Verbraucher gezielt ansprechen

Fortbildung „Den eigenen Betrieb in Szene setzen“

Kürzlich führten der Frankfurter Landwirtschaftliche Verein (FLV) und das Amt für den ländlichen Raum beim Hochtaunuskreis die schon traditionelle Seminarreihe rund um Öffentlichkeitsarbeit, Marketing und Medien fort. „Selfie...den eigenen Betrieb in Szene setzen“ war das Thema des Seminars für die Zielgruppe junge und junggebliebene Landwirtinnen und Landwirte.

Vorsitzender Karlheinz Gritsch er­öff­nete das Marketingseminar für Landwirte.

Foto: Jörg Rühlemann

Im Seminar gehe es um die Auswahl und Ansprache von Zielgruppen, Marketing, Umsetzung, Kundenpflege und die heute so wichtig gewordenen Texte und Bilder dafür, so FLV-Vorsitzender Karlheinz Gritsch bei der Begrüßung der Veranstaltungsteilnehmer. Als Fachmann für das Seminar, das nicht nur Direktvermarkter ansprechen solle, habe Holger Demeter gewonnen werden können. Er sei Fotograf und Kommunikationsdesigner mit dem Schwerpunkt der zeitgemäßen Produktfotografie. Die zielgruppenorientierte Verbraucheransprache sei eine der satzungsgemäßen Aufgaben des FLV, betonte Gritsch. Neben dem Erntefest in Frankfurt am Main, der Beteiligung an der Erlebnismesse "Land und Genuss" und anderen Aktivitäten der Öffentlichkeitsarbeit gehöre auch diese Seminarreihe dazu.

Die Absatzmärkte verändern sich laufend

Marketing sei unerlässlich, um neue Märkte zu erschließen, und dabei sei die Produktfotografie notwendig, so Demeter bei der Einführung in das Veranstaltungsthema. Marketing sei die Ausrichtung des Unternehmens an die Bedürfnisse des Marktes und zur Marktstrategie gehörten Produktpolitik, Preispolitik, Kommunikationspolitik und Vertriebspolitik. Dabei verändere sich das Marketing mit dem Wandel der Absatzmärkte. Zur Zeit des Mangels nach dem Zweiten Weltkrieg beispielsweise bestimmte zunächst die Produktorientierung das Marketing. Dann folgten Jahrzehnte der Verkaufsorientierung, der Wettbewerbsorientierung, der Umfeldorientierung und der Dialogorientierung. Heute seien wir in der Phase der Netzwerkorientierung mit dem weltweiten Web und den sozialen Netzwerken.

Eine Besonderheit des Agrarmarketings sei es, dass die Konsumenten „kaum mit einem Produkt mehr Kontakt haben als mit Lebensmitteln“. Ihre Auswahl und Bewertung unterliege zudem Urinstinkten des Lebens und Überlebens. Bei der Darstellung von Lebensmitteln in der Werbung sollten deshalb die Attribute appetitlich, frisch und möglichst verzehrfertig hervorgehoben werden. Erfahrungsgemäß sei es vorteilhaft, die Lebensmittel ohne Verpackung darzustellen, bei geöffneter Verpackung oder in servierfertigem Zustand.

Als Erfahrungswerte gelten: rohes Fleisch erinnert zu sehr an das „arme“ Tier, bei Milchwerbung die Tiere lieber auf der Weide als im Stall abbilden. „Man mag das Endprodukt, aber nicht die Herkunft“, gelte auch als Erfahrung, obwohl der Wandel festzustellen sei, dass die Verbraucher "nicht mehr alles so hinnehmen".

Beim Marketing und speziell bei Werbemaßnahmen sollte darauf geachtet werden, dass die Nachfrage nach Lebensmitteln einem ständigen Wandel unterliegt. Dazu gehörten: Das Altern der Bevölkerung, die Veränderung der Gesellschafts- und Familienstrukturen, gestiegene Erwerbstätigkeit der Frauen, höherer Mobilitätsgrad der Gesellschaft. Gestiegen sei das Bewusstsein für regionale Produkte, für Bioprodukte sowie nachhaltig produzierte Produkte. Deshalb sei der Aufbau eines Regionalprofils ein erfolgversprechendes Marketinginstrument. Zu fragen sei dabei aber:

  • Verfügt die Region bereits über ein gutes Lebensmittelimage, das genutzt werden kann?
  • Hat das anzubietende Produkt bereits ein gutes Image und ist es als Produkt bekannt?
  • Gibt es bereits Kooperationen in meiner Region, denen ich mich anschließen kann?
  • Habe ich die benötigten Kapazitäten und Vertriebsmöglichkeiten?

Bei Eigen- oder Direktvermarktung, so der Marketingexperte weiter, stelle sich die Frage, ob man selbst genug Produkte habe oder sein Sortiment durch Produkte eines anderen regionalen Erzeugers ergänzen sollte. Alle Formen der Direktvermarktung, seien es Hofladen, Beschickung von Wochen- oder Bauernmarkt oder Abo-Kisten mit Lieferservice, hätten etliche Vorteile: vor allem weniger Handelsstufen, wodurch die Handelsspanne im Betrieb bleibt, kurze Wege zum Verbraucher, wenig Qualitätsminderung durch Transport oder Lagerung. Allerdings seien viel Engagement und Verkaufstalent sowie hoher Werbeaufwand erforderlich.

Im praktischen Teil stellte der Referent positive und negative Beispiele aus bereits bestehenden Werbekampagnen sowie Fallbeispiele vor und analysierte sie bezüglich Funktionalität, Strategie und Umsetzung. Den Seminarteilnehmern gab er je nach dem Ziel einer Werbekampagne oder im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit wie beispielsweise bei der Vorbereitung eines Hoffestes oder Hinweisen auf bevorstehende landwirtschaftliche Arbeiten Empfehlungen zur Wahl des geeigneten Mediums. Ob Plakat, Informationsschrift, Flyer oder Internet - in jedem Falle würden auch bildhafte Darstellungen erforderlich oder geeignet sein, denn "die Aussage sollte ohne große Erklärungen auf Anhieb verstanden werden. Für die Aufnahme zielführender Fotos von landwirtschaftlichen Produkten, Maschinen oder Gebäuden gab er Empfehlungen und Tipps. Als dafür zu verwendende Werkzeuge stellte er nicht nur Kameras vor, sondern auch Geräte für Beleuchtung beziehungsweise Lichteffekte. Dass dafür auch Preisgünstiges aus dem Baumarkt ausreichen kann, nahm manchem Seminarteilnehmer die Hemmung, so etwas einzusetzen.

Rü – LW 10/2015