Überraschend positive Qualitätsdaten

Anbausituation und Landessortenversuche Sommer-Braugerste

Trotz des sehr späten Vegetationsbeginns im Frühjahr 2013 sind die Braugerstenerträge der vergangenen Ernte sowohl in den Landessortenversuchen wie auch in der Praxis recht positiv ausgefallen. Der Durchschnittsertrag der Sommergerste betrug in Deutschland 54,3 dt/ha (56,4 dt/ha im Vorjahr) und lag damit um rund 7 dt über dem mehrjährigen Mittel. Auch in Hessen bestätigte sich mit 53,4 dt/ha im Landesmittel dieses gute Ertragsergebnis. Damit zeigt sich erneut, dass moderne Sommergerstensorten ein ansprechendes Ertragsvermögen mitbringen. Bei entsprechender Standortwahl und angepasster Produktionstechnik können wirtschaftlich interessante Erträge mit vergleichsweise geringem Aufwand an Produktionsmitteln und an Arbeitszeit erreicht werden.

Die Braugersten-Erzeuger benötigen einen Preisaufschlag zur Absicherung des Ertrags- und Qualitätsrisikos, anderenfalls werden sie sich für Alternativkulturen entscheiden.

Foto: Hoffmann, DLR

Im Anbaujahr 2013 konnte auf vielen Standorten in Mittel- und Nordhessen aufgrund der noch bis Anfang April anhaltenden untypisch kalten Witterung erst recht spät mit der Sommergerstenaussaat begonnen werden. In Südhessen erfolgte die Aussaat zeitgerecht bereits Anfang März. Die sehr feuchte und kühle Periode im Mai bis in den Juni hinein sorgte für eine relativ verhaltene vegetative Entwicklung.

Ausgelöst durch die langanhaltenden Niederschläge litten viele Flächen unter Verschlämmung mit zeitweisem Sauerstoffmangel in der Wurzelzone. Blüte und Kornfüllungsperiode fielen im Fortgang des Juni und Juli in eine recht trockene Phase. Wasserstress trat jedoch nur in Südhessen unter den dort herrschenden hohen Temperaturen auf. Moderate Abreifebedingungen ermöglichten eine gute Kornausbildung sodass letztlich auch recht hohe Vollgerstenerträge erreicht wurden.

Vier neue Sorten im Landessortenversuch

Auch 2013 wurde das Sortiment der Prüfkandidaten im Landessortenversuch (LSV) um weitere Neuzulassungen ergänzt. Insgesamt waren Ende 2012 vom Bundessortenamt zwölf neue Sommergersten in den Sortenkatalog aufgenommen worden. Aufgrund der knappen Prüfkapazitäten wurden allerdings nur die vier aussichtsreichsten Sorten im Landessortenversuch angebaut, um sie agronomisch und ertraglich im Hinblick auf ihre Eignung für hessische Standorte beurteilen zu können. Diese sind im Folgenden kurz beschrieben:

Avalon (Breun/SW Seed) ist eine ertragsstarke, etwas langstrohigere Sorte mit guter Halmstabilität und mittlerer Gesundheit. Sie bildet bei hohem TKG auch hohe Vollgerstenanteile aus und reift etwas später ab. Die Entscheidung aus dem Berliner Programm über die Aufnahme der Sorte in die großtechnischen Mälz- und Brauversuche steht im kommenden Februar 214 an. Im ersten Versuchsjahr zeigte sie auch überregional stabile Erträge über alle ausgewerteten Standorte im Anbaugebiet 20.

Ouvertüre (Limagrain) wurde ebenso wie Solist (Streng-Engelen/IG) im Februar 2013 in die großtechnischen Versuche des Berliner Programms aufgenommen. Nach Abschluss der Sortenbewertung wird sich im Februar entscheiden, ob diese Sorten die Verarbeitungsempfehlung erhalten werden. Beide Kandidaten sind mit recht guter Blattgesundheit und sehr geringer Anfälligkeit gegen Mehltau ausgestattet, und sie warten mit guter Kornausbildung und hohen Vollgerstenanteilen auf. Ouvertüre ist bei mittlerer Standfestigkeit durch eine geringe Neigung zum Ährenknicken gekennzeichnet, blieb aber ertraglich im ersten Prüfjahr auf den hessischen Standorten hinter Solist zurück. Solist zeigt allerdings Mängel in der Strohstabilität.

Vespa (Limagrain) ist eine Futtergerste mit etwas früherer Abreife und recht guter Strohstabilität. Bei geringer Anfälligkeit für Mehltau und Netzflecken muss jedoch auf Rhynchosporium und Zwergrost geachtet werden. Sie bildet ein hohes TKG und gute Hektolitergewichte aus.

Ergebnisse der Landessortenversuche

Im Landessortenversuch (LSV) wurden im Jahr 2013 an zwei hessischen Standorten insgesamt zwölf Sorten, davon die beschriebenen vier Neuzulassungen, geprüft. Dabei wurden die Sorten in der Intensitätsstufe 1 (unbehandelt) ohne Fungizidbehandlung geführt, während in der Stufe 2 die ortsüblich angepasste Fungizid- und Wachstumsreglermaßnahme appliziert wurde. Im Vergleich der unbehandelten mit der behandelten Stufe lassen sich somit Aussagen über die Gesundheit, Standfestigkeit und Ertragssicherheit der einzelnen Sorten ableiten.

Der LSV wurde am Standort Griesheim sowie in Bad Hersfeld am Landwirtschaftszentrum Eichhof angelegt. In Griesheim wurden im Versuchsdurchschnitt mit 59,6 dt/ha in der extensiven Stufe und 61,5 dt/ha in Stufe 2 Erträge auf dem Niveau des Vorjahres geerntet. Am Standort Eichhof lag das Ertragsniveau in der Stufe 1 mit 44,2 dt/ha deutlich unter dem Vorjahr, und auch in der Stufe 2 wurde mit durchschnittlich 53,3 dt/ha bei weitem nicht der Ertrag des vergangenen Jahres erreicht. Hier zeigt sich der Effekt der verspäteten Aussaat und der feucht-kühlen Frühjahrswitterung sehr deutlich. Obwohl der Krankheitsdruck vergleichsweise moderat war, wurden in diesem Jahr durch die Fungizidbehandlung Mehrerträge von nahezu 9 dt/ha erreicht. Damit waren die Behandlungen am Standort Eichhof hoch wirtschaftlich.

Uneinheitliches Bild der einzelnen Sorten

Der Blick auf das Abschneiden der einzelnen Sorten ergibt über die beiden Standorte ein nicht ganz einheitliches Bild. Während in Griesheim in der unbehandelten Stufe Quench, Ouvertüre, Avalon und Catamaran das Feld anführen, sind dies in Bad Hersfeld Quench und Propino sowie die Futtergerste Milford. In der intensiven Stufe liegen in Griesheim Quench und Catamaran vorne, in Bad Hersfeld ist es erneut die Futtergerste Milford ‑ gefolgt von Quench und Solist. Solist erreichte mit 13,4 dt/ha die höchsten Mehrerträge durch die Intensitätssteigerung. Die Empfehlungssorten Marthe, Grace und Propino bleiben ertraglich in der Gesamtauswertung leicht unter dem Versuchsdurchschnitt.

Betrachtet man jedoch den Vollgerstenertrag, dann holt Propino aufgrund ihrer hervorragenden Kornausbildung deutlich auf und erzielt ein überdurchschnittliches Ergebnis, während Grace etwas zurückfällt. Bei den Neuzulassungen zeigt Solist ein stabiles und überdurchschnittliches Ergebnis, während Avalon aufgrund der Ertragsschwankung nur am Mittelwert und Ouvertüre unter dem Durchschnitt bleibt.

Gabriele Käufler, Fach- referentin Marktfruchtbau, LLH, Eichhof – LW 3/2014