Bessere Einbindung der Landwirte bei Planung und Bau

Deichrückverlegung Sponsheim nicht ohne Landwirte

Die vor Kurzem zu Ende gegangene Frist, in der sich betroffene Bürger und Landwirte im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zur Deichrückverlegung Sponsheim bei Bingen äußern können, nimmt der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd e.V. (BWV) zum Anlass, sein Unverständnis über das fast vollständige Ignorieren der landwirtschaftlichen Belange durch das Land Rheinland-Pfalz in der Planungsphase auszudrücken.

85 Hektar Fläche, vor allem Acker- und Grünland gehen beim Neubau des Deiches verloren. In einer Region mit hohem Druck durch infrastrukturelle Gegebenheiten sind diese Flächen für die Landwirte von besonders hohem Wert.

Foto: Ellerbrock

Obwohl bei der geplanten Hochwasserrückhaltung mit einer Größe von fast 85 Hektar Fläche allein aufgrund seiner Größe überwiegend landwirtschaftliche Flächen tangiert werden, enthalten die durch die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd, Regionalstelle Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft, Bodenschutz (nachfolgend SGD Süd genannt) zusammengestellten Planfeststellungsunterlagen aus für den Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd (BWV) und seinen Mitgliedern unverständlichen Gründen keine Betrachtungen der Auswirkung dieser raumbedeutsamen Maßnahme auf die Landwirtschaft.

Laut Planunterlagen soll in der Nähe von Bingen-Sponsheim und Grolsheim parallel zum bestehenden Nahedeich im Abstand von 400 m ein neuer Deich gebaut werden. Der dadurch geschaffene Rückhalteraum von knapp 2 Mio. Kubikmeter Wasser soll durch einen Überlauf bei einem genau definierten Wasserstand der Nahe automatisch gefüllt werden und damit einen Baustein zum Hochwasserschutz an der Nahe darstellen. Es handelt sich aus fachlicher Sicht eigentlich um einen Polder.

Keine raumordnerische Prüfung im Vorfeld

Grundsätzlich ist gegen einen sinnvollen und regional angepassten Hochwasserschutz nichts einzuwenden. Er dient im Gegenteil dem Wohl der Allgemeinheit. Daher steht der BWV Hochwasserschutzmaßnahmen nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber. Die vorliegenden Planungen erscheinen jedoch mit deutlichen Lücken behaftet.

Dies beginnt schon damit, dass keine raumordnerische Prüfung im Vorfeld vorgenommen wurde. Auch wird der neue Deich nicht nur Verlust an landwirtschaftlichen Flächen bedeuten, sondern die ohnehin kleinteiligen Bewirtschaftungsstrukturen und Flächenzuschnitte verschlechtern. Durch die besondere geographische Lage in der Nähe von Rhein und Nahe, den Autobahnen A 61 und A 60 mit dem Autobahndreieck Nahetal, die starke Bebauung sowie eine umfangreiche Infrastruktur, ist es für die Landwirte ohnehin sehr schwer, in erreichbarer und vor allem wirtschaftlich sinnvoller Entfernung an Flächen zu kommen.

Futter- und Versuchsflächen gehen verloren

Die Folgen einer künftigen Flutung und ihrer Begleiterscheinungen für die landwirtschaftlichen Flächen durch Stauwasser, Druckwasser sowie mitgeführten Unrat, finden ebenfalls keine Beachtung in den Antragsunterlagen. Zudem nutzen einige Betriebe die Flächen innerhalb der geplanten Deichrückverlegung sowie auch angrenzende Flächen zur Raufuttergewinnung und damit zur Fütterung von Tierbeständen. Im Flutungsfall würde das Futter durch Verschmutzung unbrauchbar. Durch die Vieharmut der Region existiert hier jedoch kein Grundfuttermarkt, auf den man bei einer Überflutung der Futterflächen ohne Weiteres zurückgreifen könnte.

Von besonderer und bundesweiter Bedeutung sind zudem die seit Jahren durch die TH Bingen bewirtschafteten Dauerversuchsflächen, die sich im nordöstlichen Bereich des geplanten Polders befinden und teilweise durch den geplanten Deich zerschnitten würden. Die dort bereits durchgeführten Düngeversuche würden bereits während der Bauphase des Deichs wertlos und die Dauerversuchsflächen ihrer agrarwissenschaftlichen Funktion beraubt.

Der BWV appelliert vor diesem Hintergrund an die zuständige Planungsbehörde SGD Süd, bei den weiteren Planungen und auch bei dem Bau die berechtigten Anliegen der landwirtschaftlichen Betriebe vor Ort zu berücksichtigen und die Landwirte dabei eng einzubinden. Die Umsetzung des gesellschaftlich und politisch gewollten Hochwasserschutzes darf nicht zu einer weiteren Verschlechterung der landwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in einem ohnehin durch Gewerbeansiedlungen und Straßenbau in den letzten Jahren stark gebeutelten Raum führen.

Für angemessenen Ausgleich sorgen

Darüber hinaus muss gewährleistet sein, dass alle Nachteile und Schäden, die sowohl beim Bau als auch beim Betrieb der Hochwasserrückhaltung auf Flächen innerhalb des Polders und auch angrenzend entstehen, den betroffenen Bewirtschaftern und Eigentümern durch das Land Rheinland-Pfalz angemessen ausgeglichen werden.

bwv – LW 39/2019