Winterraps mit Augenmaß auf hohe Ölerträge düngen

N-Düngung im Frühjahr an der Herbstentwicklung ausrichten!

Gut entwickelte Winterrapsbestände haben bis zum Vegetationsbeginn die späteren Ertragsanlagen der Haupt- und Seitentriebe weitgehend angelegt. Bei günstiger Herbstentwicklung nehmen die Pflanzen bereits eine beträchtliche N-Menge vor Winter auf, die bei der N-Düngung im Frühjahr zu berücksichtigen ist. Wie sich die Bedarfsermittlung zur N-Düngung im Frühjahr weiter optimieren lässt, erläutert Dr. Stefan Weimar vom DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück.

Im Hinblick auf den Nährstoffbedarf gehört der Winterraps zu den anspruchsvollen Kulturen.

Foto: landpixel

Im Hinblick auf den Nährstoffbedarf gehört der Winterraps zu den anspruchsvollen Kulturen. Ein Rapsbestand mit einer Ertragserwartung von 40 dt/ha vermag bis zur Fruchtbildung mindestens 250 kg N/ha aus dem Bodenvorrat sowie der Düngung aufzunehmen. Mit diesem Kornertrag werden lediglich rund 140 kg N/ha von der Fläche abgefahren. Angesichts des vergleichsweise engen C/N-Verhältnisses hinter-lassen die Erntereste eine beachtliche Menge an rasch verfügbarem Stickstoff auf dem Feld.

Dank des raschen Züchtungsfortschritts hat sich die N-Effizienz der jeweils besten Neuzüchtungen in den Wertprüfungssortimenten der Jahre 1971 bis 2009 rein rechnerisch von 5,8 kg N/dt auf 3,3 kg N/dt Rapssaat verbessert. In der Praxis verbleibt jedoch auch bei ökonomisch optimaler N-Düngung ein erheblicher N-Überschuss auf der Fläche, der in intensiven Raps- und Weizen-Fruchtfolgen die im dreijährigen Mittel ab dem Düngejahr 2009 geltende betriebliche N-Obergrenze von 60 kg N/ha durchaus überschreiten kann.

Verfügbaren Stickstoff im Boden anrechnen

Der N-Bedarf im Frühjahr kann nach Maßgabe des Nmin-Gehalts zum Vegetations-beginn, der N-Nachlieferung des Bodens sowie der Pflanzenentwicklung zum Zeitpunkt der ersten N-Gabe ermittelt werden. Nach der Nmin-Methode Rheinland-Pfalz leitet sich für Kornerträge zwischen 35 und 45 dt/ha eine N-Düngung in Höhe von insgesamt 165 bis 195 kg N/ha vom Vegetationsbeginn bis zum Schossen ab (s. Tabelle 1).

Zur Bemessung der N-Düngung kann der Nmin-Gehalt von repräsentativen Untersuchungsflächen herangezogen werden, soweit dem Betrieb keine eigenen Ergebnisse vorliegen. Den mehrjährigen Auswertungen zufolge variierte der zu Vegetationsbeginn untersuchte Nmin-Gehalt in 0 bis 60 cm Bodentiefe bei etwa 80 Prozent der N-Testflächen mit einer Ackerzahl von maximal 50 erwartungsgemäß zwischen 10 und 30 kg N/ha, der Medianwert liegt bei rund 25 kg N/ha. Bei besserer Bodenbonität erhöhte sich dieser Schwankungsbereich um zirka 5 kg N.

Bei regelmäßiger organischer Düngung oder schwach entwickelten Rapsbeständen tendiert der Nmin-Vorrat erfahrungsgemäß auch zu einem höheren Niveau. Die bodenbürtige N-Nachlieferung wird ab einer Ackerzahl von mehr als 40 mit jeweils einem kg N pro Bodenpunkt bewertet und vom ertragsabhängigen N-Sollwert abgezogen.

N-Aufnahme im Herbst stärker berücksichtigen

Nach neueren Erkenntnissen steht die optimale N-Düngung im Frühjahr in einem stärkeren Kausalbezug zur N-Aufnahme im Herbst als zum Nmin-Vorrat im Frühjahr. Mittels Wägung des oberirdischen Aufwuchses zum Vegetationsende lässt sich der im Herbst bereits aufgenommene Stickstoff gut abschätzen, um die vorgesehene N-Düngung entsprechend zu präzisieren. Dazu werden den Rapsbeständen am Ende der Vegetation mehrere repräsentativ verteilte Schnittproben von jeweils 1 m2 entnommen und das Gewicht der oberirdischen Frischmasse bestimmt.

Nach den bisherigen Auswertungen enthalten gut entwickelte Rapspflanzen im vegetativen Stadium durchschnittlich 4,5 Prozent N in der Trockenmasse. Bei einem Trockenmassegehalt der Blattrosette von im Mittel 10 Prozent errechnet sich die aufgenommene N-Menge des Bestandes, indem man die gewogene Frischmasse pro m2 mit dem Faktor 45 multipliziert.

Biomasse-Bestimmung vor der Vegetationsruhe

Bei normaler Bestandesentwicklung haben die Pflanzen bis zum Vegetationsende durchschnittlich etwa 50 kg/ha aufgenommen. Wie umfangreiche Untersuchungen der Universität Kiel bestätigen, kann der über die Menge von 50 kg N/ha hinaus aufgenommene Stickstoff mit 70 Prozent angerechnet und von der im Frühjahr vorgesehenen N-Düngung abgezogen werden. Hat ein Bestand im Herbst mit 2,0 kg/m2 oberirdischem Aufwuchs bereits etwa 90 kg N/ha (Faktor: 45) aufnehmen können, lässt sich die ortsübliche N-Düngung im Frühjahr um 28 kg N/ha, vorzugsweise zur zweiten N-Gabe, ertragsneutral reduzieren.

Bislang konnte die rechnerisch ermittelte optimale N-Düngung bereits mit einem pauschalen Zu- und Abschlag von bis zu 30 kg N/ha korrigiert werden. Anhand der Biomasse-Bestimmung vor der Vegetationsruhe lässt sich die N-Aufnahme im Herbst relativ treffsicher nachvollziehen. Mit der vorgesehenen Staffelung der Zu- und Abschläge wird diese stärker als bisher bei der N-Bedarfsermittlung berücksich­tigt

In den bisherigen Düngungsversuchen mit Rapsbeständen von bis zu 50 Pflanzen/m2 variierte die Frischmasse der Blattrosette zum Vegetationsende zwischen knapp 1,0 und 1,8 kg/m2. Bei Praxis-Erhebungen wurden im Einzelfall bis zu 4,0 kg/m2 Aufwuchs ermittelt, wenn zur Aussaat bereits organische Düngung verabreicht wurde.

Die N-Verteilung an Standort und Pflanzenentwicklung anpassen

Praxisüblich erfolgt die N-Düngung zu Winterraps im Frühjahr in zwei Teilgaben, um den N-Düngebedarf besser auf die aktuelle Pflanzenentwicklung und den tatsächlichen Witterungsverlauf abstimmen zu können. Die N-Gabe (F 1) zu Vegetationsbeginn dient der Regeneration der Blattrosette und der Förderung der Blatt- und Blütenanlagen am Vegetationskegel. Sie unterstützt neben der Bildung von Blütenknospen in den Seitentreiben das nachfolgende Längenwachstum des Haupttriebes und auch die spätere Verzweigung der Pflanzen.

Die zweite N-Gabe (F 2) zum Beginn der Schossphase fördert das Längenwachs-tum der Seitentriebe. Sie stellt die N-Versorgung zur Blüte und der späteren Fruchtbildung sicher, um einen hohen Schoten- und Kornansatz zu realisieren. Die intakten Schotenwände liefern etwa die Hälfte der Assimilate zur späteren Samenbildung, da die Photosynthese-Leistung der älteren Blattetagen unterhalb des Schotendachs ist zum Blühbeginn bereits stark reduziert ist.

Bis zur Blüte nehmen die Rapsbestände bis zu 75 Prozent der Gesamt-N-Menge auf. Bei den erfahrungsgemäß noch niedrigen Bodentemperaturen ist bis zu diesem Zeitpunkt noch keine nennenswerte N-Nachlieferung zu erwarten. Deshalb sollte die zweite N-Gabe während der Streckungsphase rechtzeitig vor dem Erscheinen der Blütenknospen am Haupttrieb, zeitlich in der Regel etwa drei Wochen nach der ersten N-Gabe, terminiert werden.

Die prozentuale Aufteilung der Stickstoff-Düngung zur ersten und zweiten N-Gabe sollte sich in erster Linie an der Pflanzenentwicklung und den jeweiligen Standortbedingungen orientieren:

  • Stark entwickelte Pflanzen mit mehr als zehn Blättern sollten bei günstiger N-Nachlieferung des Bodens höchstens 50 Prozent der gesamten N-Düngung mit der ersten N-Gabe erhalten, um das vegetative Wachstum der Pflanzen nicht zu überziehen. Gerade ein üppiger Blattzuwachs im Frühjahr schiebt je nach Bestandesdichte die Verzweigung in die Höhe und erhöht die Lagerneigung durch zu kopflastige Pflanzenbestände. Die ausgeprägte Längen-Heterosis von CMS-Normalstrohhybriden spricht zudem für eine verhaltene erste N-Gabe, um die Standfestigkeit der Bestände zur Ernte abzusichern.
  • Auf Standorten mit regelmäßiger Vorsommertrockenheit sollten keine zu blattreichen Rapsbestände im Frühjahr erzeugt werden, um die Bodenwasser-reserven für die spätere Frucht- und Samenentwicklung sowie die Fettsynthese zu erhalten.
  • Pflanzenbeständen mit weniger als acht voll entwickelten Laubblättern können zum Vegetationsbeginn annähernd zwei Drittel der gesamten N-Düngung verabreicht werden. Bei stärkeren Blattverlusten während der Winterperiode oder spätem Vegetationsbeginn bewirkt dies eine zügigere Regeneration der Pflanzen. Bei der N-Düngung zur Schossphase ebenfalls zu berücksichtigen ist die zu erwartende N-Nachlieferung aus der bereits abgeworfenen, leicht umsetzbaren Blattmasse. Rückschlüsse hierzu lieferte die Abschätzung des Biomasse-Aufwuchses im Herbst. Diese N-Verteilung ist auch auf Standorten mit schwacher oder verzögerter N-Mineralisierung im Frühjahr oder schweren Böden mit langsamer Bodenerwärmung angebracht.
  • Früh abreifende Sorten verlangen eine zeitige erste N-Gabe im Frühjahr, um den Entwicklungsvorsprung gegenüber Sortentypen mit späterer Abreife ertragswirksam umsetzen zu können.
  • Normalstroh- und Halbzwerghybriden verfügen über eine vergleichbare N-Effizienz zu den Liniensorten, so dass der kalkulierte optimale N-Düngebedarf auf die verschiedenen Sortentypen übertragbar ist.