Zuckerrüben: Silierung im Fahrsilo gelungen
Vielversprechendes Substrat in Biogasanlagen – Bericht aus der Praxis
Die Zuckerrübe ist eine leistungsfähige Frucht, die neben hohen Erträgen bei der Zuckergewinnung auch bei der Ethanolerzeugung und in Biogasanlagen viel Energie liefert. Mit dem neuen EEG 2012 und der damit verbundenen Begrenzung des Maiseinsatzes werden Zuckerrüben als Substrat in Biogasanlagen immer interessanter und die Nachfrage nach Rübensubstrat steigt weiter an. Über einen Silierversuch in Darmstadt berichten Manfred Kröhl, Südzucker AG, Hartwig Jourdan, Landwirt und Betriebsführer der Biogasanlage in Darmstadt-Wixhausen, sowie Sebastian Schaffner, Berater Biogas bei der KWS Saat AG.
Schon eine geringe Einsatzmenge an Zuckerrüben in Mischung mit anderen Substraten verspricht eine Steigerung der Gasleistung von Biogasanlagen, da die Rübe sehr viel an schnell umsetzbarem Zucker enthält. Teilweise setzen Anlagen auch hohe Anteile an Rüben ein (mehr als 50 Prozent) oder sind sogar auf Basis Monovergärung von Zuckerrübensubstrat konzipiert.Was aber ist beim Einsatz von Zuckerrüben in Biogasanlagen zu beachten?Vorhandene Ernte- und Transportlogistik kann genutzt werden
In vielen Regionen sind etablierte und kostengünstige Ernte- und Transportlogistikketten tätig, die auch für die Belieferung der Biogasanlage genutzt werden können. Die Rüben werden überwiegend mit leistungsfähigen selbstfahrenden Reinigungsladern („Maus“) am Feldrand gereinigt und verladen. Die Leistung dieser Lade- und Reinigungsgeräte liegt zwischen 150 und 200 t pro Stunde. Demzufolge muss die Rübenabnahme in der Biogasanlage dieser Leistung entsprechen.
Wegen der energetischen Vorteile der Zuckerrübe ist es Ziel vieler Biogasanlagen, Rübensubstrat über das gesamte Jahr einzusetzen. Mittlerweile gibt es standardisierte Verarbeitungs- und Lagerungsverfahren, die dieses Substrat kalkulierbar machen. Die verlustarme Silierung ist dabei ein entscheidender Faktor zur Ganzjahresversorgung der Biogasanlage mit Rüben und wesentlich für einen erfolgreichen Einsatz.
Konservierung für die ganzjährige Verwendung
Derzeit gibt es in der Praxis zwei Wege zur Solo-Konservierung der Zuckerrüben für die ganzjährige Verwendung: In die praktische Anwendung kommen die Lagerung von pumpfähigem Rübenbrei (Lagunen-Lagerung) sowie die Silierung von unzerkleinerten, ganzen Rüben im Fahrsilo oder Folienschlauch (Ganzrübensilage).
Ãœber die Anwendung der verschiedenen Verfahren entscheiden die SubsÂtratmenge und der betriebsindividuelle Ablauf in der Biogasanlage. Sollen Rüben nicht ganz, sondern zerkleinert einsiliert werden, benötigen sie im Fahrsilo einen Mischungspartner wie zum Beispiel Silomais, CCM (Corn-Cob-Mix) oder LKS (Lieschkolbenschrot), um die Silage zu stabilisieren und den Sickersaft aufzufangen.Technik im Praxistest während der Kampagne 2012/13
Kern der derzeitigen Entwicklungen im Bereich der Rübenlagerung ist die Idee der Silierung von am Feld-rand vorgereinigten Zuckerrüben im Fahrsilo. Hier besteht die Möglichkeit, die vorhandene Infrastruktur der Biogasanlage zu nutzen und weiterhin in der Substratwahl flexibel zu bleiben. Das „BeetLoader-System“ von Grimme war mit Unterstützung von KWS und dem Maschinenring (MR) Leinetal in der Kampagne 2012/2013 erstmals in größerem Maßstab im Einsatz. Der MR organisierte dabei den Transport und Betrieb von zwei dieser Systeme.
Dieses System ist jeweils ausgelegt für eine Stundenleistung von rund 120 Tonnen Zuckerrüben. Die Annahme erfolgt über einen Sturzbunker, der die Rüben nochmals trocken vorreinigt. Anschließend gelangen die Rüben auf einen 22 m langen teleskopier- und schwenkbaren Mietenbefüller, welcher die Rüben auf eine Höhe von bis zu 9 m automatisch aufschichtet.
Silierung von Rüben in der Biogasanlage der HSE in Darmstadt
Da die Silierung von ganzen Rüben unter Nutzung der regionalen LogistikÂkette viele logistische Vorteile bringt, wurde ein Test dieses Verfahrens zum Ende der Kampagne 2012 im Gebiet der Südzucker AG vereinbart. In Kooperation zwischen der KWS, Südzucker und dem regionalen Energieversorger HSE aus Darmstadt wurde der Versuch im Fahrsilo der Biogasanlage Darmstadt-Wixhausen durchgeführt. Mit der Lade- und Transportgemeinschaft Ãœberrhein wurden zwischen dem 15. und 17. Dezember 2012 3 rund 200 t Rüben aus der näheren Umgebung mit der Maus auf Traktorgespanne verladen und zur Biogasanlage transportiert.Die Rüben hatten nach visueller Bewertung einen Erdanteil von durchschnittlich 4 Prozent mit einem Kopfanteil von 6 bis 8 Prozent. Die analytisch ermittelten Zuckergehalte lagen zwischen 16,5 und 18 Prozent. Die Rüben wurden mit dem BeetLoader innerhalb von drei Tagen angenommen und mit einer Stundenleistung von etwa 100 bis 150 t in das leere Fahrsilo eingelagert, wobei die Stapelleistung der Anlage in Abhängigkeit von der Stapelhöhe schwankte.
Um alle Rüben entsprechend der Leistung einer Lademaus abzunehmen, sollte die Kapazität des Sturzbunkers sowie der Transportbänder noch erhöht werden. Nach Abschluss der Einlagerung erfolgte die sorgfältige Abdeckung. Dabei ist es wichtig, die Rüben rundherum mit einer Folie einzuschlagen, um das bei der Silierung entstehende CO2 zur Stabilisierung des Siliervorgangs in der Miete zu halten. Die „hochgestapelten“ Rüben können nicht wie andere Siliergüter mit Walzschleppern verdichtet werden – und müssen es auch nicht.
Praxiserfahrungen in der Anlage der HSE
Hartwig Jourdan (Betriebsführer im Auftrag der HSE AG) beobachtete den weiteren Verlauf der Silierung. Er stellte in den ersten zwei Wochen nach der Abdeckung keine besonderen Aktivitäten im Fahrsilo fest. Danach wölbte sich die Silofolie, eine Gashaube wurde ersichtlich, und erste Sickersäfte traten auf.
Ab Mitte Januar kam es dann für etwa vier Wochen zu einem massiven Sickersaftfluss, den Jourdan mit mindestens einem Kubikmeter/Stunde beziffert. Demzufolge ist mit einem Sickersaftanfall von rund 30 bis 40 Prozent der eingelagerten Frischmassemenge zu rechnen.
Der Sickersaft wurde aufgefangen, in einer Güllegrube gelagert, mit Gülle sowie Regenwasser vermischt und kontinuierlich dem Fermenter zugeführt. Der Sickersaft ist sehr energiereich und weist einen pH-Wert von rund 3,5 auf. „Rüben-Sickersaft macht müde Nachgärer und kalte Endlager munter,“ berichten weitere Praktiker.
Bei der Beschickung des Fermenters ist der tiefe pH-Wert zu beachten, um die Mikrobiologie im Fermenter nicht zu stören. Eine erste stoßweise Zuführung in den Fermenter führte zur Hemmung der Biologie. Daher ist auf eine vorsichtige zeitlich verteilte Dosierung zu achten. Die Gasbildung aus dem Sickersaft war später jedoch insgesamt stabil und erreichte die Leistung der Anlage.
Mitte Februar eine gelungene Rübensilage vorgefunden
Ab Anfang Februar reduzierte sich die Sickersaftbildung. Die Silierung war abgeschlossen und das Silo um etwa 50 Prozent der ursprünglichen Höhe geschrumpft. Am 12. Februar 2013 wurde das Silo geöffnet. Das Ergebnis zeigt eine gelungene Rübensilage: Die Hohlräume zwischen den Rüben waren geschlossen, das vorherige Schüttgewicht der losen Rüben von etwa 600 bis 700 kg/m3 nach Abschluss der Silierung auf rund eine Tonne/m3 gestiegen.
Die Entnahme und Zerkleinerung der Rüben erfolgt ohne weitere Reinigung mittels Ladeschaufel mit integriertem Rübenschnitzler im Anbau am vorhandenen Radlader.
Die Rüben im gesamten Silo wurden ohne faule Nester problemlos durchsiliert. Ein Geruch „fast wie in der Zuckerfabrik“, so Jourdan, der dies als Bestätigung ansieht, dass die Silierung gelungen und ohne Fehlgärungen verlaufen ist.
Derzeit wird die Biogasanlage mit etwa 10 bis 15 Prozent Rübensubstrat zusätzlich zu überwiegend Silomais und Ganzpflanzensilage gefüttert. In der nächsten Zeit soll der Rübenanteil weiter gesteigert werden. Eine Schaumbildung war nicht zu erkennen.
– LW 12/2013