Gut bewirten und unterbringen

Perspektiven für Urlaub auf dem Bauernhof

„Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah!“, dichtete einst Goethe. Und immer mehr Deutsche tun es: Sie machen Urlaub im eigenen Land. Anbieter von Urlaub auf dem Bauern- und Winzerhof können von diesem Trend profitieren. Doch wie macht man als Anbieter von Urlaubsunterkünften auf sich aufmerksam? Wie sind die Perspektiven für dieses Einkommensstandbein?

Zum Urlaub auf dem Bauernhof gehören Tiere, die gestreichelt werden können.

Foto: imago images/imagebroker

„Urlaub auf dem Bauernhof ist immer noch eine gut nachgefragte Urlaubsform“, ist sich Marie-Luise Brandau sicher. Als eine von drei Ansprechpartnerinnen in Hessen für den Bereich Landtourismus und Erwerbskombination, angesiedelt beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH), berät sie Anbieter von Urlaub auf dem Bauernhof (siehe Infokasten, Seite II). Ihrer Erfahrung nach stellen die Hauptzielgruppen nach wie vor die Familien mit Kindern und Großeltern mit Enkelkindern dar. Außerdem würde der Dreigenerationen-Urlaub, also Großeltern, Eltern und Kinder, zunehmen. Entsprechend würden sich die Anforderungen und Bedürfnisse hinsichtlich des räumlichen Zuschnittes der Angebote ändern, so Brandau.

Gefragt sind Kurz- und Gruppenurlaube

Auch Spezialisierungen wie zum Beispiel Kinderbauernhöfe seien heutzutage erfolgreich. „Wir haben außerdem in den letzten Jahren festgestellt, dass der Ferienbauernhof für Gruppen interessant ist. Beispielsweise buchen sich befreundete Familien, die gemeinsam verreisen, auf den Höfen ein oder es findet ein Familientreffen auf dem Land statt“, informiert das Dreier­team des Landtourismus.

Nähe zur Natur

Dem Situationsbericht 2013/2014 des Deutschen Bauernverbandes (DBV) zufolge ist Deutschland mit einem Marktanteil von etwa einem Drittel das beliebteste Reiseziel der Deutschen. Dabei würden die Gäste besonders die Nähe zur Natur und die Schönheit der Kulturland­schaft schätzen. Das unmittel­bare Naturerleben erhöhe ge­­rade bei Kindern und Jugendlichen das Verständnis für Umweltbelange und die Wertschätzung gesunder Lebensmittel.

„Urlaub auf dem Bauernhof und Urlaub auf dem Land stellen für viele landwirtschaftliche Betriebe eine wichtige zusätzliche Einkommensquelle dar“, heißt es in dem Bericht. Rund 25 000 landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland würden Urlaub auf dem Bauernhof anbieten und mit ihren Angebo­ten der Vermietung und Ver­­pflegung einen Jahresumsatz von 1,1 Milliarden Euro erzielen – Tendenz steigend.

Bestehe auf den Höfen die Möglichkeit, dass die Gäste nur ein paar Tage bleiben können, liege der Anbieter voll im Trend, denn Kurzurlaube würden sehr stark nachgefragt. „Aufgrund der kürzeren Verweildauer der Gäste, müssen sich die Anbieter auf einen häufigeren Gästewechsel einstellen. Da die Urlaubsreisen außerdem heutzutage kurzfristig geplant und gebucht werden, erwarten die Gäste ein schnelles Reagieren auf ihre Anfrage. Es ist deshalb wichtig, dass die Betriebe Internet, E-Mail-Verkehr und Co. sicher beherrschen und anwenden“, raten die Beraterinnen. Grundsätzlich setze dies funktionierende Internetverbindungen voraus.

Die Vorteile der Region hervorheben

Dass sich der Landtourismus je nach Region ganz unterschiedlich aufstellen kann, liegt an den absolut unterschiedlichen Strukturen der Landstriche. Ein Anbieter in Großstadtnähe kann auf ganz andere Bedingungen und Netzwerke zugreifen als ein Betrieb in einem strukturschwachen Raum. Daher ist es wichtig, dem Gast die Vorteile der jeweiligen Region zu vermitteln.

Die Gäste in den Hofalltag integrieren

Noch viel wichtiger, um die Gäste zu begeistern, ist jedoch der landwirtschaftliche Betrieb an sich. „Gäste, vor allem Kinder möchten den Hofalltag erleben und mit einbezogen werden“, empfiehlt das Landtourismusteam. „Betriebe, die dies ermöglichen, sind gut nachgefragt.“ Ein weiterer Vorteil liegt in der Landwirtsfamilie selber. „Eine die Feriengäste bejahende, herzliche Anbieterfamilie ist der größte Erfolgsgarant“, sind sich die drei Beraterinnen einig.

Schwierig würde es für die Betriebe, wenn die Hofnachfolge nicht klar sei oder Ehegatten der Hofnachfolger einen qualifizierten außerlandwirtschaftlichen Beruf ausüben würden. „Dann steht das Fortführen des Betriebszweiges auf unsicheren Beinen, was dazu führen kann, dass das Angebot nicht mehr weiterentwickelt wird, Investitionsstaus entstehen und letztlich keine Marktfähigkeit mehr besteht“, so Brandau.

Beratung

Der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) bietet für Neueinsteiger und bestehende Betriebe entspre-chende Beratungen an.
Folgende Ansprechpartnerinnen stehen zur Verfügung:

Sigrun Krauch
63607 Wächtersbach
☎ 06053-7069077
sigrun.krauch@llh.hessen.de

Heidrun Baier-Linke
36304 Alsfeld
☎ 06631-786142
heidrun.baier-linke@llh.hessen.de

Marie-Luise Brandau
34117 Kassel
☎ 0561-7299309
marie-luise.brandau@llh.hessen.de

Beratung für Neueinsteiger und bestehende Betriebe

Die drei LLH-Beraterinnen für den Landtourismus unterstützen sowohl bereits bestehende Urlaubsanbieter als auch Neueinsteiger bei ihren Fragen rund um das Einkommensstandbein. „Bereits bestehende Betriebe können wir mit regelmäßigen Fortbildungsangeboten zu unterschiedlichen Themen erreichen. Einzelbetriebliche Beratung läuft kontinuierlich. Neueinsteiger werden durch bestehende Betriebe oder andere Verwaltungen sowie Institutionen an uns verwiesen. Manche finden uns über das Internet“, informiert das Beratungsteam.

Grundsätzlich raten die Expertinnen Neueinsteigern, den Einstieg in die Erwerbskombination gut zu überlegen, da dies in der Regel mit beträchtlichen Investitionskosten und arbeitswirtschaftlichen Auswirkungen verbunden ist. Bestehenden Betrieben raten sie, ihr Angebot regelmäßig kritisch zu überprüfen, „um Schwachstellen und ungenutzte Potenziale zu erkennen“.

Auf die Frage, ob die Betriebe genügend Werbung für ihre Angebote machen, sodass sie auch von Gästen gefunden werden, sagt Marie-Luise Brandau: „Der Internetauftritt ist inzwischen Standard, mit regionalen und überregionalen Vernetzungen. Allerdings sind hier teilweise inhaltliche Verbesserungen erforderlich. Dazu bieten wir entsprechende Beratungen an.“ Auf Prospekte kann nach Einschätzung der Beraterinnen momentan noch nicht verzichtet werden.

 

Bundesweite Plattform

Landsichten bündelt Angebote im Landtourismus

Landsichten.de ist eine bundesweite Plattform, die die vielfältigen Landerlebnisse in den Ländern präsentiert. Das Portal ermöglicht die Verknüpfung zu den LW-Gebieten Hessen (www.landsichten.de/hessen) und Rheinland-Pfalz (www.landsichten.de/rheinland-pfalz). Der Verein Bauernhof und Landurlaub in Hessen (BALUH) wirbt beispielsweise damit, dass Landsichten.de „die“ Internetadresse für Urlaub und Freizeit im ländlichen Raum sei. „Hier präsentiert sich das deutschlandweit größte qualifizierte Angebot an Unterkünften und Urlaubszielen im ländlichen Raum“, heißt es auf der Homepage. Laut BALUH beteiligen sich an der Plattform derzeit circa 2 800 Betriebe aus zwölf Bundesländern, davon zurzeit 47 aus Hessen. Bei einem Vergleich der Jahre 2012 und 2013 konnte eine Verdoppelung der Anfragen an die Betriebe festgestellt werden. Zudem seien die Besuche der Internetseiten „tendenziell steigend“. Interessierte Anbieter finden die notwendigen Kontaktmöglichkeiten auf der Internetseite.

Landservice

Um Gäste und Kunden auf sich aufmerksam zu machen, gibt es eine Vielzahl an Portalen im Internet – in den LW-Gebieten beispielsweise die Landservice-Portale:

www.landservice-hessen.de
Initiiert vom Regierungspräsidium Gießen stellen hessische Bauern und Winzer auf diesem Portal ihre Produkte und Serviceangebote vor – beispielsweise Ausflugstouren, Urlaubshöfe, Bauernhofcafés, bäuerliche Gastronomie, landfrische Produkte, Hofläden, Pferdepensionen und Reiter­höfe.

www.landservice-rlp.de
Dieses Portal ist ein Informationsangebot der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, das Dienstleistungen und Produkte von Landwirten und Winzern bündelt – unterteilt in Einkaufen, Einkehren, Erleben, Erkunden und Landurlaub.

SL – LW 6/2014