Gut für den Boden und fürs Futter
Erfolgreicher Erbsenanbau in Wörrstadt
Der kleine Boom, den der Erbsenanbau durch die mögliche Verwendung auf Greening-Flächen zuletzt erfahren hat, ist durch das Verbot von Pflanzenschutzmitteln auf diesen Flächen schon wieder abgeflaut. Christian Kussel baut in Wörrstadt seit Jahren erfolgreich Erbsen im Rahmen des Demonstrationsnetzwerks Erbse/Bohne an und ist von den Vorteilen der Frucht überzeugt.

Foto: Jochen Buß
Erbse als heimisches Futtermittel
Seit sieben Jahren bauen die Kussels auf mittlerweile zehn Prozent der Ackerfläche Erbsen an. Es gibt viele Gründe warum sich das für sie lohnt. Die Erbsen sind beispielsweise ein eiweißreiches, heimisches Futtermittel und werden nach Ausbau der Silos nun auch ganzjährig genutzt und komplett verfüttert. In der Vormast enthält das Schweinefutter sieben Prozent, in der Endmast zwölf Prozent Erbsen. Hauptkompontente im Schweinefutter ist Futtergerste (zirka 77 Prozent), nur etwa acht Prozent Sojaschrot werden noch zugekauft, um die Versorgung mit essenziellen Aminosäuren zu gewährleisten. „Die Schweine sind etwas beleidigt, wenn der Erbsenanteil zu hoch ist“, scherzt Christian Kussel. „Das schmeckt ihnen dann zu bitter.“ Zwei Jahre haben die Kussels auch Soja angebaut; die Erträge waren aber relativ enttäuschend. Dazu kommt, dass Soja getoastet werden muss und danach nur begrenzt haltbar ist. Die nächste Aufbereitungsanlage war 150 Kilometer entfernt. „Alles in allem hat sich der Sojaanbau für uns als nicht praktikabel herausgestellt und wir haben sie wieder ad acta gelegt“, resümiert Kussel.
Enormer Vorfruchtwert
Zweiter Vorteil der Erbsen: Ihr Vorfruchtwert für die Nachfolgekultur beträgt 100 bis 150 Euro pro Hektar. Die Erbse hinterlässt eine gute Bodenstruktur, sodass in der Regel auf eine Grundbodenbearbeitung verzichtet werden kann. Auch die Stickstofffixierung macht sich positiv bemerkbar. Im Durchschnitt werden nach Erbsen Mehrerträge von 5 bis 10dt/ha erreicht. Als Sommerung leistet sie einen Beitrag zur Eindämmung von Ackerfuchsschwanz. Die Kussels machen mit beim Programm „Entwicklung von Umwelt, Landwirtschaft und Landschaft“ (EULLa), mit dem das Land Rheinland-Pfalz eine umweltschonende und nachhaltige Landwirtschaft fördert. Daran geknüpft sind beispielsweise vielfältige Fruchtfolgen und ein Anteil von mindestens zehn Prozent Leguminosen. 90 Euro Prämie gibt es pro Hektar. Kussel nutzt soweit wie möglich ackerbauliche Methoden. Seit 20 Jahren wirtschaftet der Betrieb beispielsweise pfluglos. Dies fördert das Bodenleben und bietet einen guten Erosionsschutz.
Ackerbauliche Maßnahmen first
Schon Christians Vater Klaus hat die „Arbeitsgruppe Integrierter Landbau (AGIL)“ mit gegründet, eine Gruppe von 40 Landwirten aus Rheinhessen, der Pfalz und dem Rhein-Main-Gebiet, die für ihre Ackerbaubetriebe die umweltschonende Landnutzungsform gewählt haben. „Man kann es runterbrechen auf die einfache Formel, so wenig wie möglich, so viel wie nötig“, kommentiert Christian Kussel. Ackerbauliche Lösungen zieht er chemischen Dünge- und Pflanzenschutzmitteln vor. In einem Herbst mit durchschnittlichen Niederschlägen reicht die mechanische Unkrautbekämpfung mit Striegel und Grubber aus. Nur wenn es besonders nass ist und er gar nicht mehr auf den Acker kommt, setzt Kussel ein Totalherbizid ein. Wachstumsregler braucht er in der Region mit einer häufigen Vorsommertrockenheit nur sehr selten. „Es ist ein Gebot der Zeit, verantwortungsvoll mit Pflanzenschutzmitteln umzugehen“, findet er. „Einmal, weil es immer weniger zugelassene Mittel gibt, zum zweiten, weil Wirkungsverlust und Resistenzentwicklungen zunehmen.“ Kussel hat es selbst erlebt bei einem Mittel gegen Ungräser, dass zunächst sehr gut, dann plötzlich gar nicht mehr wirkte. „Da ist es doch besser, wenn man die Mittel sparsam verwendet, sodass sie auch wirken, wenn man sie braucht.“
Seine Erfahrungen gibt Kussel gerne weiter und mag den Austausch mit Kollegen. „Das hat mich motiviert, im Demonstrationsnetzwerk Erbse/Bohne (DemoNetErBo) mitzumachen. Der Erfahrungsaustausch untereinander gibt einem immer wieder neue Ideen und Impulse“, berichtet Kussel. Kussel sieht aber auch durchaus die Probleme beim Erbsenanbau: „Je nach Witterung kann die Ernte mühsam sein, insbesondere wenn der Bestand zusammenbricht und der Boden feucht ist. Und der Schädlingsdruck durch Erbsenwickler und Blattläuse wird einfach größer. Wir müssen darauf immer neu reagieren und die empfindliche Erbse immer ganz genau beobachten.“ Große Probleme sah Kussel auf sich zukommen, als im Sommer ein heftiges Gewitter mit Sturm, Starkregen und Hagel auf die druschreifen Erbsen niederging. Innerhalb von 25 Minuten fielen 20 Liter Niederschlag. Zwei Tage später kamen die Hagelschätzer und stellten einen Schaden von 15 Prozent fest. Zum Glück war der Bestand aber nicht zusammengebrochen. Durch trockenes und windiges Wetter sind die Erbsen wieder sehr gut abgetrocknet und die Ernte konnte wenige Tage später beginnen. „Trotz des etwas feuchten Bodens ließen sich die Erbsen sehr gut dreschen und wurden mit einer Kornfeuchte von etwa 14 Prozent direkt eingelagert.“ Mit dem Ertrag von 45 dt/ha ist er zufrieden.
Das Netzwerk nutzen
Der Betrieb Kussel ist einer von 75 Demonstrationsbetrieben in Deutschland, die zeigen, wie Anbau und Wertschöpfung von Erbse und Bohne gelingt. Etwa 60 Prozent davon wirtschaften konventionell, 40 Prozent ökologisch. Sie zeigen innovative Ansätze auch zur Verwertung von Erbsen und Bohnen. Dazu veranstalten sie Feldtage und Betriebsbesichtigungen und sind Ansprechpartner für Berufskollegen. Informationen rund um die beiden Kulturen und das Netzwerk sind unter www.demoneterbo.agrarpraxisforschung.de zu finden.
Hella Hansen, FiBL – LW 40/2017