Der milde Winter erfordert frühe Maßnahmen

Ungras- und Unkrautkontrolle im Wintergetreide

Der Winter präsentierte sich bislang sehr mild und die Bestände sind weitge­- hend ergrünt. Auch die Verunkrautung nimmt schon an Fahrt auf. In diesem Jahr wird es allgemein wichtig sein, frühzeitig mit der Unkraut- und vor allem der Ungrasbekämpfung zu beginnen. Besonders auf Flächen, die im Herbst wegen Nässe nicht mehr behandelt werden konnten, müssen effektive Lösungen gefunden werden.

Der Einbau einer Sommerung und wendende Bodenbearbeitung können den Besatz mit Ackerfuchsschwanz deutlich reduzieren.

Foto: Dr. Dicke

Der Frostschutz im Getreide ist weitgehend abgebaut. Wenn allerdings nach einer frühen Herbizidbehandlung noch einmal starke Fröste auftreten, wie es im März keine Seltenheit ist, könnten Kulturschäden durch Frost stärker zu Buche schlagen, da jede Herbizidbehandlung auch eine vorübergehende Schwächung der Kulturpflanze bedeutet. Andererseits werden besonders die einjährigen Samenunkräuter und -ungräser allgemein im frühen Stadium am Wirkungsvollsten bekämpft.

Wichtig ist, bei den Herbizidbehandlungen ein besonderes Gewicht auf die Bekämpfung der Ungräser zu legen. Hier gilt es abzuwägen, wann in Abhängigkeit der Situation auf den Feldern und auch nach den Ansprüchen der Herbizide an die äußeren Bedingungen behandelt werden muss. Im Zweifel sollte man den für die Region zuständigen amtlichen Pflanzenbauberater hinzuziehen.

Herbizide haben unterschiedliche Ansprüche an äußere Bedingungen

Temperatur, Luftfeuchte und Niederschlag beeinflussen die Wirksamkeit der Präparate individuell sehr unterschiedlich. Bei bodenwirksamen Präparaten darf der Boden nicht zu trocken sein. Wasseraufwandmenge und Düsenwahl müssen zusammen passen.

Einschränkungen
beachten

Grundsätzlich ist zu beachten, dass der Herbizideinsatz im Frühjahr auf drainierten Flächen eingeschränkt ist. Die Mittelwahl sollte auf die jeweilige Leitverunkrautung abgestimmt werden. Die Auflagen für die Anwendung der Produkte sind unbedingt einzuhalten.

Dr. Dicke

Das Entwicklungsstadium der Unkräuter sowie die Wachsschicht der Kultur und der Unkräuter müssen ebenfalls berücksichtigt werden. Bei einer Mischung von Herbiziden müssen die Ansprüche der Partner an die äußeren Bedingungen sehr ähnlich sein, da sonst nur ein Partner wirkt und die Minderwirkung des Mischpartners zu unbefriedigenden Wirkungsgraden führt.

Wenn alles richtig gemacht wurde und trotz Berücksichtigung der Ansprüche nach einer Herbizidbehandlung noch Pflanzen stehen bleiben, könnten Resistenzen im Spiel sein.

Sind Resistenzen im Spiel?

Seit einigen Jahren wird ein Anstieg resistenter Ungräser beobachtet, so beim Ackerfuchsschwanz vorwiegend gegen Herbizide der Wirkstoffklasse A (ACCase-Hemmer) aber auch B (ALS-Hemmer) und bei Windhalm gegen die Wirkstoffklasse B. Erstmalig konnte im vergangenen Jahr auch eine Wirkortresistenz bei Tauber Trespe gegenüber der Wirkstoffklasse A nachgewiesen werden.

Schon seit langer Zeit sind keine neuen Wirkstoffgruppen auf den Markt gekommen, die jedoch für ein wirkungsvolles Resistenzmanagement (Wechsel der Wirkstoffgruppen) unbedingt benötigt werden. Bei der Planung der Unkrautbekämpfung muss über die gesamte Fruchtfolge und auch zwischen Herbst- und Frühjahrsanwendung darauf geachtet werden, dass insbesondere die Wirkstoffklassen A beziehungsweise B schon gar nicht solo jeweils in Folge eingesetzt werden, da sonst resistente Gräser heraus selektiert werden könnten.

Der Wechsel der Wirkstoffgruppen ist wichtig, um das Wirkpotenzial der vorhandenen Herbizide möglichst lange zu erhalten. Die Wirkstoffe zur Unkrautbekämpfung sind vom HRAC (Herbicide Resistance Action Committee) nach Wirkmechanismus klassifiziert worden, und die jeweilige Wirkstoffklasse ist auf der Produktbeschreibung der einzelnen Herbizide vermerkt.

Schadpflanzenbesatz auf niedrigem Niveau halten

Grundsätzlich muss der Schadpflanzenbesatz (Ungräser und Unkräuter) auf den Flächen schon durch die ackerbaulichen Maßnahmen auf einem sehr niedrigen Niveau gehalten werden. Denn je verunkrauteter das Feld ist, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von natürlich vorkommenden resistenten Pflanzen, die sich dann vermehren können. Die ackerbaulichen Maßnahmen, die zur Reduzierung der Verunkrautung beitragen, werden in den Winterveranstaltungen und auch in vielen Fortbildungsveranstaltungen im Rahmen der Sachkunde ausführlich vermittelt und sind auch im Hessischen Ratgeber für Pflanzenbau und Pflanzenschutz beschrieben. Wichtige Stellschrauben sind Fruchtfolge, Art der Bodenbearbeitung sowie der Aussaattermin.

Eine neue Studie aus dem Jahr 2013, in der mehr als 25 Versuchsberichte ausgewertet wurden zeigte, dass der Einbau einer Sommerung den Besatz von Ackerfuchsschwanz um 88 Prozent, die wendende Bodenbearbeitung diesen um 68 Prozent und die Verzögerung des Saattermines im Herbst den Besatz um 50 Prozent reduzieren konnte. Diese Werte sind natürlich nicht statisch zu sehen. Sie zeigen jedoch, dass die ackerbaulichen Maßnahmen eine große Wirkung haben.

Nicht überall können alle ackerbaulichen Möglichkeiten zur Verringerung der Ungrasdichte angewendet werden. Auch wenn einzelne resistenzfördernde Produktionsverfahren nicht veränderbar sind sollte jedoch geprüft werden, welche anderen ackerbaulichen Möglichkeiten bestehen, um das Resistenzrisiko insgesamt so gering wie möglich zu halten.

Behandlung gegen Gräser mit Herbstvorlage

Wintergerste sollte bereits im Herbst mit Bodenherbiziden behandelt worden sein. Eine Nachbehandlung im Frühjahr sollte die Ausnahme bleiben, denn im Frühjahr gibt es für diese Kultur nur wenige Möglichkeiten:

Gegen Gräser kann mit den Herbiziden der Wirkungsklasse A, also Axial 50 und Ralon Super (Schwäche bei Windhalm) sowie früh mit reinen IPU-Präparaten (Wirkungsklasse C) (Indikation Windhalm) behandelt werden (sofern IPU noch wirkt). Auf Standorten, auf denen Ralon Super gegen Ackerfuchsschwanz nicht mehr die volle Wirkung zeigt, wird Axial 50 auch keine Höchstleistungen mehr bringen.

Wenn im Winterweizen im Herbst mit Kombinationen aus Bodenherbiziden und ALS-Hemmern (Wirkstoffgruppe B) wie zum Beispiel Lexus vorgelegt wurde, kann mit Herbiziden der Wirkstoffgruppe A wie Ralon Super oder Traxos im Frühjahr gegen Ackerfuchsschwanz nachbehandelt werden, sofern dieses notwendig ist. Folgebehandlungen im Frühjahr mit Atlantis oder Broadway, allerdings erst bei deutlichem Vegetationsbeginn, wären umgekehrt dort geeignet, wo im Herbst mit dem Soloeinsatz von Bodenherbiziden kein ausreichender Wirkungsgrad erzielt wurde.

Behandlungen gegen Gräser ohne Herbstvorlage

Wurde im Herbst keine Behandlung gesetzt, sollte der Herbizideinsatz im Frühjahr 2014 unter Berücksichtigung der Ansprüche des jeweiligen Präparates an die äußeren Bedingungen so früh wie möglich erfolgen. Eine frühe Behandlung ermöglicht auch die Kombination von AHL mit Herbiziden wie zum Beispiel Attribut, Caliban Duo, Ciral und reinen IPU-Präparaten (Indikationszulassung beachten).

In Winterweizen kann zur Gräserbekämpfung zusätzlich auf Sulfonylharnstoffe zurückgegriffen werden. Aus der Palette der Sulfonylharnstoffe (WK B) seien beispielhaft Atlantis WG, Broadway, Husar OD (nur im Windhalmbereich einsetzen) genannt. Auf Flächen mit sehr starkem Ackerfuchsschwanzbesatz, auf denen 300 g Atlantis nicht mehr wirken, sollte auch kein Broadway eingesetzt werden. Hier empfiehlt es sich, die Aufwandmenge von Atlantis auf 500 g/ha zu setzen.

Zumischungen mit Hoestar Super haben sich bei Atlantis WG und Husar OD bei entsprechender Verunkrautung bewährt. Als Mischpartner zu Broadway bietet sich bei entsprechender Verunkrautung Dirigent SX an. Das neue Husar Plus wird auf Windhalmflächen eingesetzt, wirkt aber auch gut gegen Weidelgrasarten, Rispen sowie Flughafer. Daneben werden auch zweikeimblättrige Unkrautarten abgedeckt. Bei Mischungen mit AHL ist dann auf den Zusatz von Mero zu verzichten.

Das schon erwähnte Mittel Broadway, ebenfalls aus der Wirkstoffklasse B, passt besonders gut auf Standorte mit breiter Mischverunkrautung und Gräserbesatz einschließlich Weidelgras. Sollte neben Windhalm auch Ackerfuchsschwanzbesatz vorhanden sein, ist die empfohlene Aufwandmenge für Ackerfuchsschwanz zu wählen.

Nachbau, Mischbarkeit und Wirkungssicherheit

Vor dem Einsatz von Sulfonylharnstoffen (WK B) im Frühjahr ist immer deren Auswirkung auf die Folgekultur zu berücksichtigen. Nach dem Einsatz von Sulfonylharnstoffen wird der Nachbau von zweikeimblättrigen Zwischenfrüchten einschließlich Winterraps nicht empfohlen. Besonders bei längerer Trockenheit und geringer Bearbeitungstiefe bei der folgenden Bodenbearbeitung sind Schäden nicht auszuschließen.

Auch bei Monitor ist der Nachbau zweikeimblättriger Zwischenfrüchte und Rüben ausgeschlossen. Dies gilt auch für die höheren Aufwandmengen bei Atlantis WG (0,4 und 0,5 kg/ha). Diese Problematik kann bei der Kombination mehrerer Sulfonylharnstoffe noch verstärkt werden.

Rein IPU-haltige Präparate sind prinzipiell mit allen anderen Herbiziden mischbar. Bei Axial 50 und Traxos scheiden Mischungen mit Carfentrazon-haltigen (Artus, u.a.) und wuchsstoffhaltigen (über 900g Wirkstoff/ ha) Herbiziden aus. Ebenso sind Mischungen mit dem Wachstumsregler Medax Top ausgeschlossen.

Problembereich Taube Trespe

Nest mit Tauber Trespe.

Foto: Dr. Dicke

Mit Monitor, Attribut und Atlantis kann gegen Trespen vorgegangen werden. Bewährt hat sich im Frühjahr bei stärkerem Trespenbesatz eine Splittinganwendung im Abstand von zehn bis vierzehn Tagen.

Zum Beispiel kann einer frühen Attribut-Vorlage (100g/ha+Additiv) ab BBCH 13 zehn bis 14 Tage später eine Monitor-/Monfast- Applikation (15g/ha) folgen. Des Weiteren können 500 g/ha Atlantis WG ab BBCH 21 eingesetzt werden, eine vollständige Bekämpfung wird aber oft nicht erreicht. Zu beachten ist, dass bei diesen Präparaten der nachfolgende Anbau von Raps und Zwischenfrüchten ausgeschlossen ist.

Kommen Trespen nur im Vorgewende und am Rand vor, ist eine speziell auf Trespen ausgerichtete Teilflächenbehandlung ausschließlich in Bereichen mit Trespenverunkrautung empfehlenswert. Das macht im Hinblick auf das Resistenzmanagement Sinn, wenn im Herbst bereits ein Sulfonylharnstoff eingesetzt wurde. Ansonsten besteht die Gefahr, dass durch den Verzicht auf den Wirkstoffwechsel auf dem restlichen Feld resistenter Ackerfuchsschwanz heraus selektiert wird.

Storchschnabel und Kornblume

Wurden im Herbst Stomp aqua und Co, Lexus, Fenikan, Herold oder Bacara Forte eingesetzt, konnten Storchschnabel und Kornblume in der Regel erfasst werden, sodass im Frühjahr kein Handlungsbedarf mehr besteht. Im vergangenen Herbst musste aber auf den Herbizideinsatz oftmals verzichtet werden, da die Flächen wegen Nässe nicht befahrbar waren. Ohne Herbstbehandlung können diese Unkräuter im Frühjahr auffällig werden.

Storchschnabel kann gut mit Artus oder Dirigent SX bekämpft werden. In einigen Regionen tritt auch die Kornblume in einem bekämpfungswürdigen Maß auf. Mit beispielsweise Primus Perfect oder Dirigent SX lässt sich die Kornblume in den Griff bekommen. Bei größeren Pflanzen kann Ariane C (auch gegen Disteln) bis zum BBCH Stadium 39 in Wintergetreide eingesetzt werden. Eine Aufwandmengenreduzierung ist nicht sinnvoll.

Grundsätzlich sollte die Mittelwahl auf die jeweilige Leitverunkrautung abgestimmt werden: Auf der Homepage des Pflanzenschutzdienstes ist im Internet unter www.pflanzenschutzdienst.rp-giessen.de in der Rubrik „Ratgeber Pflanzenschutz“ ein neues Programm namens „Herbizidfinder“ eingestellt. Der Herbizidfinder wird vom LLH und PSD gemeinsam betrieben und ständig weiterentwickelt. Er erleichtet das Auffinden wirksamer Lösungen nach Eingabe der zu bekämpfenden Leitunkräuter und Ungräser in das Programm.

Tabellen zu diesem Artikel sind hier zu finden oder können bei der Redaktion an­gefordert werden.

Dr. Dominik Dicke, Rp Gießen, Pflanzenschutzdienst  – LW 8/2014