Starre Spritzfolgen sind nicht sinnvoll
Krautfäulebekämpfung 2016
Die Kraut- und Knollenfäule ist die bedeutendste Krankheit im Kartoffelbau, auf welche sehr genau geachtet werden muss. Der Fungizideinsatz in den Kartoffeln richtet sich in der Regel immer nach diesem Krankheitserreger. Ist der Befall erst einmal durchgegangen, wird es sehr aufwendig und teuer, den Bestand wieder sauber zu bekommen.

Foto: agrarfoto
Infektionswege des Krautfäuleerregers
Die Kraut- und Knollenfäule kann grundsätzlich über drei Wege in die Bestände gelangen und die Pflanzen infizieren.
- Über infiziertes Pflanzgut (Primärinfektion): Der Pilz kann zum einen aus einer infizierten Mutterknolle durch die Stängel nach oben wachsen und sichtbaren Befall auslösen, oder bei ausreichender Feuchtigkeit (wie dies in diesem Jahr zum größten Teil bei den Folienkartoffeln) direkt auf der Mutterknolle sporulieren und über das Bodenwasser Nachbarknollen infizieren (à Befallsnester).
- Über Sporenflug aus benachbarten Flächen (Sekundärinfektion): Ausgehend von Frühkartoffelschlägen mit Befall oder von Abfallhaufen kann der Pilz bei entsprechender Feuchtigkeit (Tau oder Niederschlägen) Sporen bilden, welche dann mit dem Wind über weite Strecken in die Bestände getragen werden können.
- Über Dauersporen (Oosporen) im Boden: Der Pilz kann Dauersporen bilden, die bis zu vier Jahre im Boden überlebensfähig sind. Diese können dann bei genügend Feuchtigkeit auskeimen und die neuen Mutterknollen infizieren. Dieser Weg ist zwar in Deutschland noch eher von untergeordneter Stellung, kann aber in engen Fruchtfolgen schon zu einem höheren Druck führen.
Somit sollte darauf geachtet werden, dass innerhalb der Fruchtfolge Durchwuchskartoffeln strikt bekämpft und Abfallhaufen schnellstmöglich beseitigt werden, um Primär- und Sekundärinfektionen so gut wie möglich ausschließen zu können.
Welche Infektionsbedingungen benötigt der Krautfäuleerreger?
Aus den beschriebenen Infektionswegen wird deutlich, dass für frühe Infektionen feuchte Witterung im Auflauf und der Blattbildung nötig ist. Somit ist klar, dass in Jahren mit trockener Frühjahrswitterung, wie im vergangenen Jahr, ein deutlich niedrigerer Befallsdruck auftritt. Neben der Witterung spielt aber auch die Bodenart eine große Rolle beim Auftreten der Krautfäule. Leichte, sandige Böden können das Wasser schneller ableiten, wodurch die Gefahr eines frühen und starken Krautfäuleauftretens wesentlich geringer ist als auf schweren Lehmböden. Besonders gefährdet für sehr frühen und starken Stängelbefall sind grundwassernahe Standorte, die in Gebieten mit hohen Niederschlagsmengen liegen.
Ausgehend vom Stängelbefall sorgen Wind und Regenspritzer für die weitere Verbreitung der dort gebildeten Phytophthora-Sporen. Aber auch hier entscheidet letztendlich die Witterung (mindestens vier Stunden Blattnässe und über 15 ºC), wie stark sich Neuinfektionen etablieren können. Weiterhin spielt die Intensität des Krautwachstums eine große Rolle, was letztendlich auch von der Sorte und der N-Düngung abhängig ist. Starkes Kartoffelkraut schafft ein günstiges Kleinklima im Bestand (Bestand trocknet nicht so schnell ab und kühlt nicht so schnell aus) und bietet somit optimale Infektionsbedingungen für den Krautfäuleerreger. Für eine erste Bewertung und das Abschätzen des Spritzstarts, kann das Angebot des Deutschen Wetterdienstes (Phytophtoravorhersage: www.dwd.de/DE/fachnutzer/landwirtschaft/2_agrarwetter/_node.html) genutzt werden. Trotzdem müssen die eigenen Standortbedingungen (wie Starkniederschläge, dauernde Bodennässe, Folienkartoffeln), immer mit beachtet werden und in die eigene Bewertung der Situation mit einfließen. Sollten solch kritische Situationen eintreten, kann der Spritzstart deutlich vor dem vorhergesagten Spritzstart liegen. Tritt eine Wetterlage, wie im vergangen Jahr ein, kann sich der Spritzstart auch deutlich nach hinten verschieben. Dann sollte bis spätestens zum Reihenschluss die erste Behandlung gesetzt sein, um auch die unteren Blattetagen gut benetzen zu können, sodass auch dort ein ausreichender Schutz gewährleistet werden kann. Grundsätzlich sollte der Spritzstart aber vor der ersten Infektion gesetzt werden (am besten etwa sieben Tage vor optimalen Infektionsbedingungen), um die Bestände vor einer Infektion zu schützen.
Fungizidstrategie mit Wirkstoffwechsel
Sobald die befallsfreie Zeit vorbei ist und mit Krautfäuleinfektionen zu rechnen ist, sollte die Erstbehandlung der Bestände umgehend vorgenommen werden. Bei höherem Befallsdruck (feucht-warmer Witterung) sollte ausschließlich mit einem systemischen Produkt wie Ridomil Gold MZ, Infinito, Fantik M oder Epok behandelt werden. Der Grund hierfür liegt in der sehr guten myzelbekämpfenden Wirkung und der schnellen systemischen Verteilung in der Pflanze.
Systemische Mittel werden zügig Richtung Blattspitze geleitet und können dort schnell neues Mycel des Pilzes bekämpfen. Da die Krautfäule sich sehr schnell entwickelt, ist dies gerade bei hohem Infektionsdruck eine wichtige Eigenschaft. Aus Resistenzgründen sollten systemische Fungizide nur einmal eingesetzt werden (Ausnahme Infinito). Außerdem sollten diese nicht in einen schon sichtbar sporulierenden Bestand appliziert werden. Bei geringerer Krautfäulegefahr kann auch ein lokalsystemisches Mittel wie Curzate M WG, Tanos, Acrobat Plus, Zetanil M, Valbon oder Cairal Flex zur Anwendung kommen (Wirkstoffwechsel beachten). Teilsystemische Fungizide werden zwar schnell an das Blatt gebunden, verteilen sich aber eher langsam in der Pflanze. Somit eignen sich diese Mittel nicht, um schon gebildetes Mycel in der Pflanze zu bekämpfen. Dafür sind die teilsystemischen Mittel zu langsam.
Abschlussbehandlung mit Kontaktfungiziden
Die Wahl der Mittel bei den Anschlussbehandlungen hängt entscheidend vom Witterungsverlauf ab:
- trocken, warme Witterung mit geringem Krautfäuledruck: reine Kontaktmittel wie Dithane Neo Tec, Electis, Ranman Top oder Shaktis
- geringe Niederschläge, kühle Witterung mit mittlerem Befallsdruck: lokalsystemische Mittel wie Acrobat Plus, Tanos, Valbon oder Curzate M WG
- feucht-warme Witterung, starkes Krautwachstum, hoher Befallsdruck: lokalsystemische Mittel (Acrobat Plus, Valbon oder Curzate M WG, etc.) + sporenabtötendes Kontaktfungizid (Shirlan, Carneol/Nando 500SC/ Terminus, Ranman Top, etc.)
Um die gebildeten Tochterknollen im Boden vor Krautfäuleinfektionen zu schützen, sind Kontaktfungizide mit sporenabtötender Wirkung zur Abschlussbehandlung zu verwenden. Denn sobald auf den Blättern Sopren gebildet wurden, können diese abgewaschen und an die Tochterknollen gespült werden. Dort kann es dann bei feuchten Bedingungen zu neuen Infektionen und starken Qualitätsverlusten kommen. Dies kann durch den Einsatz von sporenabtötenden Mitteln, wie Ranman Top und Carneol/ Nando 500 SC/Terminus, ab der Blüte verhindert werden. Zusätzlich kann eine Spätinfektion der Tochterknollen, durch die Kombination der Sikkation mit einem spoenabtötenden Mittel verhindert werden.
Stoppspritzung und Resistenzen
Bei erfolgter Krautfäuleinfektion im Bestand muss schnell gehandelt werden, um eine epidemieartige Ausbreitung dieser gefährlichen Pilzkrankheit zu verhindern. Im Rahmen einer „Feuerwehrmaßnahme“ kann durch eine Stoppspritzung eine weitere Ausbreitung der Krautfäule bis zu einem gewissen Grad eingedämmt werden. Dazu sind Tankmischungen bestehend aus einem lokalsystemischen Mittel (Acrobat Plus WG, Curzate M, Revus, Tanos, Valbon oder Zetanil M) und einem sporenabtötenden Kontaktmittel (Carneol/ Nando 500 SC/Terminus, Ranman Top oder Electis), zweimal, im Abstand von zwei bis drei Tagen einzusetzen. Um eine Resistenzbildung so weit wie möglich zu vermeiden, sollten unbedingt ein Wirkstoffwechsel vorgenommen werden. Dies trifft insbesondere für systemische und lokalsystemische Präparate zu, die höchstens zweimal während der Spritzperiode eingesetzt werden sollten.
Bei Krautfäulebefall ist kein Einsatz systemischer Mittel einzuplanen; teilsystemische Mittel sind nur in Verbindung mit sporenabtötenden Präparaten anzuwenden. Die Wartezeit der Präparate umfasst meist sieben Tage. Witterungsbedingt können kürzere Abstände notwendig sein. Die Einhaltung der Wartezeit ist an die Aufzeichnungspflicht und somit an die CC- Kontrollen gebunden. Mit der Mittelwahl ist entsprechend zu reagieren und die Verwendung von Präparaten mit kürzeren Intervallen einzuplanen.
Philipp Möbs, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) – LW 20/2016