfalt in der Agrarlandschaft beitragen würden, gibt die Bundesregierung zu bedenken.

Die Entscheidungsfindung zur Auswahl und Förderung des Anbaus von Leguminosen bedürfe daher einer multikriteriellen Herangehensweise, welche neben sozioökonomischen auch ökologische Aspekte beinhalten müsse. Das bestehende breite Spektrum der Eiweißpflanzen mit der Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten in Anbausystemen sollte im Förderrahmen ausgeschöpft werden.

Rapsanbau ist ein wichtiges Element

Auch der Bedeutung des Rapsanbaus ist sich die Bundesregierung eigenen Angaben zufolge bewusst. Der heimische Anbau trage wesentlich zur Verringerung der Eiweißlücke bei, heißt es in der Antwort auf die Anfrage. Darüber hinaus sei Rapsöl ein wertvolles Lebensmittel, Biodiesel aus Raps ein bedeutender erneuerbarer Energieträger und Raps ein wichtiges Fruchtfolgeglied. Die Erhaltung und die nachhaltige Entwicklung des Rapsanbaus seien ferner im Rahmen der derzeit erarbeiteten Ackerbaustrategie ein wichtiges Element zur Beibehaltung beziehungsweise Erhöhung der Kulturartenvielfalt im Ackerbau.

Um die Wettbewerbsfähigkeit des Rapsanbaus zu steigern, ist nach Ansicht der Bundesregierung insbesondere ein konstanter Züchtungsfortschritt mit kontinuierlichen Ertragssteigerungen, hohem Ölgehalt, ständiger Qualitätsverbesserung und verbesserten Resistenzen sowie Winterfestigkeit, Standfestigkeit und Frühreife notwendig.

Keine Einschätzung zu Insekten als Futter

Nicht eingeschätzt werden kann nach Ansicht der Bundesregierung derzeit das Potenzial des Beitrages von verarbeitetem tierischem Protein aus Nutzinsekten zum Schließen der Eiweißlücke.

Aus diesem Bereich der seit dem 1. Juli 2017 zulässigen Verwendung von verarbeitetem Insektenprotein bei der Fütterung von Aquakulturtieren lägen noch keine Erfahrungsberichte aus der Praxis vor; daher bleibe die Entwicklung dieses Sektors abzuwarten.

age – LW 48/2019