Wir wollen doch nur Gemüse und Kartoffeln anbauen

Kreisversammlung Rhein-Pfalz aus Mutterstadt

Vergangenen Montag fand die Jahreskreisversammlung des Kreisverbandes Rhein-Pfalz im Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd im Palatinum in Mutterstadt statt. Kreisvorsitzender Johannes Zehfuß hat Olaf Feuerborn, den Präsidenten des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt eingeladen. Der in vielen Gremien aktive Landwirt sprach zum Thema „Herausforderungen für den Gemüse- und Kartoffelanbau gestalten“.

Kreisvorsitzender Johannes Zehfuß verwies in der Pflanzenschutzmitteldiskussion darauf, dass in Anwendung und Technik bereits Quantensprünge vollzogen wurden.

Foto: Setzepfand

Feuerborn bewirtschaftet mit seiner Frau und den vier Kindern seit 1994 in Prosigk-Cosa bei Köthen rund 1 000 ha Ackerland, davon Raps, Körnermais, Kartoffeln, Erdbeeren und Gemüse. Im hofeigenen Hofladen werden Kartoffeln, Erdbeeren, Eier, Eierlikör, Fruchtaufstriche, Kürbisse, Heuballen, Strohballen und Weizen verkauft – mittlerweile auch rund um die Uhr mittels Regiomat. „Mein Steckenpferd sind die Kartoffeln“, sagte Feuerborn. Das wurde dem gebürtigen Rheinländer, dessen zwei Söhne mittlerweile den Betrieb führen, in die Wiege gelegt. BWV-Kreisvorsitzender Johannes Zehfuß zeigte sich erfreut über den Besuch Feuerborns, der neben seiner Tätigkeit als Bauernverbandspräsident in Sachsen-Anhalt auch bei der Bundesvereinigung Obst und Gemüse engagiert ist sowie bei der Unika, der Union der Deutschen Kartoffelwirtschaft. Hier wurde Feuerborn Anfang Februar erneut zum Vorsitzenden gewählt. Am Beispiel der Unika zeichnete er die Lobbyarbeit für die Landwirte auf. Feuerborn schätze die Struktur der Unika, in deren Fachkommission bereits BVL und die Landwirtschaftskammern sitzen. Diese haben dann oftmals Probleme zumindest schon mal gehört oder, im Fall der Kammern, beginnen praxisorientiert nach Lösungen zu suchen. In dieser Fachkommission gehe es auch um Technik in der Kartoffelwirtschaft, hier werde es Lösungen geben müssen gegen die Durchwuchskartoffeln.

Durchwuchskartoffeln werden ein Problem

„Denn in den vergangenen Wintern ist der Frost keine 30 cm tief gekommen, das wird ein Problem“, konstatierte Feuerborn. Zudem sehe er die stets geforderte Begrünung als Infektionsquelle für Krankheiten.

Die mangelnden Niederschläge im Rahmen des Klimawandels führten Feuerborn dazu, dass er nur noch dort Gemüse und Kartoffeln anbaut, wo eine Beregnung vorhanden ist. Viele seiner Flächen liegen in einem Trinkwassergebiet, der Wasserstand der Brunnen sei in den vergangenen fünf Jahren gesunken und selbst im Winter seien nur die oberen 30 bis 40 cm seiner Ackerböden befeuchtet, während unten alles trocken ist. „Das sind gravierende Änderungen im Anbau, die da auf uns zukommen“, bemerkte Feuerborn.

Hier wähnen sich die Pfälzer Gemüsebauern sicher angesichts der weisen Voraussicht der Ahnen beim Bau des Wasser- und Bodenverbandes zur Beregnung der Vorderpfalz. Zehfuß dankte Wolfgang Renner für sein Engagement beim Beregungsverband und wies darauf hin, dass es nun an der Zeit sei, einen neuen Generalplan Wassermanagement aufzustellen, um die Trinkwasservorräte zu schonen und die Klimaanpassung für alle in der Region erträglich zu gestalten. „Dies ist eine Herkulesaufgabe, die Mut braucht und nicht zwei sich blockierende Ministerien in Mainz“, so der Kreisvorsitzende.

Ohne Wasser wird weniger geerntet

Doch unabhängig der Tatsache, dass ohne Wasser weniger geerntet werde, was Feuerborn im Jahr 2018 enorm zu spüren bekam als von April bis November kein einziger Tropfen Wasser auf seine 100 ha Kartoffeln in Cosa fiel, sei es aufgrund des Ukraine-Krieges derzeit schwierig die höheren Produktionskosten an die Verbraucher weiterzugeben.

Zudem informiere Unika Politiker über die Wertschöpfungskette Kartoffel und mit der Universität Göttingen werde sogar ein Studienmodul „Kartoffelproduktion“ über einen Sommer für Branchenfremde angeboten. Letzteres sei sehr gefragt.

Olaf Feuerborn, der Präsident des Bauernverbandes von Sachsen-Anhalt ist in vielen Gremien aktiv. Sachlich weist er die Politik auf Mißstände hin.

Foto: Setzepfand

Politisch erreichte die Unika eine Ausnahmeregelung für den Standard GLÖZ 6, gegen den Drahtwurm wurde Spintor regulär zugelassen und eine Notfallzulassung erhielt Attracap vom 20. Februar bis 9. Juni 2023 auf Nachfrage beim DLR Rheinpfalz. „Es wird immer schwieriger die Notfallzulassungen zu erhalten. Sie sind unsere einzige Rettung“, sagte Feuerborn. Das sei auch im Gemüsebau so. Für die Gemüseerzeuger ist die Herkunftskennzeichnung sehr wichtig, werden jedoch im Lebensmitteleinzelhandel von den Wirtschaftsverbänden abgelehnt. „Wir brauchen dringend einen Lieferkettendialog, denn Ungemach droht auch vom Lieferkettengesetz, zu dem auch der kleine Landwirt zählt. Dort steht, dass das Arbeitszeitgesetz einzuhalten ist, wozu auch das Zahlen von Ãœberstundenzuschlägen gehöre.“

Von Unika wurden die Lebensmitteleinzelhändler in Deutschland zum Lieferkettendialog angeschrieben und um Gespräche gebeten. Man wies auf die problematische Lage der Erzeuger bei extrem hohen Produktionskosten hin und dass viele Erzeuger aufgeben müssten. „Nur Lidl hat sich die Problematik angehört“, bemerkte Feuerborn. Man habe dargelegt, wie es um die Produktion im Gemüse- und Kartoffelanbau steht und dass die Produktion ins Ausland wandere, wenn sich nichts ändere. Lidl stehe laut eigenen Angaben zum deutschen Anbau.

Zum Schluss seines Vortrags verteidigte Feuerborn das QS-System, das aus dem Berufsstand heraus gegründet wurde. „Auch wenn es Kritik gibt, QS gilt es hochzuhalten.“ Man sehe wohin es geht, wenn der LEH die Zügel in der Hand halte, die Partner wie Greenpeace, Nabu oder BUND sitzen da direkt am Tisch und reden bei den Zertifizierungen mit, das werde immer komplizierter für die Betriebe.

„Wir wollen doch nur Gemüse und Kartoffeln anbauen“, sagte Feuerborn. Doch wenn er auf seinen 40er Böden sechs Jahre in Folge kaum etwas ernten kann, dann überlege er schon, dort PV-Anlagen zu bauen, sofern es eine Genehmigung geben würde. Den Pfälzer Landwirten riet Feuerborn, das Wasser in der Fläche zurückzuhalten und beim Abwasser, das täglich produziert wird, genauer hinzuschauen. Pflanzenschutz sei ein Teil, doch die Medikamente darin sind ein sehr viel größerer Teil, der meist verschwiegen werde. „Da müssen wir selbst die Beweisführung in die Hand nehmen“, schloss der Bauernaktivist. Er zeigte sich erfreut, dass zahlreiche junge Landwirte im Saal saßen, denen er mit auf den Weg gab, sich zu engagieren und die Dinge selbst in die Hand zu nehmen, am besten im Bauernverband: „Geben Sie nicht auf, kämpfen Sie.“

Unsere Böden sind zu wertvoll für PV

Es schloss sich eine kurze Diskussion an, bei der die Befürchtung geäußert wurde, dass es im kommenden Frühjahr erst recht einen harten Preiskampf im LEH geben werde. Feuerborn sagte dazu, dass im vergangenen Jahr ein trockener heißer Sommer Regie führte, sodass die Qualität der Kartoffeln Wünsche offen lassen und die Mengen in den Lagern gering sind. Er mutmaße, dass bis zum Start der Frühkartoffelsaison der Preis bereinigt sein müsste. Und zum Lager meinte er, das werde teuer bleiben auch in diesem Jahr, sodass eventuell mehr Kartoffeln direkt auf dem Markt landen.

Wahlen

Kreisvorstand gewählt

Im Rahmen der Jahreskreisversammlung im Rhein-Pfalz-Kreis wurde die Hälfte des Kreisvorstandes gewählt. Der Bezirksgeschäftsführer im Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd Dirk Gerling nahm die Wahl vor. Aufgestellt hatten sich Thomas Becker aus Dudenhofen, Uwe Beutelmann aus Hochdorf-Assenheim, Simon Fink aus Heßheim und Peter Magin aus Frankenthal-Eppstein. Sie wurden alle gewählt.

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Nicht alle Faktoren, die Olaf Feuerborn in seinem Vortrag ansprach, passen auf die Vorderpfalz, dem dicht besiedelsten Landkreis in Rheinland-Pfalz, wie Landrat Clemens Körner feststellte. Er kritisierte in der Politik die viel zu ideologischen Entscheidungen wie das Verbrenner-Aus. „Wo soll der Strom herkommen? So viel Freiflächen können wir gar nicht mit Photovoltaik bebauen. Unsere Böden sind zu wertvoll, um diese mit PV zuzubauen“, betonte Körner. Doch dass die aktuelle Lage auch Dinge in die Gänge bringe, die schon seit Jahren angestoßen werden und nie Gehör fanden, das begrüße er. Gemeint ist die Biogasanlage, die aus Gemüseresten bestückt werden soll. Endlich sei deren Zeit gekommen. Mit dem speicherbaren Biogas habe man dann einen regionalen Weg aus der Energiekrise.

Zehfuß versprach, dass Feuerborn Mut machen werde. Das relativierte dieser, letztlich kann er als Vorbild gesehen werden, all die Probleme, die Zehfuß zu Beginn seiner Rede ansprach, anzupacken: Die Düngeverordnung, die EU-Pläne für den Pflanzenschutz, die Energiekrise ausgelöst durch den Ukraine Krieg, den Mindestlohn, die geringen Erzeugerpreise, der Kampf um die Ackerflächen in der Region, die Wasserverteilung und die Klimaanpassung. „Das alles braucht Fingerspitzengefühl“, betonte Zehfuß.

Zum Abschluss gab Hauptgeschäftsführerin Andrea Adams Hinweise zur Sozialversicherungswahl vor. Demnach gibt es unter der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräft (SofA) neun Listen. Die Liste 5 wurde extra vom BWV und HBV aufgestellt. Adams empfahl den Landwirten den erhaltenen Fragebogen ausgefüllt zurückzuschicken, denn nur dann kann man an der Wahl teilnehmen, um bei der eigentlichen Briefwahl die Liste 5 zu unterstützen, damit ein Vertreter aus dem Verbandesgebiet in die Vertreterversammlung der SVLFG gelangt.

zep – LW 10/2023