Neuzulassungen bestätigen anhaltenden Zuchtfortschritt
LSV Winterraps und Sortenempfehlung 2016
Zur Aussaat 2016 hat das Bundessortenamt bei Winterraps insgesamt acht Hybridsorten neu zugelassen, die das aktuelle Sortiment ertraglich und auch qualitativ erweitern. Dr. Stefan Weimar, Dr. Albert Anderl und Marko Goetz vom DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück stellen die neuen Sorten vor.

Foto: Käufler
In den jüngeren Zulassungsjahrgängen dominieren Sorten, die dem mittleren Reifesegment des Kornes zuzuordnen sind. Aus pflanzenphysiologischer Sicht kann eine spätere Kornreife die Voraussetzungen für einen hohen Ölertrag schaffen. Ein hoher Ölgehalt erfordert dabei eine ausreichende Wasserversorgung und eine hohe Globalstrahlung bei Tagestemperaturen von bis zu 25° C und Nachttemperaturen von nicht mehr als 10° C während der Frucht- und Kornbildungsphase.
Mähdruschfähigkeit zum Zeitpunkt der Kornreife
In den zurückliegenden Vegetationsjahren, die durch ausgeprägte Trockenphasen während der gesamten Blüte gekennzeichnet waren, konnten später abreifende Sorten die teilweise ergiebigen Niederschläge zur Frucht- und Kornbildung ertraglich und auch qualitativ deshalb noch gut umsetzen.
Erfahrungsgemäß kann auch die an das Rlm7-Gen gekoppelte starke Phoma-Resistenz zu einer signifikanten Reifeverzögerung des Strohs von einzelnen Sorten beitragen und damit auch den Ernteablauf zeitlich beeinflussen.
Mit der 2014 erstmaligen Einstufung nach dem Merkmal „Reifeverzögerung des Strohs“ wird die Mähdruschfähigkeit der jeweiligen Sorte zum Zeitpunkt der Kornreife präzisiert, indem das Bundessortenamt neben der Kornreife auch das Abreife-verhalten der Restpflanze beziehungsweise des Stängels bewertet. Den nach Reifegruppen des Korns bereits eingestuften Sorten wird zusätzlich die mit den Ausprägungsstufen 3 bis 7 zunehmende Reifeverzögerung des Strohs zugeordnet. Die Ausprägungsstufe 4 in der Reifeverzögerung des Strohs bedeutet, dass mit dem Erreichen der Kornreife gleichzeitig auch von einer optimalen Mähdruschfähigkeit des Bestandes auszugehen ist. Bei den Ausprägungsstufen 5 beziehungsweise 6 verschiebt sich die optimale Mähdruschfähigkeit beispielsweise um etwa ein bis zwei beziehungsweise zwei bis drei Tage im Verhältnis zur Kornreife. Diese Reifeverzögerung der Restpflanze erlaubt eine gezielte logistische Planung des Erntezeitfensters, die bei der Bewirtschaftung von unterschiedlichen Klimaräumen oder größeren Flächenumfängen von Relevanz sein kann.
In diesem Zusammenhang belegen züchterseitige Auswertungen auch eine positive Korrelation zwischen der sortenspezifischen Phoma-Toleranz und Reifeverzögerung des Strohs.
Neue Hybridsorten verbessern Ertrag und Qualität weiter
Die neu zugelassene MSL-Hybridsorte Atora realisiert angesichts des sehr hohen Kornertrags und des hohen bis sehr hohen Ölgehalts einen insgesamt hohen bis sehr hohen Ölertrag. Die früh blühende Sorte zählt zum mittleren Reifesegment mit langsamer Restpflanzenreife und bewährt sich durch eine ausgeprägte Standfestigkeit und hohe Winterhärte. Die Trockenstress-tolerante Neuzüchtung zeichnet sich durch eine gute Phoma-Toleranz und hohe Schotenplatzfestigkeit aus. Nach Angaben des Züchters wird die Sorte vor Allem im osteuropäischen Markt eingeführt.
Die neu zugelassene MSL-Hybridsorte Bender repräsentiert mit der BSA-Bestnote 9 im Korn- und Ölertrag sowie im Ölgehalt einen sehr hohen Prüfstandard unter den Neuzulassungen. Die dem mittleren Reifezeitfenster zuordnete MSL-Hybride tendiert zu einer langsameren Strohreife, die bei der Anbauplanung und dem Ernteverlauf zu berücksichtigen ist. Die winterharte Züchtung kombiniert eine mittlere Wuchslänge mit einer ausgezeichneten Standfestigkeit. Nach der bisherigen Einschätzung durch den Züchter verfügt die Sorte über eine ausgezeichnete polygen verankerte Phoma-Resistenz, die auch durch die Ergebnisse der zweijährigen Phoma-Resistenzprüfung bestätigt wird. Aufgrund der starken Herbstentwicklung ist die Sorte insbesondere für Mulch- und Spätsaaten geeignet und kann auch auf Grenzstandorten entsprechend vorteilhaft platziert werden.
Mit einem hohen bis sehr hohen Korn- und Ölertrag repräsentiert die neu zugelassene MSL-Hybridsorte Inventer eine züchterisch ausgewogene Kombination aus Kornertrag und Qualität. In den Wertprüfungen bestätigte die großkörnige Sorte ihren überdurchschnittlichen Ölgehalt. Die früh blühende Züchtung ist durch eine mittlere Reifezeit mit harmonischer Abreife der Restpflanze charakterisiert. Die vom pflanzenbaulichen Fundament betrachtet kompakte Sorte kombiniert eine mittlere Wuchslänge mit einer guten Standfestigkeit. Bonituren aus der Wertprüfung lassen neben einer hohen Robustheit eine ausgeprägte Phoma- und Sclerotinia-Toleranz der Sorte erwarten. Hervorzuheben ist die gute Winterhärte der schossfesten Züchtung, die über eine insgesamt breite Standorteignung verfügt. Die ausgeprägte Wüchsigkeit der Sorte spricht auch für den Anbau im späteren Saatzeitfenster.
Unter den jüngeren Kohlhernie-resistenten Züchtungen ergänzt Menhir mit einem hohen bis sehr hohen Kornertrag und einem hoch eingestuften Ölertrag beziehungsweise Ölgehalt den von der Sorte Mentor definierten hohen Prüfungsstandard. Basierend auf der rassenspezifischen Kohlhernie-Resistenz der Sorte Mendel gegenüber den häufig anzutreffenden Pathotypen P1 und P3 wurden in der Neuzulassung zwei neuere Elternlinien vereinigt. Die sehr früh bis früh blühende Züchtung ist dem mittleren Reifesegment zuzuordnen und tendiert zu einer etwas langsameren Abreife der Restpflanze. Nach Einschätzung des Züchters liegt sie in der Mähdruschreife zeitlich noch vor der Sorte Mentor. Bei mittlerer Wuchslänge verfügt die großkörnige Sorte über eine ausreichende Standfestigkeit. Die robuste, winterharte MSL-Hybride sollte vorzugsweise im mittleren bis späten Saatzeitfenster platziert werden. Ihre vergleichsweise starke Vitalität spiegelt sich in einer zügigen Herbstentwicklung und einem frühen Vegetationsstart wieder.
Die neu zugelassene MSL-Hybridsorte Nimbus ist mit Penn verwandt und überzeugt mit einem sehr hohen Kornertrag, der in Verbindung mit einem mittleren bis hohen Ölgehalt einen hohen bis sehr hohen Ölertrag liefert. Darüber hinaus tritt die Sorte mit einem mittleren bis hohen Rohproteinertrag hervor, der bei der Verwertung der Presskuchens beziehungsweise Extraktionsschrotes zu Futterzwecken bedeutsam sein kann. Die winterharte und robuste Hybride mit früher und zügiger Blüte ergänzt das mittlere Reifesegment bei gleichzeitig langsamer Abreife der Restpflanze. Nimbus gilt als extrem winterhart und ist nach bisherigen Ergebnissen der Wertprüfung mit einer guten Phoma-Toleranz ausgestattet. Neben ihrer Vorzüglichkeit auf leichteren Standorten und schwierigen Anbauverhältnissen vermag die Trockenstress-tolerante Sorte insbesondere bei geringerer Produktionsintensität ihr ertragliches Leistungspotenzial voll auszuschöpfen. Die frohwüchsige Sorte gilt als ausgesprochen spät- und mulchsaatverträglich.
– LW 27/2016