Braugersten sind auch gute Futtergersten

Anbausituation und LSV Sommergerste

Sommergerste wurde in Hessen auf rund 18 300 Hektar angebaut, damit hat sich der Anbauumfang etwa auf dem Niveau der Vorjahre stabilisiert. Diese Kultur wird meist an abtragender Stelle in der Fruchtfolge und überwiegend auf leichteren Standorten platziert. Unter diesen Bedingungen kann sie ihr Ertragspotenzial leider oft nicht ausschöpfen. In den hessischen Landessortenversuchen (LSV) zeigt sich jedoch die Leistungsfähigkeit der modernen Sorten. Mit durchschnittlich 68 dt/ha und knapp 80 dt/ha am Standort Bad Hersfeld wurde hier ein Spitzenertrag erzielt.

In den hessischen Landessortenversuchen zeigte die Braugerste mit durchschnittlich 68 dt/ha und knapp 80 dt/ha in der Spitze ihre Leistungsfähigkeit.

Foto: Käufler

Im Anbaujahr 2014 erlaubte die günstige Frühjahrswitterung ein frühes Abtrocknen der Flächen, sodass die Braugerstenaussaat in Hessen rechtzeitig beginnen konnte. Damit waren die Voraussetzungen für eine ausreichend lange Vegetationsperiode zunächst einmal gegeben. Auch die Aussaat der LSV erfolgte unter optimalen Bodenfeuchteverhältnissen schon in der ersten Märzhälfte und die Saaten konnten sich bei der vorherrschenden milden Witterung zügig entwickeln.

Die dadurch nutzbaren Vegetationstage unter Kurztagsbedingungen erlaubten die Ausbildung kräftiger Bestockungstriebe. Allerdings war die Entwicklung auf flachgründigen Standorten durch Wassermangel gebremst, und die Bestandesdichten blieben dort niedrig. Ausreichende Niederschläge während der weiteren Vegetationsperiode lieferten der Sommergerste dann meist optimale Bedingungen zum Aufbau der Ertragsorgane.

Mit Ausnahme von einer kurzen Hitzeperiode Anfang Juni litten die Bestände nicht unter hohen Temperaturen und blieben teilweise zu dicht. Die Ernte erfolgte in Südhessen ab Mitte Juli, in Mittel- und Nordhessen kam es teilweise zu deutlichen Ernteverzögerungen durch wiederkehrende Niederschläge. Einige Erntepartien waren dadurch in ihrer Qualität beeinträchtigt.

Ergebnisse der Landessortenversuche

Im Landessortenversuch (LSV) wurden im Jahr 2014 an zwei hessischen und insgesamt zehn Standorten Sortengeprüft (davon drei Futtergerstensorten). Durch die Anlage von zwei Intensitätsstufen im LSV können aus dem Vergleich der unbehandelten mit der behandelten Stufe Aussagen über die Gesundheit, Standfestigkeit und Ertragssicherheit der einzelnen Züchtungen getroffen werden.

Am Standort Griesheim wurde ein durchschnittlicher Ertrag von 54,9 dt/ha in der Stufe 1 beziehungsweise 56,2 dt/ha in der fungizidbehandelten Stufe erzielt. In beiden Fällen blieben die Erträge etwa 5 dt/ha unter den Ergebnissen der Vorjahre, was auf die niedrigeren Bestandesdichten zurückzuführen war. Der Versuch am Standort Bad Hersfeld erreichte einen Durchschnittsertrag von 70 dt/ha ohne Behandlung und nahezu 80 dt/ha bei intensiverer Bestandesführung, und diese Erträge wurden in weniger als 140 Tagen von der Saat bis zur Ernte gebildet.

Spitzenreiter war die Sorte Avalon, die mit über 87 dt/ha in Stufe 2 das Feld anführt. Hier zeigt sich das Ertragspotenzial der modernen Braugerstensorten. Der im Versuch vorhandene Befall mit Netzflecken und Ramularia konnte durch die Behandlung weitgehend kontrolliert werden, allerdings reichte die Halmstabilisierung nicht aus, um bei diesem Ertragsniveau spätes Lager vollständig zu verhindern. Insgesamt waren die durchgeführten Fungizid- und Wachstumsreglermaßnahmen, die Kosten von rund 85 Euro/ha (ohne Ausbringung) verursachten, hier in allen Sorten hoch wirtschaftlich.

Leistungsstarke Braugersten auf Futtergersten-Niveau

Mit Blick auf die einzelnen Prüfglieder bestätigt sich, dass leistungsstarke Braugerstensorten wie Catamaran oder Avalon auf oder über dem Ertragsniveau der Futtergerstensorten liegen – allerdings unter Berücksichtigung der im Versuch gegebenen verhaltenen N-Düngung. Das ertragliche Schlusslicht bildete die qualitätsstarke Sorte Propino. Solist, Marthe und Quench blieben ertraglich unterdurchschnittlich, während Grace knapp das Versuchsmittel erreichte.

Letztere Sorte konnte in Bad Hersfeld ein deutlich besseres Ergebnis als in Griesheim erreichen, während sich die Sorte Quench in Griesheim etwas besser behaupten konnte. Catamaran und Grace erreichten insgesamt die höchsten Mehrerträge durch die Behandlung. Am Standort Eichhof waren es ebenfalls Catamaran, gefolgt von Avalon, Marthe und Solist, die mit überdurchschnittlichen Mehrerträgen auf die Intensitätssteigerung reagierten.

Probleme bei den Qualitätsdaten

Auffällig ist, dass die Vollgersteanteile in diesem Erntejahr mit durchschnittlich knapp 91 Prozent etwas schwächer als in den Vorjahren ausfielen. In der unbehandelten Stufe erfüllten sie mit 86 Prozent nicht mehr die Anforderungen der aufnehmenden Hand.

Nur die Sorten Propino und Avalon, sowie am Standort Griesheim Marthe, erreichten in Stufe 1 noch sicher über 90 Prozent Vollgersteanteil. In der Stufe 2 waren es erwartungsgemäß wie im Vorjahr ebenfalls Propino und Avalon, die deutliche Vorteile in der Kornausbildung zeigten. Mit etwas Abstand folgten hier Quench, Grace, Solist und Marthe. Catamaran zeigte Schwächen in der Sortierung und fällt damit im Vollgersteertrag zurück.

Die Hektolitergewichte lagen mit durchschnittlich über 68,4 kg auf oder nur leicht unter dem Niveau der Vorjahre. Hier lag Grace gefolgt von Quench, Marthe und der Futtergerste Vespa vorn. Die Futtergerste Milford blieb wie auch in der Vergangenheit hinsichtlich der Kornausbildung das Schlusslicht.

Enttäuschend waren die Rohproteingehalte aus den diesjährigen Versuchen an beiden Standorten, die mit über 13 Prozent im Versuchsmittel bei allen Sorten deutlich zu hoch ausgefallen waren. Bedingt durch ausreichende Bodenfeuchte konnte viel Stickstoff mineralisieren und die aufgenommenen Mengen auch in das Korn umgelagert werden. Die niedrigsten Rohproteingehalte wiesen Quench und Propino auf, auch bei Catamaran blieben die Werte vergleichsweise niedriger. Diese Sorten sind auch in der Vergangenheit bereits durch niedrige Werte aufgefallen.

Mehrjährige und überregionale Ergebnisse

Die Anbaujahre unterscheiden sich in ihren Witterungsbedingungen teilweise deutlich voneinander, und jede Sorte reagiert darauf individuell verschieden. Wünschenswert für den Anbauer ist es, die Reaktionen der Sorten zu kennen und Sorten wählen zu können, die eine gute Anpassungsfähigkeit mitbringen. Aus mehrjährigen Versuchsergebnissen lassen sich die Sorten umfassender beurteilen und Aussagen zur Ertragstreue und zur Qualitätssicherheit treffen.

Von den drei- und mehrjährig geprüften Sorten zeigt sich die inzwischen im Anbau rückläufige langjährige Empfehlungssorte Marthe erneut knapp unterdurchschnittlich. Bezüglich der Vollgerstenerträge auf dem gleichen Niveau befindet sich auch die Empfehlungssorte Propino, allerdings mit deutlich überdurchschnittlichen Ergebnissen in der niedrigen Intensitätsstufe. Diese Sorte hält auch bei reduziertem Aufwand an Pflanzenschutz ihren Ertrag ebenso wie die Sortierung relativ stabil. Propino zeigt mehrjährig Vorteile beim Anbau in Höhenlagen.

Die langjährig empfohlene „Grace“ bringt wiederholt etwas schwankende Vollgerstenerträge und honoriert höhere Intensitäten ebenso wie Quench. Inzwischen dreijährig geprüft ist auch die Sorte Catamaran, die mit hohen Erträgen aufwartet. Aufgrund der schwächeren Sortierung fallen die Vollgerstenerträge jedoch ab und bleiben nur knapp über dem Versuchsdurchschnitt. Diese Sorte benötigt eine höhere Intensität um die Standfestigkeit und die Qualität abzusichern. Für Höhenlagen zeichnet sich eine bessere Eignung ab.

Zweijährig geprüft zeigt Solist sowohl in Hessen wie auch überregional ein etwas uneinheitliches Bild und konnte an hiesigen Standorten nicht an die guten Erträge des Vorjahres anknüpfen. Die Strohstabilität dieser Sorte ist knapp und nicht immer ausreichend. Avalon erreicht in beiden Prüfjahren überdurchschnittliche Ergebnisse mit recht hoher Konstanz.

Von den mit geprüften Futtergersten liegt Milford im Ertrag vorn, zeigt aber in Abhängigkeit von der Jahreswitterung und Standortgüte Schwächen in der Qualität. Salome wartet mit etwas besserer Kornausbildung und guten Erträgen auch bei geringerer Intensität auf. Vespa liegt ertraglich aus zwei Prüfjahren am Durchschnitt und erzeugt bei ausgewogenem Bestandsaufbau ansprechende Sortierungen.

Gabriele Käufler, LLH, Landwirtschaftszentrum Eichhof – LW 3/2015