Bald 65 – welche Alternativen gibt es bei der Hofübergabe?

Samstagsseminar des KBV Werra-Meißner

In Reichensachsen fand vorletztes Wochenende das zweite Samstagsseminar des Kreisbauernverbandes Werra-Meißner statt. Dieses Mal lautete das Thema „Alternativen zur Hofübergabe“.

Horst Kupski, Vorsitzender des Kreis­bauernverbandes Werra-Meißner, erläuterte anhand des eigenen Betriebes die Verpachtung.

Foto: Franziska Wollandt

Die Zahl der Landwirte, die keinen direkten Hofnachfolger haben, stieg in den letzten Jahren zusehends. Diese Entwicklung bestätigte Willi Wege, Bereichsleiter des Fachbereichs Landwirtschaft und Bauwesen bei der Hessischen Landgesellschaft. Während es im Jahr 1991 noch gut 45 800 Landwirtschaftsbetriebe in Hessen gab, schrumpfte die Zahl bis 2010 auf knapp 17 800. Auch die Anzahl der Beschäftigten in der Landwirtschaft ging stark zurück. 1950 waren in Hessen 23,3 Prozent aller Beschäftigten in der Landwirtschaft tätig, heute sind es nur noch 0,9 Prozent. „Die Entwicklung wird sich weiter fortsetzen“, so Wege.

Frühzeitiges Gespräch mit allen Familienangehörigen

Das bedeutet, dass sich in Zukunft, Landwirte verstärkt damit beschäftigen müssen, was mit ihrem Betrieb geschieht, wenn kein Hofnachfolger zur Verfügung steht. Dabei machte er deutlich, dass es keine Pauschallösung gibt. Wichtig sei, frühzeitig alle Familienangehörigen zum Gespräch zu bitten, um mögliche Familienkonflikte zu vermeiden. Egal für was sich der Landwirt entscheidet, es müssen wichtige Fragen geklärt werden, wie zum Beispiel: Wie ist der Landwirt als Altenteiler in Zukunft abgesichert, wie gestaltet man Abfindungen gegenüber möglichen Erben oder was passiert beim Eintreten einer unvorhergesehenen Lebenssituation?

Knut Schellhase erläuterte Situatio­nen, wenn der Betrieb verkauft oder verpachtet werden soll.

Foto: Franziska Wollandt

Zudem empfahl Wege, unbedingt unabhängige Dritte bei Verhandlungen und Gesprächen mit hinzu zu ziehen. Vor allem bei der Bestandsaufnahme und Schätzung des Wertes des Betrie­bes sei es wichtig, einen externen Fachmann zu Rate zu ziehen.

Auch stellte er die Hessische Hofbörse des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen und der Hessischen Landgesellschaft vor. Diese ist ein kostenloser Marktplatz für Käufer und Verkäufer landwirtschaftlicher Betriebe. Der LLH und die HLG unterstützen die einzelnen Parteien wie bei der Existenzgründung, Produktionstechniken, Betriebswirtschaft, Finanzierung und Baufragen. Pro Jahr vermittelt die Hessische Hofbörse zwischen einen und fünf Betriebe.

Abschließend wies er darauf hin, dass es wichtig sei, sich frühzeitig mit der Hofnachfolge zu beschäftigen. „Dies ist ein komplexes Thema und eine Entscheidung, die man nur einmal im Leben trifft. So etwas sollte man nicht unter Zeitdruck entscheiden“, sagte Wege.

Verkauf des Betriebes bedeutet auch Auszug

Anschließend wurden vier Alternativen zur Hofübergabe beleuchtet. Dazu gehören der Verkauf oder die Verpachtung des Betriebes sowie das Abschließen eines Bewirtschaftungsvertrags oder Einbringen des Betriebes in eine andere Unternehmensform.

Fritz Römer: Wenn die Kinder einen anderen Beruf wählen, ist es schwer den Betrieb noch zu erhalten.

Foto: Franziska Wollandt

Zunächst berichtete Fritz Römer über den Verkauf seines Betriebes. Als klar war, dass keines der Kinder den Betrieb übernehmen würde, musste er sich eine Alternative überlegen. „Ein Verkauf eines Anwesens ist nicht einfach, man braucht viel Geduld“, so Römer. Vor allem wenn die Hofstelle auch noch denkmalgeschützt ist und der Betrieb in Ortslage liegt. Auf der Suche nach einem neuen zu Hause, wurden sie in Eschwege fündig und kauften sich dort ein Haus. „Fast der komplette Erlös aus dem Verkauf, floss in das neue Haus ein“, teilte Römer mit. Sein Appell an die anwesenden Landwirte war deutlich: „Ihr müsst Euch mit dem Thema auseinandersetzen, sobald die Kinder eine andere Berufslaufbahn einschlagen. Je früher desto besser“, so Römer. Für ihn war der Verkauf des Betriebes die richtige Entscheidung, aber es sei natürlich nicht einfach gewesen, aus dem Betrieb auszuziehen. Wer damit nicht umgehen kann, dem rate er von einem Verkauf des Betriebes dringend ab.

Betriebliche Veränderung aus steuerlicher Sicht

Knut Schellhase von der LBH erläuterte den Verkauf eines Betriebes bezüglich der Steuern. Er stellte dar, wie ein Verkauf des Betriebes abgewickelt werden kann, nämlich mit einer Einmalzahlung oder in Raten. Dazu erläuterte er auch die Freibetrags­grenzen und die Voraussetzungen hierfür. Auch wies er auf den optimalen Verkaufszeitpunkt hin. „Den Verkauf des Betriebes sollte man planen, man braucht Vorbereitungszeit“, sagte Schellhase. So empfiehlt es sich, den Betrieb dann zu verkaufen, wenn die Einkünfte gering sind oder das Feldinventar im Vorfeld in Verlustjahren zu aktivieren. Die verschiedenen Möglichkeiten sollten im Voraus mit dem Steuerberater geplant werden.

Willi Wege informierte über die Aufgaben der Hessischen Hofbörse.

Foto: Franziska Wollandt

Das Thema „Verkauf“ wurde von Uwe Roth, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes, abgeschlossen. Er erklärte zusammen mit Eva Kohr, Mitarbeiterin des Kreisbauernverbandes, was nach dem Verkauf zu tun ist, damit der Landwirt Rente erhält. Wird ein Betrieb verkauft, muss der Kaufvertrag mit dem Rentenantrag eingereicht werden. Wird nur die Hofstelle verkauft und die Flächen bleiben im Eigentum, müssen die Flächen für mindestens neun Jahre verpachtet werden. Der Pachtvertrag muss dann ebenfalls mit dem Rentenantrag eingereicht werden.

Als zweite Möglichkeit wurde die Verpachtung des Betriebes beleuchtet. Horst Kupski, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes, berichtete über die Verpachtung seines Betriebes. Auch er hatte sich Gedanken gemacht, nachdem keines seiner Kinder den Betrieb übernehmen wollte. Zunächst schaffte der Betrieb die Rinderhaltung ab und gab die Grünlandflächen zur Bewirtschaftung ab. Danach wurden die restlichen Flächen, inklusive der Pachtflächen an den Berufskolle­gen verpachtet. Kupski wohnt mit seiner Familie noch auf der Hofstelle, deshalb wurden die landwirtschaftlichen Gebäude nicht mit verpachtet. Auch er be­richtete von offenen Gesprächen und schweren Entscheidungen mit den Kindern, da dies natürlich auch ihr zu Hause sei. Jedoch kann Kupski weiter im gewohnten Umfeld wohnen. „Das hat mir das Aufgeben der aktiven Landwirtschaft erleichtert“, sagte Kupski.

Verpachten auf neun Jahre, um Altersrente zu beziehen

Knut Schellhase beleuchtete die Verpachtung des Betriebes anschließend wieder von der steuerlichen Seite. Zunächst zeigte er auf, dass es bei der Verpachtung zwei Möglichkeiten gibt. Entweder man lässt den Betrieb ruhen oder man gibt ihn komplett auf. Zu beachten ist, dass bei der Betriebsaufgabe ein Gewinn realisiert wird, der wieder versteuert werden muss.

Beim ruhenden Betrieb bleiben alle wesentlichen Betriebsgrundlagen erhalten, die Flächen bleiben somit im Betriebsvermögen, das bedeutet, dass laufend Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (LuF) erzielt werden. Aber auch hier empfiehlt Schellhase eine Einzelfallbetrachtung für jeden Betrieb.

Zum Thema der Verpachtung wurden wieder die Voraussetzungen für die Rente erläutert. Der Pachtvertrag muss ebenfalls eine Mindestlaufzeit von neun Jahren haben und mit dem Rentenantrag an die Alterskasse geschickt werden.

Uwe Roth berichtete über Voraussetzungen bei der Betriebsaufgabe, um Rente beziehen zu können.

Foto: Franziska Wollandt

Wird an ein Familienmitglied verpachtet können für den Pächter und deren Ehegatten Beitragspflichten zur Alterskasse, Krankenkasse und Berufsgenossenschaft entstehen. „Das ist problematisch, wenn die Pächter gar nicht vor Ort wohnen und den Betrieb nur gepachtet haben, damit der Betriebsleiter Rente bekommt“, so Roth. Auch kann man seinen Betrieb an den Ehegatten verpachten, solange er noch keine 65 Jahre alt ist. Die Beitragspflicht geht dann auf den Ehegatten über.

Vor- und Nachteile eines Bewirtschaftungsvertrages

Am Nachmittag beschäftigte man sich mit dem Bewirtschaftungsvertrag. Roth erläutere, die Vorteile eines Bewirtschaftungsvertrages seien, dass der Betrieb als Ganzes bestehen bleibt. Antragssteller bleibt der Landwirt, auch das Pachtland könne erhalten werden, zudem bleibe der landwirtschaftliche Status der Hofstelle erhalten. Somit könne der Betrieb auch irgendwann wieder „neu gestartet“ werden. Dies eignet sich vor allem dann, wenn zum Beispiel ein Enkel in der Familie ist, der den Betrieb eventuell weiter bewirtschaften möchte, aber noch zu jung ist.

Aber es bleibt auch das komplette Ertrags- und Ernterisiko beim Betriebsleiter und man bekommt keine Rente ausbezahlt. Entscheidet man sich für einen Bewirtschaftungsvertrag, ist es wichtig, bestimmte Handlungen vertraglich festzulegen. „Welche Arbeiten der Bewirtschafter dann übernimmt, welche Entscheidungen der Betriebsleiter trifft, wer welche Dokumentationsaufgaben übernimmt oder welchen prozentualen Anteil der Bewirtschafter am Ernteergebnis hat, das sind Dinge, über die man sprechen muss, und die vertraglich festgehalten werden müssen“, so Roth zu den anwesenden Landwirten. Schellhase ergänzte den Vortrag und sagte „Wer einen Bewirtschaftungsvertrag abschließt, bleibt steuerlich gesehen, ein Landwirt“. Für die steuerliche Betrachtung, ist die individuelle Gestaltung des Bewirtschaftungsvertrages ausschlaggebend. Wichtig sei auch, dass die Vereinbarungen wirklich durchgeführt werden. Abschließend wurden wieder die Fragen zur Rente beantwortet. Beim Bewirtschaftungsvertrag wird keine Rente ausbezahlt, denn ein Bewirtschaftungsvertrag erfüllt nicht die Voraussetzung einer Auf- oder Abgabe des Betriebes. „Wichtig zu wissen ist, dass der Ehegatte ebenfalls keinen Anspruch auf Rente hat, wenn der Betriebsleiter auf die Rente verzichtet und den Betrieb per Bewirtschaftungsvertrag weiter führt“, erläuterte Roth.

Zum Abschluss der Veranstaltung beschäftigte man sich mit der Frage, was passiert wenn man den Betrieb in eine andere Unternehmensform gibt. Hierzu erläuterte Schellhase zunächst die einzelnen Unternehmensformen, die es gibt. In der Landwirtschaft ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, kurz GbR, die gängigste Form. Gründet der Landwirt mit einem Berufskollegen nun eine GbR oder gibt seinen Betrieb in eine bestehende GbR, bleiben die Einkünfte steuerlich gesehen aus LuF.

Roth erläuterte, um Rente zu bekommen, müsse der Unterneh­mer aus dem Unternehmen ausgeschieden sein, beziehungsweise er darf keine Vertretungsmacht mehr für das Unternehmer haben. Zudem bleibt der Landwirt als Teilhaber einer GbR mit dem Unternehmeranteil weiter in der Krankenkasse beitragspflichtig. So blieb festzuhalten, dass es keine Pauschallösung für einen Betrieb gibt. Die Bedeutung des Themas zeigte sich allerdings in den zahlreichen Diskussionen die während der Veranstaltung geführt wurden.

Wollandt, kbv-wmk – LW 10/2015