Wertschätzen kann man lernen

Dem guten Miteinander Aufmerksamkeit schenken

Jeder macht seine Arbeit. Oft fehlt dabei gegenseitige Wertschätzung. So war es auch auf dem Hof von Christian und seinen Eltern Walter und Maria. Peter Jantsch, Diplom-Agraringenieur und systemischer Coach, berichtet im Folgenden, wie Vater, Mutter und Sohn gelernt haben, anders miteinander umzugehen.

Wertschätzung ist Anerkennung auf Augenhöhe. Dabei geht es zum Beispiel darum, Achtung für etwas auszusprechen, was gut gelungen ist. Das motiviert ebenso wie ein Lob für geleistete Arbeit.

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Christian war 26 Jahre alt, hatte die Meisterschule absolviert und war, nach ein paar Jahren als Angestellter auf anderen Höfen, auf den elterlichen Betrieb zurückgekehrt. Sein Vater Walter war zu dem Zeitpunkt 54, seine Mutter Maria ein Jahr jünger. Vater und Sohn stellten sich darauf ein, einige Jahre zusammenzuarbeiten, sodass Christian zunehmend in die Verantwortung reinwachsen konnte, um schließlich den Hof zu übernehmen. Nach zwei Jahren war die Stimmung zwischen Vater und Sohn aber so angespannt, dass Christian überlegte, noch einmal den Hof zu verlassen. Die Enttäuschung war auf beiden Seiten groß. So hatten sie sich das nicht vorgestellt.

Als Christian seine Überlegungen Walter und Maria mitgeteilt hatte, sah die Mutter die Hofübergabe gefährdet und wurde initiativ. Sie kümmerte sich um eine Beratung. Nach einem Vorgespräch über die Ziele der Beratung kamen Walter, Maria und Christian überein, diese zu dritt durchzuführen.

Zunächst ging es darum, die Situation im Betrieb aus der jeweiligen Sicht der Beteiligten darzustellen. Der Auslöser für den aufkommenden Stress miteinander hatte darin gelegen, dass Susanne, die Freundin von Christian, die perspektivisch auf den Hof ziehen sollte, zögerte, weil sie Christians Eltern als herzlos empfunden hatte und sich nicht sicher war, ob sie als Person willkommen sei. Dies hatte dazu geführt, dass Christian das Verhalten seiner Eltern aufmerksamer beobachtete und er schließlich seiner Freundin Recht gab. Das hatte ihn stark verunsichert, er fühlte sich aber seiner Freundin verpflichtet und überlegte deshalb, wieder zu gehen.

Jantsch – LW 3/2019