Erste Schilf-Glasflügelzikaden an Spargel und Rhabarber
Forschung zu Auswirkungen läuft intensiv weiter
Die ersten Schilf-Glasflügelzikaden fliegen gerade aus Rhabarber und Spargel als neue Wirtspflanzen. Das teilt das Team der Zikaden-Experten des Verbandes der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer e.V. aus Worms am Rhein mit. Damit haben diese Insekten besonders wertvolle und beliebte frische Gemüse-Dauerkulturen erobert.

Foto: VISP: Verband der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer
In Zusammenarbeit mit Johannes Ritz von der Bioland Fachberatung Gemüse- und Kartoffelbau ist in nun endgültig der Nachweis von allen Entwicklungsstadien und ausfliegenden Zikaden aus mit Folienabdeckung verfrühten Dauerkulturen wie Spargel und Rhabarber gelungen. Bereits vor einem Jahr beobachtete das Praxis-Forscher-Team bei Kartoffeln mit Folien-Abdeckung, die nach Zuckerrüben angebaut wurden, eine deutlich verfrühte Entwicklung der Zikadenlarven, die auf den höheren Bodentemperaturen beruht. Unter höheren Bodentemperaturen verläuft die Entwicklung schneller, was zu einer früheren Flugreife führt, erklärt Natasha Witczak, die im aktuellen Kartoffelprojekt „Kartozik“ des Landes Rheinland-Pfalz tätig ist. Die jetzt laufenden Untersuchungen der Tiere und Pflanzen sollen weitere Schlussfolgerungen ermöglichen. Aktuell sammelt das Forschungsteam auf den Feldern Tiere und hat Zelte in Spargel- und Rhabarber-Feldern zum Fangen des Ausfluges aufgestellt. Besonders an Rhabarber waren in den letzten Jahren vielfältige Schadsymptome in Süddeutschland beobachtet worden. Dies hat zu starken Reduzierungen der Flächen oder sogar bereits zur Aufgabe des Rhabarber-Anbaus geführt. Während für die Bekämpfung der Zikaden die Schwarzbrache bei einjährigen Wirtspflanzen als erfolgsversprechend gilt, dienen diese mehrjährigen Kulturen jetzt als dauerhafte Vermehrungsorte. Es wird schwierig, die Zikaden in Regionen mit diesem Anbau zu bekämpfen. Gerade den betroffenen Bio-Betrieben stehen keine geeigneten Pflanzenschutzmittel zur Verfügung.
Die Landwirtschaftsministerin von Rheinland-Pfalz, Daniela Schmitt, hatte Ende März erklärt, man brauche Brückenlösungen, um den Zusammenbruch der heimischen Agrarwirtschaft mit Kartoffeln, Gemüse und Rüben zu vermeiden. Rheinland-Pfalz habe sich zum Impulsgeber der nationalen, ja sogar der internationalen Praxisforschung etabliert. Die aktuelle Entwicklung dürfte dieser Einschätzung Vorschub leisten. Die Entdecker der neuen Entwicklung weisen darauf hin, dass dieser erste Flug der Zikaden noch kein Anlass für Pflanzenschutzmaßnahmen in konventionellen Betrieben insgesamt darstellt, da hierfür der starke Anstieg der beobachteten Tierzahlen und ein entsprechender offizieller Warnaufruf abzuwarten ist. Die meisten Zikaden kommen aus Wintergetreide, das nach Zuckerrüben angebaut wird. Was wäre, wenn auch Dauerkulturen wie Wein oder Obst noch infiziert werden können? Die Agrarforscher fordern daher verstärkte Anstrengungen und mehr Unterstützung der Praxisforschung, um Gegenmaßnahmen zu finden und zu erproben. Sie zeigen sich überzeugt davon, dass dies eine europäische Dimension annehmen werde und sind auch im Gespräch mit der Politik über weitergehende Maßnahmen.
vhpz – LW 20/2025