Fehlende Niederschläge schwächen ältere Buchen

Eichenfraßgesellschaft 2015 weniger aktiv

Um zu wissen, welche Waldschädlinge 2016 auftreten können, muss in das Waldschutzjahr 2015 geblickt werden. Dieses war für Hessen ein vergleichsweise ruhiges Jahr, große Kalamitäten und Bekämpfungsaktionen sind ausgeblieben. Die Eichen konnten sich weiter erholen, bei der Buche gab es lokal komplexe Schäden. Frühjahrsstürme und Sommergewitter bereiteten zusätzlichen Aufwand im Nadelholz, wobei Borkenkäfer sich insgesamt nicht übermäßig vermehren konnten. Anhaltende Probleme gab es mit diversen Pilzerkrankungen, die vermutlich auch durch die Witterung begünstigt wurden.

Walschutzbericht für Hessen; Die Buchenkomplexerkrankung: Typische Pilzkonsolen auf der Buchenrinde zeigen die schon weit fortgeschrittene Stammfäule an. Es besteht hohe Bruchgefahr.

Foto: nw-fva

Das Frühjahr war insgesamt zu warm, sonnenscheinreich und vor allem zu trocken, es war das sechste zu trockene Frühjahr in den letzten sieben Jahren. Verbreitet hatten sich bis in den Juni hinein Niederschlagsdefizite aufgebaut. Im Mai und Juni spitzte sich regional das Wasserdefizit zu, die Bodenfeuchte erreichte Anfang Juni die niedrigsten Werte seit 1962. Lufttemperaturen über 30° C und starke Sonneneinstrahlung verschärften Anfang Juli die Situation. In Südhessen fiel deutlich weniger Niederschlag als in Nordhessen. Ab Mitte Juli sorgten Regen und moderate Temperaturen teils für eine Entspannung der Lage. Besonders benachteiligt blieben im Juli und in den Folgemonaten Mittel- und vor allem Südhessen, wo die Trockenheit weiter zunahm.

Borkenkäfer: Der Frühjahrsturm Niklas und mehrere Gewitterstürme verursachten bis in den Sommer hinein zahlreiche Einzel- und Nesterwürfe, sodass in vielen Betrieben mehrfach Sammelhiebe zur Sicherung der „Sauberen Wirtschaft“ notwendig wurden. Die erste Generation Buchdrucker zeigte verzögerte Entwicklung und schleppenden Ausflug der Jungkäfer. Bei zeitgerechter Aufarbeitung des liegenden Sturmholzes konnten allerdings viele Jungkäfer mit dem aufgearbeiteten Holz aus dem Wald entfernt werden, was in vielen Betrieben die Befallslage entspannte. Insgesamt kam es in den meisten Regionen im Frühjahr 2015 nicht zu erhöhtem Käferholzanfall. Die anschließende kühlfeuchte Sommerwitterung erschwerte die weitere Entwicklung der Borkenkäfer, sodass zum Ende der Saison kaum Stehendbefall auftrat.

Jetzt Fichtenbestände stets auf Borkenkäfer kontrollieren

Um die Ausgangslage für 2016 zu entschärfen, sollten die durch Stehendbefall aus 2015 betroffenen Bereiche unbedingt vor Beginn der Käfersaison begutachtet und saniert werden. In diesen Bereichen kann es auch erforderlich werden, vorhandene erhöhte Käferdichten mit Fangsystemen zu reduzieren.

Eichen: In den vergangenen Jahren war der Blattfraß im Frühjahr rückläufig. Nur auf den Dauer­beobach­tungsflächen im Stadtwald Frankfurt wurden erhöhte Dichten festgestellt; auf allen übrigen Dauerbeobachtungsflächen der hessischen Forstämter befinden sich der Kleine und der Große Frostspanner in Latenz. Viele Eichenbestände konnten sich daher weiter erholen. Trotzdem sind lokal, bedingt durch schwere Vorschäden, weiterhin Eichen abgängig. Der Schwammspinner in Südhessen befindet sich nach wie vor in Latenz.

Buche: Die Buchenkomplexerkrankung bedroht vor allem alte Buchenwälder. Die Erkrankung wird durch ein Zusammenspiel von Buchenwollschildläusen, Nectria-Rindenpilzen und im Holz brütenden Käfern ausgelöst. Die lange bekannte Erkrankung tritt in Wellen auf. Die Schäden sind in Waldgebieten ab 400 Meter Höhenlage besonders stark ausgeprägt. Nord- und Osthänge und die Schattseiten der Bäume sind häufiger betroffen. Die absterbenden Buchen stellen eine Gefahr für die Waldarbeit dar. 2015 wurde lokal ein Fortschreiten von Schäden registriert, die bereits vor mehreren Jahren mit Rindenschädigungen begonnen hatten, insofern liegt aber kein neuer, akuter Erkrankungsschub vor. Die letzte große Erkrankungswelle trat ab 1999/2000 in großen Teilen Westeuropas in älteren Buchenbeständen auf. Die Erkrankung wird aktuell abgeschwächt in Nordhessen beobachtet.

Im Verlauf des Sommers wurden örtlich schlechte Vitalitätszustände bis hin zu Absterbeerscheinungen in älteren, aufgelichteten Buchenbeständen Mittelhessens festgestellt, in denen schon seit längerer Zeit die sogenannte „Buchenvitalitätsschwäche“ beobachtet wird. Besonders auf flachgründigen und wechselfeuchten Böden kam es infolge der letzt- und diesjährigen Niederschlagsdefizite und der teilweise extremen Sommerhitze zu einem merklichen Schadensfortschritt in den betroffenen Beständen. Teilweise wurden die Schäden durch zu starke Freistellung der Buchenkronen verstärkt.

Waldmaikäfer: Im Sommer 2015 fanden im Raum Hanau-Wolfgang Grabungen nach E3-Engerlingen des Wald­maikäfers statt. Diese Maßnahme ist Bestandteil des Programms zum Monitoring des Waldmai­käfers in Südhessen. Die Dichten der Engerlinge waren allgemein zurückgegangen, die Dichteänderungen waren jedoch über die gesamte Fläche sehr unterschiedlich. Starke Dichteabnahmen traten in Bereichen mit vorher hohen Dichten auf, steigende Dichten in Randbereichen bisheriger Schwerpunkte.

Mäuse: Die Abteilung Waldschutz führte im Juli 2015 erstmals einen Sommerfang auf denselben Flächen wie im Herbst 2014 durch; es wurde dabei eine anhaltend hohe Popu­la­ti­ons­­dichte der Kurzschwanzmäuse festgestellt. Die Überwachung im Herbst ergab nur eine leichte Reduktion der Dichten. Im September lagen der mittlere bereinigte Index bei 13,8 je 100 Fallennächte für Erd- und Feldmäuse und 3,8 je 100 Fallennächte für Rötelmäuse.

Hohe Mäusepopulationen bleiben ein Problem

Die Überwachung mit Apfelsteckreisern ergab nach einer Woche maximale Annahmeraten von 100 Prozent. Für das Jahr 2015 wurde aus Hessen eine Schadfläche von 900 ha gemeldet, zuzüglich rund 230 ha Schäden durch Schermäuse.

Esche: Für das Eschentriebsterben (ETS) wurde in vielen Regionen eine Verstärkung der Schäden beobachtet, so im Vogelsberg. Die Schädigungen führten örtlich bis zur Auflösung von Beständen und zum Absterben von Aufforstungen. Beobachtung von befallenen Alteschen von 90 bis 146 Jahren in Schleswig-Holstein ergab von 2009 bis 2015 eine Absterberate von 30 Prozent. In Eschennaturverjüngungen auf einer hessischen Beobachtungsfläche stiegen die Infektionsraten von 36 Prozent (2013), 55 Prozent (2014) auf 71 Prozent (2015); die Absterberaten stiegen von 6 Prozent (2013) über 14 Prozent (2014) auf 38 Prozent (2015) an. Untersuchungen in Niedersachsen zeigten, dass sich innerhalb nur eines Jahres 80 Prozent der neugepflanzten Eschen infizierten. Nach drei Vegetationsperioden waren bereits 99 Prozent befallen und 43 Prozent durch die Erkrankung abgestorben. Nach fünf Jahren lagen die Infektionsrate bei 100 Prozent und die Absterberate bei 73 Prozent.

Kiefer: Das Diplodia-Triebsterben wird durch einen thermophilen Pilz verursacht, dessen Temperatur-Optimum etwa 28 bis 30° C beträgt. Einer Schädigung der Wirtspflanze geht in aller Regel prädisponierender Stress voraus. Seit einigen Jahren treten Diplodia-Schadensfälle in Kiefernbeständen auch in Hessen auf. Begünstigt wurde die Erkrankung oft durch Trockenheit, Hitze und Vorschädigungen, wie Insektenfraß an Nadeln oder Hagelschlag. Der jüngste Erkrankungsfall an mittelalten Kiefern betrifft den südhessischen Raum. Im Herbst 2015 waren im hessischen Ried erste Symptome zu beobachten. Im Januar 2016 zeigt sich die Erkrankung auf mehreren 100 ha an nach Westen ausgerichteten Bestandesrändern.

Michael Habermann – LW 20/2016