Was sagen die Praktiker?

Furcht vor Preisentwicklung und Kaufzurückhaltung

Die Öko-Feldtage bieten sowohl für Ökolandwirte als auch für konventionell wirtschaftete Praktiker eine große Informationsvielfalt. Das LW hat Praktiker befragt, was für sie interessant ist und welche Stimmung auf dem Betrieb herrscht.

Rolf Radu

Foto: Mohr

Rolf Radu bewirtschaftet mit seinerFamilie einen Demeterbetrieb, den Rathsbacher Hof in Weilmünster-Ernsthausen. Er macht sich große Sorgen, einmal mit Blick auf die Politik, aber auch in Hinblick auf den Markt und die steigenden Kosten. Er liefert seine Milch an die Schrozberger Molkerei, eine genossenschaftliche Demeter-Molkerei im Landkreis Schwäbisch Hall. Der Milchpreis liege derzeit nur 2 Cent über dem der konventionell erzeugten Milch, berichtet Radu. Dabei steigen im Ökolandbau wie auch im konventionellen Betrieben die Kosten beträchtlich, etwa für Mineralfuttermittel und alle Betriebsmittel. Bei den Biobetrieben wird aber aufgrund der mechanischen Unkrautbekämpfung und der häufigeren Überfahrten mehr Diesel verbraucht. Jetzt fürchtet Radu aufgrund der gestiegenen Lebenshaltungskosten eine Kaufzurückhaltung der Verbraucher für die teureren Bioprodukte. Auch in seinem Hofladen, zu dem sehr treue Kunden kommen, stellt er eine Kaufzurückhaltung fest.

Ärger über Agrarpolitik

Zu allem komme auch noch der Rückgang der Zahlungen durch die neue Gemeinsame Agrarpolitik und die Unsicherheit über die entgültigen Regelungen. Radu ärgert sich auch über die 4 Prozent Stilllegung von Ackerflächen. Die Selbstbegrünung bedeutet das Aufkommen von Problemunkräutern, die im ökologischen Landbau noch schwieriger zu bekämpfen sind. Auf den Öko-Feldtagen wollte er sich speziell über Ökosaatgut sowie über Hack- und Striegeltechnik informieren.

Daniel Seipp bewirtschaftet zwei Ackerbaubetriebe bei Lich und in Nordhessen. Der Agrartechniker, der Ende März zum Vorsitzenden des Bauernverbandes Gießen/Wetzlar/Dill gewählt wurde, baut Zuckerrüben, Raps, Sommergerste und Weizen konventionell an. Er war beeindruckt von der großen Vielfalt der Aussteller auf den Öko-Feldtagen, die praktisch vom Saatgut bis zu Vermarktung der verarbeiteten Produkte die ganze Prozesskette vertrat. Angesichts der weiter zurückgehenden Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln beziehungsweise zunehmenden Resistenzen bei Unkräutern, beispielsweise bei Ackerfuchsschwanz, wollte er sich über mechanische Unkrautbekämpfung, insbesondere über Striegel, die Standardgeräte im ökologischen Landbau, informieren. Mit dem Gedanken, den Betrieb auf ökologische Bewirtschaftung umzustellen, trägt sich Seipp nicht. „Ich mache gerne konventionelle Landwirtschaft. Mir macht es Spaß, das Ertragspotenzial auszuschöpfen.“

Hans Trumpfheller, der in Bad König-Momart im Odenwald einen Grünlandbetrieb ökologisch bewirtschaftet, zeigte sich erfreut über die vielen Aussteller und die technischen Entwicklungen, die zu sehen waren. Interessant für ihn waren beispielsweise Striegel für die Grünlandpflege. Aufgrund der zunehmenden Trockenheit will er mehr Leguminosen, insbesondere Luzerne im Grünland etablieren. Trumpfheller hat vor zwölf Jahren seinen Betrieb umgestellt. Zuvor hatte er schon am Grünlandextensivierungsprogramm teilgenommen. Er hält 40 Mutterkühe und 150 Ziegen plus Nachzucht. Außerdem hat er ein Hühnermobil. Die Produkte werden selbstvermarktet. Auch Trumpfheller bereiten der Anstieg der Lebenshaltungskosten und die zurückgehende Bereitschaft der Verbraucher, für Lebensmittel einen höheren Preis zu zahlen, Sorgen. Dabei sind die Kosten für Kraftfutter insbesondere für die Hühner und für die Ziegen enorm gestiegen. Durch das Verbot des Kükentötens haben sich zudem die Legehennen enorm verteuert. Eine Biohenne kostete zuvor 11 Euro, jetzt sind es 21 berichtet Trumpfheller. „Damit wird dann der Bruderhahn mitfinanziert.“ Mittlerweile nehme er pro Ei 60 Cent. „Das ist sportlich.“ Er fordert, dass mehr Verkaufsförderung für Ökoprodukte betrieben wird. Gleichwohl befürchtet er, dass einige Betriebe wieder zurückumstellen werden.

Markus Eppstein bewirtschaftet in Weilmünster, wenige Kilometer vom Standort der Öko-Feldtage einen konventionellen Milchviehbetrieb. Er wollte sich über Fütterungstechnik und über Melkroboter informieren und sich den neuen Milchviehstall der Universität Gießen auf dem Gladbacher Hof anschauen. Derzeit melkt Eppstein in einem Doppel-7er-Melkstand hundert Kühe. Mit einem Roboter hat er vor, die Milchviehherde abzustocken. Außerdem wollte er sich Hacktechnik im Mais anschauen. Wichtig ist für ihn das Wassermanagement bei der zunehmenden Trockenheit.

CM – LW 27/2022