Künftig an immer weniger guten Tagen die Ernte einbringen?

KBV Marburg-Kirchhain-Biedenkopf feierte Erntedank

Beim Kreiserntedankfest des Kreisbauernverbandes Marburg-Kirchhain-Biedenkopf (KBV), vorletztes Wochenende auf dem landwirtschaftlichen Betrieb von Ingo und Christiane Henkel in Stadtallendorf-Erksdorf, stand neben besinnlichem, religiös geprägtem Dank für die geernteten Feldfrüchte eine der wichtigsten Rahmenbedingungen der Landwirtschaft im Mittelpunkt – das Wetter.

Etwa 300 Gäste feierten das Erntedankfest des Kreisbauernverbands in der Maschinenhalle des landwirtschaftlichen Betriebs der Familie Henkel.

Foto: Manfred Schubert

„Erntedank hat im Laufe der Zeit nicht an Bedeutung verloren. Es gibt gute Gründe zum Danken, ein gedeckter Tisch ist immer eines Dankes wert“, sagte Karin Lölkes, Vorsitzende des Kreisbauernverbands Marburg-Kirchhain-Biedenkopf.

Zum Erntedankfest, das der Kreisbauernverband zum zweiten Mal auf einem landwirtschaftlichen Betrieb feierte, diesmal in der Maschinenhalle von Familie Henkel, waren etwa 300 Gäste gekommen. Lölkes betonte, dass der Landwirt noch so gut planen, seinen Boden vorbereiten, optimal düngen und pflegen könne, das letzte Wort habe doch das Wetter. Zwar lebten wir in Deutschland in einer gemäßigten Region mit verhältnismäßig geringen Ausschlägen, aber gerade dieses Jahr habe wieder einmal gezeigt, dass es auch schlecht kommen kann. „Viele Betriebe mussten ihr Getreide regelrecht in den wenigen Stunden, in denen die Felder überhaupt befahrbar waren, vom Acker stehlen. Brotweizen ist oft nur als Futtergetreide zu gebrauchen“, so Lölkes. Und eine schlechte Ernte könne einen Betrieb schon in finanzielle Schwierigkeiten bringen. „Wie wir alle wissen, ist die Gewinnspanne in der Landwirtschaft gering, oftmals kaum ausreichend. Es ist keine neue Erkenntnis, dass nicht in, sondern an der Landwirtschaft verdient wird“, erläuterte sie und appellierte so an die anwesenden Politiker, mitzuhelfen, die schwere Arbeit der Landwirte nicht noch schwerer zu machen und Grundlagen für ein auskömmliches Ein­kommen der bäuerlichen Familien zu schaffen.

Wetter und Klimawandel stehen im Fokus

Ist künftig mit heftigeren Wetterkapriolen zu rechnen oder ist aus landwirtschaftlicher Sicht es bald normal, dass die Ernte in immer weniger Tagen eingebracht werden muss? Zu diesen Fragen hatte der KBV Thomas Ranft, Moderator der Sendung „Alle Wetter“ beim Hessischen Rundfunk, als Festredner eingeladen. „Was für ein Wetter: ist das denn noch normal?“, lautete der Titel seines Vortrags.

Bei seiner Anreise habe er gedacht, angesichts der vielen Solardächer sowie der Windräder, dazu die Nahwärmeanlage, Erks­dorf sei Hauptstadt der Energiewende, schilderte Ranft seinen Eindruck.

Gastredner Thomas Ranft vom Hessischen Rundfunk mit Karin Lölkes, Vorsitzende des Kreisbauernverbands Marburg-Kirchhain-Biedenkopf.

Foto: Manfred Schubert

Noch ist es bei uns normal, so seine These. Was sich geändert habe, sei die Wahrnehmung aufgrund der Medien, die sehr viel über Ereignisse berichten. „Früher gab es einen Sturm und keiner hat es gemerkt. Nur der Stammtisch und die 200 Leute im betroffenen Dorf wussten davon“, sagte der Wettermoderator. Auch die Erinnerungen, dass früher im Winter immer Schnee und man im Sommer immer am Baggersee gelegen habe, seien verklärt. „Es gibt Veränderungen, aber die sieht man bei uns am wenigsten, wir haben einfach Glück, dass wir in einer gesegneten Gegend leben“, erklärte Ranft. Die Welt verändere sich klimatisch, aber die Veränderungen könne man schlecht greifen. Sichtbar werde der Klimawandel beispielsweise in Ländern wie Syrien, wo es von 2006 bis 2010 aufeinander folgende Dürren ge­geben habe.

Ausdrücklich warnte Ranft vor Versuchen, direkt das Klima verändern zu wollen: „Immer, wenn wir in den vergangenen Jahrhunderten oder-tausenden in die Natur eingegriffen haben, war es hinterher niemals besser als vorher, beispielsweise nach der Rheinbegradigung. Wenn wir das mit der Atmosphäre versuchen, vernichten wir sie wirklich. Ich hoffe die Menschen sind klug genug, zu sagen, wir lassen das.“ Er plädierte dafür, nicht nur den eigenen Vorteil zu suchen, sondern andere mitzunehmen.

Pfarrer Michael Fenner, der den das Fest eröffnenden Erntedank-Gottesdienst leitete, hatte in der Predigt angemahnt, sich um gegenseitiges Wohlergehen, Frieden und Gerechtigkeit, auch Klimagerechtigkeit, zu bemühen und dazu den eigenen Lebensstil zu hinterfragen.

Engagierter Betrieb und viel Unterstützung von Vereinen

Für musikalische Unterhaltung während des wunderschönen Festes auf dem Betrieb Henkel sorgte der Posaunenchor Erksdorf, der auch beim Gottesdienst mitwirkte. Die Landjugend aus Erksdorf führte mehre­re Volkstänze auf und trug somit zum Ge­lingen des Kreiserntedankfestes bei, wie auch der örtli­che 750-Jahre-Ver­ein, der die engagierte Landwirtschaftsfamilie bei der Durchführung unterstützt hat. Karl-Heinz Dickhaut, Vorsitzender des VLF-Kirchhain, sprach das Schlusswort und dankte den Mitwirkenden, besonders dem Ehepaar Henkel.

Schubert  – LW 43/2017