Karin Lölkes als Vorsitzende wiedergewählt

Versammlung des KBV Marburg-Kirchhain-Biedenkopf

Karin Lölkes ist auf der Mitgliederversammlung des Kreisbauernverbandes Marburg-Kirchhain-Biedenkopf am vergangenen Montag in Niederweimar bei offener Abstimmung einstimmig als Vorsitzende wiedergewählt worden. Die 62-Jährige führt den Verband seit 2015 und tritt ihre vierte Amtszeit an. Von der Versammlung wurde der bisherige Geschäftsführer Heinz-Hermann Nau-Bingel (64) in den Ruhestand zum Ende des Jahres verabschiedet, sein Nachfolger Elmar Stein (48) stellte sich vor. Lölkes stellte die Ernährungssicherung als zentrale Aufgabe des Staates heraus. In seinem Vortrag gab der neue Generalsekretär des Hessischen Bauernverbandes (HBV), Sebastian Schneider, seine Einschätzungen zu aktuellen politischen Ereignissen und der berufsständischen Arbeit ab.

Die wiedergewählte Vorsitzende Karin Lölkes und der scheidende Geschäftsführer Heinz-Hermann Nau-Bingel mit Vorstandsmitglied Erwin Boland, HBV-Vizepräsident Volker Lein und dem neuen Geschäftsführer Elmar Stein.

Foto: Mohr

In ihrem Bericht ging Lölkes auf die Proteste im vergangenen Winter ein, bei dem der Kreisverband unter anderem eine spektakuläre Aktion mit über 500 Schleppern und 2500 Landwirtinnen und Landwirten in der Marburger Innenstadt unter Zustimmung der Bevölkerung durchführte. Veranstaltet wurden weitere Aktionen wie Mahnfeuer. Anlass war die „Kampfansage der Bundesregierung“ an die Bauern mit der Abschaffung der Agrardieselrückerstattung und der Streichung der KfZ-Steuerbefreiung. „Wir haben alle an einem Strang in eine Richtung gezogen“, sagte Lölkes mit Hinweis auf den durch die Marburger Innenstadt gezogenen Schlepper mit Pflug. In Anspielung auf unterschiedliche Meinungen über weitere Protestaktionen appellierte sie an die Geschlossenheit und Solidarität im Berufsstand. Meinungsverschiedenheiten sollten im Saal diskutiert, nach außen aber sollte mit einer Stimme gesprochen werden. So wurde auch in der gut besuchten Veranstaltung rege über die Ergebnisse der Bauernproteste diskutiert. Ein Landwirt kritisierte, dass nicht viel erreicht wurde und die Protestaktionen zu früh eingestellt worden seien. Ein anderer Landwirt war nicht zufrieden mit der Spitze des Deutschen Bauernverbandes. Lölkes kündigte an, dass man die bevorstehenden Parteiveranstaltungen zur Bundestagswahl besuchen und die landwirtschaftlichen Belange vertreten werde. Dabei sollten auch begleitende Aktionen stattfinden. Im beginnenden Wahlkampf werden laut HBV-Generalsekretär Sebastian Schneider derzeit die Kernforderungen beim Deutschen Bauernverband formuliert, um sie den Politikern kompakt zu präsentieren. Eine Kernforderung ist die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Außerdem bleibt die Forderung nach einer Fortführung der Agrardieselrückerstattung.

Hohe Zustimmung in der Bevölkerung

Schneider nannte als ein Erfolg der Proteste, dass die Landwirtschaft eine hohe Zustimmung in der Bevölkerung erfahren habe und weiter genieße. Das Thema Ernährungssicherung sei durch das Auftreten der Bauern in der politischen Diskussion verankert. Der Bauernverband habe sich mehr Gehör in der Politik verschafft. Ein aktueller Erfolg sei die Möglichkeit, den Schutzstatus des Wolfs herabzusetzen. Die Proteste der Bauern seien die perfekte Reaktion auf die Kampfansage der Bundesregierung gewesen. Derzeit sieht Schneider allerdings große Protestaktionen mit Schleppern nicht als passend, auch weil andere geopolitische Themen die öffentliche Diskussion beherrschten.

In seinem Vortrag unterstrich Schneider die Rolle des Bauernverbandes als „One-Stop-Shop“, also als Dienstleister, der für alle Belange der Landwirte zuständig sei. Das betreffe unter anderem die Agrarpolitik, die soziale Absicherung, die Ausbildung und die Probleme vor Ort. Ein dominierendes Thema sei die Bürokratie, die Berichts- und Dokumentationspflichten, die sich vor allem aus den EU-Verordnungen ergeben. Die hessische Landesregierung sei um den Abbau von Bürokratie bemüht, sagte Schneider und hob die Stabsstelle beim Minister für Entbürokratisierung, Manfred Pentz, hervor. Hier bringe sich auch der Hessische Bauernverband mit ein. Schneider wies auf den Strukturwandel hin. Von den derzeit 15 290 Betrieben in Hessen werden nach Schätzung der Statistiker im Jahre 2040 noch 12 000 existieren. Der Ausstieg sei fließend mit der Aufgabe der Tierhaltung und der Umwandlung von Haupterwerbs- zu Nebenerwerbsbetrieben. Diese Entwicklungen begleite der Verband zum Wohle der Familien.

Der Strukturwandel hat auch Einfluss auf die Politik und die Interessenvertretung, wie Schneider verdeutlichte. So hätten nur noch 19 von insgesamt 735 Bundestagsabgeordneten einen landwirtschaftlichen Hintergrund. Der Bauernverband versucht unter anderem mit Lobbyarbeit die Interessen zu vertreten, erläuterte Schneider. Insgesamt gebe es in Berlin 5 000 bis 6 000 gemeldete Interessenvertreter. Der DBV setzt nach Darstellung von Schneider seine Mittel sehr gezielt für die Arbeit mit den Parlamentariern ein. Greenpeace beispielsweise verfüge über ein vielfach größeres Budget (bei weit weniger Mitgliedern als der Bauernverband), setze seine Mittel dagegen vorrangig für Kampagnen ein.

Offensiv mit dem Thema Pflanzenschutzmittel

Wie Schneider weiter berichtete, geht der Berufsstand mit den Thema Pflanzenschutz sehr offensiv an die Öffentlichkeit. Auch die Forderung nach Einsatz von Glyphosat werde aufgrund der ökologischen Vorteile der nichtwendenen Bodenbearbeitung offen vertreten. Ein Landwirt kritisierte, dass in Wasserschutzgebieten Glyhosat verboten sei, durch das zur Unkrautbekämpfung erforderliche Pflügen aber Nitrat freigesetzt werde, zum Nachteil des Grundwassers.

Wie Heinz-Hermann Nau-Bingel in seinem letzten Bericht als Geschäftsführer erläuterte, hatte der Kreisbauernverband zum Ende des letzten Jahres 1 831 Mitglieder mit einer angeschlossenen Fläche von 36 690 Hektar. Schwerpunkte bei der Mitgliederbetreuung war die Beratung in Sozialversicherungsfragen, der Hilfe bei der Beantragung von Betriebsprämien und Agrardieselrückerstattung, die Erstellung von Nährstoffbedarfsermittlungen und Stoffstrombilanzen. Außerdem wurden wieder Stellungnahmen zu öffentlichen Baumaßnahmen erstellt. Ein Thema ist der Rhein-Main-Link und die Erdverkabelung. Nach der Vorstellung des Jahresabschlusses 2023 und der Finanzplanung 2024 wurden Vorstand und Geschäftsführung von der Versammlung einstimmig entlastet.

Als Mitglieder des Vorstandes wählte die Versammlung, neben Karin Lölkes, Walter Preuß und Josef Nau einstimmig wieder. Neu hinzugewählt wurden ebenfalls einstimmig Rainer Henz aus Moischt und Dennis Krause aus Schiffelbach.

Den scheidenden Geschäftsführer Heinz-Hermann Nau-Bingel bezeichnete die Vorsitzende Lölkes als loyal, immer ehrlich und zuverlässig. Außerdem verfüge er über ein enormes Fachwissen. Er sei ruhig und besonnen und führe auch Widerstreitende zusammen. Das sei eine große Gabe. Nau-Bingel war fast 35 Jahre beim Kreisbauernverband beschäftigt, davon neun Jahre als Geschäftsführer.

Sein Nachfolger Elmar Stein ist 48 Jahre alt und stammt aus Ebsdorfergrund-Beltershausen. Der Diplom-Agraringenieur hat in Gießen studiert und ist seit 20 Jahren in der Agrarbranche tätig. So war er unter anderem Geschäftsführer beim Maschinenring Wetterau und kurze Zeit bei der Oberen Flurbereinigungsbehörde. Anschließend bewirtschaftete er den elterlichen Betrieb mit Milchvieh. Der Betrieb wird heute mit Ackerbau im Nebenerwerb bewirtschaftet. Zuletzt war Stein als Verkaufsberater und Projektleiter bei einem Stalleinrichtungsunternehmen tätig. Der neue KBV-Geschäftsführer ist verheiratet und hat zwei Kinder.

CM – LW 50/2024