Insektenpopulationen lassen sich schnell wieder aufbauen

Blühstreifen sorgen für Populationen mit hoher Vielfalt

Mehrere Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität haben nachweisliche Erfolge beim Aufbau von Insektenpopulationen und Nahrungsketten erzielt. Wie der Biologe für Freilandökologie, Dr. Jürgen Esser, beim Pressegespräch von Bayer Crop-Science Mitte April in Deidesheim berichtete, sorgen bereits einjährige Blühstreifen für eine Wiederbelebung der Nahrungskette und eine hohe Biomasse an Fluginsekten.

Blühstreifen weisen schnell eine hohe Biodiversität auf.

Foto: agrar-press

Im Rahmen eines Versuchs in der Pfalz hatten Forscher nach Angaben des Biologen im vergangenen Jahr mehrere Blühflächen parallel zum großflächigen Kartoffelanbau in Form von 5 m breiten Streifen bis zu einem halben Hektar angelegt. Bereits in der ersten Saison hätten sich zwischen 2,1 und 3,6 Mio. flugaktive Insektenindividuen je Hektar Blühfläche angesiedelt. Hinzu kämen die nicht registrierten Arten, die am Boden lebten. „Wir hoffen, dass sich die Population in den kommenden Jahren noch vergrößern wird“, erklärte Esser. Die zu findenden Insektenarten seien zwar nicht sonderlich spezialisiert; dennoch habe man deutliche Zeichen für die Reinitialisierung der Nahrungskette feststellen können. Auffällig sei beispielsweise gewesen, dass sich Vögel beim Jagen auf die Blühflächen konzentriert hätten.

Mehrjährige Blühstreifen optimal für die Artenvielfalt

Die Artenvielfalt von Insekten lässt sich Esser zufolge durch Blühstreifen erhöhen, allerdings nur in mehrjährigen Maßnahmen. Als unvorteilhaft für die Biodiversität erwiesen sich dagegen einjährige Streifen, die sich als „ökologische Falle“ auswirkten und negative Effekte auf den Bestand hätten. „Bei mehrjährigen Projekten können sich vielfältigere Populationen aufbauen, denn spezialisierte Insektenarten brauchen mehr Zeit“, erklärte der Forscher. Er berichtete von einem in Sachsen durchgeführten Bayer-„Food-Chain“-Projekt im Obstbau, das von 2012 bis 2016 lief. Hier habe man sich auf das Vorkommen der Tierarten auf einem 2 m breiten und 200 m langen Steifen fokussiert. Seien in den ersten beiden Jahren gerade mal zwei Erdhummelarten verzeichnet worden, so hätten die Artenzahl und die Gesamtmasse der Hummeln dann im dritten Jahr deutlich zugenommen. An Fluginsekten hätten Wildbienen als wichtige Bestäuber, ebenso Schwebfliegen, Schmetterlinge, Wespen und Bohrfliegen im Zentrum der Beobachtung gestanden.

3 000 Arten auf einem Blühstreifen

Allein in Deutschland können nach Angaben des Biologen 14 000 Insektenarten, nämlich die Blütensucher, von Blühstreifen profitieren. „Wenn sich, wie in unserem Versuch, 10 Prozent der Fauna auf dem kleinen Blühstreifen finden lassen, bedeutet das, dass 1 400 Insektenarten dort vorkommen, und das nur auf die Blütensucher bezogen“, so Esser. Hinzu kämen Insekten, Spinnen und Wirbeltiere. Insgesamt schätzt er das Vorkommen auf bis zu 3000 Arten. Neben Blühstreifen gibt es dem Forscher zufolge weitere Möglichkeiten, um gezielt Wildbienen zu schützen. Mit Insektenhotels ließen sich 20 bis 30 Arten fördern. Die „breite Masse“ lebe aber im Boden; die Arten benötigten offene, sonnige Bodenstellen, die warm und ungestört seien. Deshalb legten die Forscher in Sachsen jetzt Nisthaufen und auch Totholzhaufen an, sagte Esser. Da andere Insekten auch auf Sandböden spezialisiert seien, errichte man außerdem Sandflächen mit Trockensteinmauern. Dabei handele es sich aber um Maßnahmen, „die aufwändiger sind als das Anlegen eines Blühstreifens“. In der Agrarlandschaft ließen sie sich daher nur auf Restflächen umsetzen.

age – LW 18/2018