Traumberuf Pferdewirt

Leuchtfeuerhof ist Ausbildungsbetrieb des Jahres 2016

Die Berufsausbildung von jungen Menschen ist ganz besonders in den Grünen Berufen Teamarbeit – Auszubildende und Ausbilder arbeiten in den Betrieben eng zusammen und im Idealfall Hand in Hand. Besonders vorbildlich geschieht das auf dem Leuchtfeuerhof in Ludwigshafen-Ruchheim. Das Gestüt wurde kürzlich als Ausbildungsbetrieb des Jahres ausgezeichnet. Wir haben den Azubis auf dem Leuchtfeuerhof einen Besuch abgestattet.

Frank und Jacqueline Orth führen den Leuchtfeuerhof in Ruchheim seit 2005 und bilden seit vier Jahren erfolgreich Pferdewirte in der Fachrichtung Service und Haltung aus.

Foto: Imke Brammert-Schröder

„Kommt mit in die Reithalle, wir spielen etwas zusammen“, ruft Michelle Becker. Jubelnd folgen ihr sechs Kinder. Es ist Ferienzeit auf dem Leuchtfeuerhof, und Ferien mit Pferden stehen vor allem bei Mädchen hoch im Kurs. Etliche Kinder aus der Umgebung von Ludwigshafen vom Grundschulalter an haben sich für das mehrtägige Ferienprogramm angemeldet und wollen den ganzen Tag betreut werden. Eine Aufgabe, die Michele Becker gerne übernimmt. „Das Lächeln der Kinder ist eine tolle Bestätigung“, sagt die Auszubildende im ersten Lehrjahr zum Pferdewirt Service und Haltung. Die Betreuung der Ferienkinder gehört auf dem Leuchtfeuerhof genauso dazu wie die tägliche Pferde- und Boxenpflege oder die Erteilung von Reitunterricht. Selbstverständlich sitzen die Auszubildenden auch täglich selbst auf dem Pferd – sei es, um die Pferde zu bewegen, sie anzureiten oder weiter auszubilden. „Der Pferdewirt Service und Haltung ist deutlich vielseitiger als die Schwerpunkte Reiten oder Zucht und Haltung“, erklärt Jacqueline Orth, die zusammen mit ihrem Mann Frank den Leuchtfeuerhof in Ruchheim führt. Seit 2005 betreibt das pferdebegeisterte Ehepaar den Reit- und Pensionspferdebetrieb vor den Toren von Ludwigshafen und hat ihn in den vergangenen Jahren deutlich ausgeweitet. Heute stehen rund 70 Pferde auf dem Hof und Familie Orth bewirtschaftet etwa 30 ha Fläche, zum Teil im Tausch mit anderen Landwirten, die Gras und Luzerne als Vorfrucht schätzen.

Fachkräftemangel begegnen

Doch mit der stetigen Vergrößerung des Betriebes rückte eine Fragestellung immer deutlicher in den Vordergrund: Wo findet man Personal für einen professionell geführten Pferdebetrieb? „Man findet keine ausgebildeten Pferdewirte“, berichtet Frank Orth. Also beschlossen sie, sich die Pferdewirte selbst auszubilden. Jacqueline Orth hat nach ihrem Pädagogikstudium eine Ausbildung zur Pferdewirtin absolviert und mit der Prüfung als Pferdewirtschaftsmeister abgeschlossen. In dieser Zeit hat die Betriebsleiterin ein breites Netzwerk aufgebaut, das sie viel und gerne nutzt: „Ein gutes Netzwerk ist wichtig, es bewahrt einen vor so manchem Fehler.“ Seit vier Jahren bilden sie nun Pferdewirte aus. Andrea Treber, eine der Auszubildenden des Betriebes, ist nach dreijähriger Lehrzeit und bestandener Gesellenprüfung im Juli übernommen worden. „Ich habe viel Selbstständigkeit gelernt. Sehr gut fand ich, dass ich im ersten Lehrjahr gut begleitet wurde. Die Ausbildung auf dem Leuchtfeuerhof ist sehr vielfältig, man hat mit Pferden, aber auch mit Kunden und Kindern zu tun“, berichtet sie. Andrea Treber schätzt zudem die geregelten Arbeitszeiten, die alle Angestellten des Teams, das inzwischen 18 Personen umfasst, haben. Es gilt eine 40 Stunden-Woche mit 5 Arbeitstagen pro Woche. Bezahlt wird nach Tarif, Ãœberstunden werden vergütet.

Auszeichnung fördert Qualität der Ausbildung

Mit der jährlich zu verleihenden Auszeichnung als Ausbildungsbetrieb des Jahres wollen die Landwirtschaftskammer und die beiden rheinland-pfälzischen Landjugendverbände Lehrbetriebe, die inhaltlich und methodisch vorbildlich arbeiten, besonders herausstellen. Angestoßen wurde die Initiative von den beiden Landjugendverbänden. Seit 2011 wird in jedem Jahr ein Betrieb der Grünen Berufe Landwirtschaft, Weinbau, Gartenbau, Forstwirtschaft, Pferdewirtschaft, Tierwirtschaft und Fischwirtschaft ausgezeichnet.

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Vielseitig ausgebildet in die Zukunft sehen

In diesem Jahr machen sieben Auszubildende ihre drei Jahre dauernde Lehre auf dem Leuchtfeuerhof, alle in der Fachrichtung Service und Haltung. „Durch die Vielseitigkeit der Ausbildung lässt sich damit später auch Geld verdienen“, ist sich Frank Orth sicher. Denn in vielen Betrieben sind gut ausgebildete Pferdewirte Mangelware, nicht nur in privat betriebenen Ställen, sondern auch in vielen Reitvereinen. „Wir bilden gerne aus und wünschen uns natürlich, dass ein Großteil unserer Auszubildenden im Betrieb bleibt“, sagt Jacqueline Orth. Das Ausbildungskonzept der Betriebsleiterin ist vielseitig. Im ersten Jahr bekommen die Auszubildenden viel Unterstützung, auch durch die Azubis, die schon länger im Betrieb sind. Sie helfen bei der Boxenpflege und bereiten die Pferde für den Unterricht vor. Der Aufgabenbereich wächst stetig, von der Unterrichtserteilung bis hin zur Ausbildung der betriebseigenen Lehrpferde, die zwei-bis vierjährig gekauft werden. „Wer bei uns anfangen möchte, sollte eine Grundausbildung im Reiten haben“, so Jacqueline Orth. Einmal in der Woche gibt sie den Auszubildenden Reitunterricht, einmal wöchentlich steht auch eine Stunde Theorie auf dem betriebsinternen Stundenplan.

Fortbildungen werden gemeinsam besucht

„Wir fahren auch zusammen zu verschiedenen Fortbildungen“, erläutert sie. Im Laufe der Ausbildung übernehmen die Azubis auch immer mehr Unterrichtsstunden für Reitschüler und werden von Jacqueline Orth soweit gefördert, dass sie die Prüfung zum Trainerassistenten ablegen. Durchaus ungewöhnlich ist, dass die Auszubildenden auch für einen Tag dem Hufschmied assistieren und mit ihm auf Tour gehen, um wichtige Erfahrungen zu sammeln. Für die Betriebsleiterin ist es selbstverständlich, dass der Betrieb die Kosten für die Fortbildungen, Schulbücher und auch die Prüfungsgebühren übernimmt. 30 bis 50 Bewerbungen gehen jährlich bei Jacqueline und Frank Orth ein. Das macht die Auswahl nicht einfach. „Die Noten sind nicht alles, aber in Mathe sollten sie nicht zu schlecht sein“, erklärt Frank Orth. Denn Betriebswirtschaft ist auch oder gerade für einen Pferdebetrieb ein zentrales Thema. „Wir sprechen auch über Zahlen.“ Für ihn steht fest: „So einen Betrieb kann man nicht im Niedrigpreissegment führen.“ Das vermitteln sie auch den Auszubildenden. Jeder künftige Auszubildende macht vorher ein Praktikum auf dem Betrieb. „Damit sie sicher sind, dass der Beruf auch das Richtige ist“, so Frank Orth. Denn die Arbeit Pferdewirt ist nicht nur körperlich anstrengend, sondern fordert auch ein gutes Maß an Menschenkenntnis und psychologischem Einfühlungsvermögen. „Das Thema Umgang mit den Kunden ist uns sehr wichtig. Der Kundennutzen steht immer mit im Vordergrund.“ Entsprechend professionell versuchen Orths, den Betrieb und auch die Ausbildung zu strukturieren. Die Selbstständigkeit der Auszubildenden ist dem Betriebsleiterehepaar sehr wichtig. Sie bekommen früh eigene Verantwortungsbereiche übertragen. Die täglichen Arbeiten werden in Arbeitsplänen festgehalten, die vor dem Büro ausgehängt werden. So weiß jeder, was wann zu tun ist.

Zum Konzept des Leuchtfeuerhofs gehören neben verschiedenen Reitkursen auch die Betreuung von Ferienkindern ab dem Grundschulalter und Reitunterricht für ganze Schulklassen. Die Betreuung der Ferienkinder gehört auch zu den Aufgaben der Auszubildenden.

Foto: Imke Brammert-Schröder

Andrea Treber ist nach erfolgreich bestandener Gesellenprüfung in diesem Sommer von Frank und Jacqueline Orth als erste ehemalige Auszubildende übernommen worden.

Der Pferdestall auf dem Leuchtfeuerhof ist hell und pferdefreundlich gebaut. Jedes Pferd hat Zugang zu einem Paddock, sodass es jederzeit rausgehen und Kontakt mit seinem Nachbarn aufnehmen kann.

Umgang mit den Kunden lernen

Die Kunden auf dem Leuchtfeuerhof sind sehr unterschiedlich. Neben privaten Pferdebesitzern, die ihre Pferde auf dem Leuchtfeuerhof eingestellt haben, kommen auch viele Reiter ohne eigenes Pferd auf den Hof. Denn Orths bieten ein vielseitiges Programm rund ums Pferd an. Fast wöchentlich gibt es verschiedene Seminare und Lehrgänge, aber auch teilweise mehrtägige Wanderritte und Ausritte im Pfälzer Wald werden angeboten. Fünf Schulen nutzen die Möglichkeit, Reiten als Schulfach auf dem Leuchtfeuerhof zu realisieren. Es sind Regel- und auch Förderschüler darunter, die im Rahmen des Unterrichts Reiten lernen. „Das ist schon eine Herausforderung für unsere Auszubildenden“, sagt Jacqueline Orth. Sie ist sich sicher, dass das Pferd das ideale Medium ist, gerade für schwierige Kinder: „Die Kinder spiegeln sich an den Pferden.“ Aber genau das macht das Arbeiten mit den Kindern für die Auszubildenden nicht immer einfach. In den Ferien kommen zahlreiche Ferienprogramme dazu, in denen die Kinder nicht nur auf dem Pferd betreut werden, sondern auch mit Spielen und Freizeitaktivitäten beschäftigt werden wollen. Alles zusammen macht den Leuchtfeuerhof zu einem engagierten Betrieb, der nun mit der Auszeichnung der Landwirtschaftskammer „Ausbildungsbetrieb des Jahres 2016“ belohnt wurde. „Die Atmos­phäre auf dem Hof ist toll. Ich fühle mich hier gut aufgehoben“, bringt es die Auszubildende Michelle Becker auf den Punkt. Wenn die Auszubildenden die Lehre durchlaufen haben, sind sie in der Lage, einen Betrieb zu managen. „Wir freuen uns sehr über die Auszeichnung zum Ausbildungsbetrieb des Jahres und sind natürlich auch stolz darauf. So eine Auszeichnung wirkt nach außen und ist eine schöne Bestätigung für unser Konzept“, freuen sich Jacqueline und Frank Orth.

ibs – LW 51/2016