Ziel sind in erster Linie die Ungräser

Hinweise zur Unkrautkontrolle in Wintergetreide

Wenn hohe Unkraut- und Ungrasdichten im Getreide schon vor dem Winter auftreten, kann sich dieses bereits negativ auf den Ertrag auswirken. Daher müssen die notwendigen Maßnahmen ergriffen werden, um die nicht erwünschten Pflanzen schon im Herbst effektiv zu regulieren.

Starkverungrasung mit Weidelgras in Zuckerrüben.

Foto: Dr. Dicke

Die Unkraut- und Ungraskontrolle soll sich an den Grundsätzen des integrierten Pflanzenschutzes orientieren. In Kurzform bedeutet dieses, anbau- und kulturtechnische Maßnahmen vorrangig einzusetzen, damit der Beitrag von chemischen Mitteln an der Bekämpfung nicht überreizt wird. Denn wenn die Bekämpfung allein durch Herbizide erfolgt, werden diese mit den Jahren unwirksam, was auch in Hessen an zunehmender Resistenzbildung zum Beispiel bei Windhalm, Ackerfuchsschwanz und jetzt auch bei Weidelgras (in Teilen Südhessens) zu sehen ist.

Pflugeinsatz oder Totalherbizid

Die wendende Bodenbearbeitung ist eine ackerbauliche Maßnahme, mit welcher der Unkraut- und Ungrasbesatz effektiv verringert werden kann, wenn zum Beispiel zumindest einmal in der Fruchtfol ge gepflügt wird. Wird aus verschiedenen Gründen grundsätzlich auf das Pflügen verzichtet, bietet es sich zur Verringerung des Ackeruchsschwanzdruckes an, das Feld etwa zwei- drei Wochen vor der Saat komplett saatfertig zu machen. Danach wird abgewartet, bis die Verungrasung aufgelaufen ist. Sobald mindestens drei Blätter vorhanden sind, wird ein Totalherbizid eingesetzt. Danach sollte die neue Saat zum Beispiel mit Scheibenscharen an der Sämaschine, ohne vorlaufende Bearbeitung, in den Boden eingebracht werden. Der Boden sollte beim Saatvorgang möglichst wenig bewegt werden, um insbesondere die Ungräser nicht in Keimstimmung zu versetzen. Frühsaaten sollten vermieden werden, denn eine frühe Aussaat fördert Ungräser wie Ackerfuchsschwanz und Windhalm, sowie bestimmte zweikeimblätrige Unkräuter wie etwa Ehrenpreis. Wird eine Sommerung in die Fruchtfolge gestellt, können alle aufgelaufenen Unkräuter und Ungräser vor der Saat chemische oder mechanisch „abgeräumt“ und somit aus dem System genommen werden.

Herbizide zielen vor allem auf Ungräser

Auch wenn alle sinnvollen ackerbaulichen Maßnahmen zur Unkrautregulierung ausgeschöpft wurden, laufen oft noch ertragsschädigende Unkraut- beziehungsweise Unkrautdichten auf, die dann mit Herbiziden bekämpft werden können beziehungsweise müssen. Ziel ist es, in erster Linie die Ungräser auszuschalten. Je nach zweikeimblättriger Verunkrautung sollte ein entsprechend wirksamer und verträglicher Partner zugemischt werden. Nach Ermittlung der Leitverungrasung und -verunkrautung sollten möglichst wirksame Mittel ausgewählt werden. Gleichzeitig muss, nach Sichtung der Vor- und Vorvorjahresstrategie zum Beispiel in der Ackerschlagkartei, auf einen sinnvollen Wechsel der Wirkstoffklassen über die Fruchtfolge geachtet werden, damit es nicht zur Ausbildung von Resistenzen kommt.

Wirkstoffwechsel gegen Resistenzerscheinungen

Wenn noch keine Minderwirkungen bei Herbiziden aufgetreten sind und die Verungrasung durch „guten Ackerbau“ in der Vergangenheit gering ist, können Kombinationen aus blatt- und bodenwirksamen Präparaten so eingesetzt werden, dass möglichst beide Partner zur vollen Wirkung kommen. Die Aufwandmengen, insbesondere von Herbiziden der Wirkstoffklasse B, müssen auf den Ackerfuchsschwanz ausgerichtet werden. Der Bodenpartner muss gegen Ackerfuchsschwanz unterstützen und seine volle Wirkung auf Windhalm ausspielen. Ziel muss es sein, die Verungrasung im Herbst möglichst komplett auszuschalten. Beispiel: Herold + Lexus (0,5+0,02) (BBCH 10-11). Wahlweise kann anstatt Herold auch Malibu 3l/ha oder Picona (2,5l/ha). eingesetzt werden, wobei dann die Auflagen zu Pendimethalin beachtet werden müssen. Wenn im Frühjahr dennoch nachbehandelt werden muss, was die Ausnahme sein sollte, kann dann ein Herbizid aus der HRAC-Klasse A (wie zum Beispiel Traxos) eingesetzt werden, um die HRAC-Klasse zu wechseln. Bei später Saat kann davon ausgegangen werden, dass über Winter keine Ungräser mehr keimen. Unter diesen Bedingungen kann auch im Frühjahr mit Wirkstoffklasse B nachbehandelt werden, da die schon behandelten Gräser nur ein zweites Mal gespritzt werden und es daher nicht zu einer verstärkten Selektion resistenter Pflanzen kommen kann.

Bei hohem Druck Frühjahrsbehandlung

Bei starker Verungrasung (zum Beispiel > 800 Pflanzen/m²) sollten nach der Saat Kombinationen aus Wirkstoffen gefahren werden, die über den Boden wirken und nicht der HRAC-Klasse A und B angehören. Der Windhalm wird beseitigt und der Ackerfuchsschwanzdruck stark verringert. Eine Nachbehandlung im Frühjahr wird fest eingeplant. Wichtig bei der Herbstbehandlung mit Bodenherbiziden ist die Anwendung im Vorauflauf bis Spitzen vor dem Auflaufen des Ackerfuchsschwanzes. Voraussetzung ist allerdings ausreichende Bodenfeuchte. Im Frühjahr muss dann gezielt ein gut wirksames Präparat aus der Wirkstoffklasse B eingesetzt werden, welches den übrigen Ackerfuchsschwanz beseitigt. Beispiel: Herold + Boxer (0,6 + 3,0) in BBCH 0-11 oder Bacara Forte + Cadou SC (Cadou Forte Set (0,75 +3) in BBCH 0-11. Dann im Frühjahr Nachlage, zum Beispiel mit Atlantis WG (0,3) + Caliban Top (1,5) oder Broadway (220 g/ha). Anmerkung: Nur wenn es in BBCH10/11 zu trocken und mit Minderwirkung beim Bodenpartner zu rechnen war, sollten im Herbst Blatt-/Bodenkombination ab BBCH 12 mit HRAC-Gruppe A eingesetzt werden. Grundsätzlich ist aber HRAC A (Axial 50) für Gerste zu reservieren (Beispiele in Tabelle 2).

Dr. Dominik Dicke, Rp Gießen, Pflanzenschutz- dienst Hessen – LW 36/2017