Effektivität bestimmt das Handeln

Biogasbranche begegnet der Krise mit Innovationen

Trotz des vom Fachverband Biogas auf der Eurotier vermeldeten Einbruchs bei den Zubauraten zeigten sich die Aussteller der im Rahmen der Messe veranstalteten „Bio­energy Decentral“ eher optimistisch. Der Ausbau bestehender Biogas-Anlagen sowie deren Modernisierung, beispielsweise durch Effizienzsteigerungen bei der Gasausbeute und der Wärmenutzung, standen diesmal in Hannover im Vordergrund – aber auch völlig neue, innovative Ansätze.

Robert Völkl erläutert seine Koax-Radialspeicher-Biogasanlage.

Foto: Becker

Der Präsident des Fachverbandes Biogas, Josef Pellmeyer, bezeichnete die aktuelle Branchenentwicklung bei einer Pressekonferenz in Hannover als ernüchternd: „Nach dem Boomjahr 2011 verzeichnet die Biogasbranche in diesem Jahr einen erheblichen Rückgang im Anlagenbau. Für das laufende Jahr rechnen wir mit 268 Neuanlagen. Zusammen mit Anlagenerweiterungen bedeutet das eine Zunahme an installierter elektrischer Leistung von 182 Megawatt.“

Im Vergleich zu 2011 breche damit der Ausbau an Leistung um rund 70 und von Neuanlagen sogar um knapp 80 Prozent ein, so Pellmeyer.

„Viele Unternehmen konnten den Markteinbruch bislang durch den Ãœberhang aus dem Jahr 2011 kompensieren.“ Für das Jahr 2013 erwartet der Sprecher des Firmenbeirats beim Fachverband, Hendrik Becker, allerdings größere Probleme. „Die Auftragslage ist katastrophal. Einige etablierte Firmen werden den Nachfragerückgang im Inland teilweise über den Ausbau des Exportgeschäftes auffangen können“, sagt er. Was den deutschen Markt derzeit noch einigermaßen rentabel mache, seien die Anlagenerweiterungen. Becker erwartet einen Rückgang der Beschäftigtenzahl um 25 Prozent.

Gründe für den Markteinbruch sind vielfältig

Die Gründe für den Markteinbruch sieht der Fachverband Biogas einerseits im novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das der Biogasbranche eher geschadet habe. Auch die neu eingeführte Leistungsklasse bis 75 kW habe die Erwartungen bislang nicht erfüllen können, hieß es. Auch die steigenden Substratpreise sowie zahlreiche Genehmigungs- und Sicherheitsauflagen hätten den Bau neuer Anlage immer häufiger unrentabel gemacht.

Dabei, so zeigte sich Verbandspräsident Pellmeyer überzeugt, sei Biogas die zentrale Lösung bei der Energiewende. Denn es könne im Gegensatz zu anderen erneuerbaren Energieträgern gespeichert werden und so bedarfsgerecht Strom erzeugen, „wenn kein Wind weht und die Sonne nicht scheint“.

75-kW-Anlagen sind nicht automatisch wirtschaftlich

Das Thema „75-kW-Anlagen mit hauptsächlicher Güllenutzung“ wurde in Hannover mehrfach in Foren diskutiert. Peter Schünemann-Plag von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen beispielsweise stellte einige Sachverhalte diesbezüglich klar: „Das neue EEG hat für Anlagen bis 75 kW, die über 80 Prozent Gülle verwerten, festgelegt, dass diese kein Wärmenutzungskonzept vorweisen müssen; der Maisdeckel von 60 Prozent ist automatisch erfüllt. Dennoch sind diese Anlagen nicht klein und binden Kapital sowie Arbeitszeit.“

Der Referent rechnete vor, dass der Knick in der Wirtschaftlichkeit über 75 kW bei 95 kW schon wieder aufgeholt sei und überhaupt seien die 75er Anlagen eigentlich nur bei ausschließlicher Güllenutzung profitabel.

Alternativfrüchte müssen her

Weiterhin ein Thema ist die Nutzung von Alternativfrüchten zum Mais, obwohl die Beschränkung des Maisanteils in der Branche vielfach kritisiert wird, da der Mais die höchste Energiedichte aufweist. Weniger Mais bedeutet daher auch immer einen höheren Flächenbedarf für die Energie-Erzeugung.

Das Schwerpunktthema „Zuckerrüben zu Biogas“ der letzten Bioenergy Decentral trat diesmal nicht so prominent in Erscheinung, was aber nicht bedeutet, dass daran nicht weiter gearbeitet wird. Theo Rath von der Saatzucht-Firma Strube beispielsweise berichtete von großem Interesse an den Biogassorten des Unternehmens. Die Zuckerrübe sei vor allem deshalb als Co-Substrat gefragt, weil sie neben hohen Gaserträgen schnell aufgeschlossen werde und dadurch die Biogas-Anlage leichter zu steuern sei. „Wir haben in unseren Pilotanlagen außerdem gezeigt, dass die Zuckerrübe das ganze Jahr über einsetzbar ist; von Oktober bis Januar frisch und den Rest des Jahres in silierter Form.“

Die Hersteller von Futtermischwagen, wie etwa die Bernhard van Lengerich Maschinenfabrik (BvL), haben die Biogas­erzeugung schon seit einigen Jahren als weiteren Absatzweg erkannt und ihre Produkte für den Einsatz als Feststoffdosierer angepasst. BvL-Kons­truktionsleiter Jens Michaelis konnte berichten, dass der Absatz entgegen der Erwartungen im laufenden Jahr nicht eingebrochen sei. Auch hier waren vor allem Aufrüstungen und das Auslandsgeschäft tragende Säulen des Verkaufserfolges. Bei BvL zeigte man mit dem Vmix Bio 8 einen neuen Feststoffdosierer speziell für die kleinere Anlagen.

Neue Konzepte sollen bedarfsgerecht Energie liefern

Ein völlig neues Biogas-Anlagenkonzept präsentierte der Maschinenbauer Robert Völkl. Die Koax-Radialspeicher-Biogasanlage ordnet beide Fermentationsbehälter konzentrisch – also in Ringen – an und verfügt über einen außenliegenden abgetrennten komprimierbaren Ringspeicher. Dem Entwickler zufolge spart diese Anordnung nicht nur Platz, sondern auch etwa ein Viertel der Baukosten.

Die Anlage, die eine Leistung von 30 bis 75 kW haben soll, wird derzeit erprobt und soll bedarfsgerecht Strom und Wärme liefern.

KB – LW 48/2012