Richtig reagieren, wenn Getreide umfällt

Lagerbestände optimal einfahren

2014 könnte ein Lagerjahr werden. Durch den milden Winter und das zeitige Frühjahr haben die Bestände einen deutlichen Entwicklungsvorsprung. Die Ausbringung von Wachstumsreglern erfolgte viel früher als sonst, war jedoch bei den niedrigen Temperaturen nicht so erfolgreich. Die Bestände stehen dicht mit längeren Abständen zwischen den Halmknoten, und die Gewitter der letzten Tage haben einige Schläge schon umgeworfen. Was ist zu tun?

Lagergetreide führt zur deutlichen Leistungsminderungen, die je nach Schwere bei bis zu 80 Prozent liegen können.

Foto: Feiffer

Auch wenn mit standortgerechter Sortenwahl und angepasster Stickstoffdüngung die Voraussetzungen für eine gute Standfestigkeit geschaffen wurden, kann die Witterung innerhalb eine Tages alles über den Haufen werfen.

Lager setzt eine Kostenspirale in Gang

Von allen Ernteproblemen verursacht Lager die höchsten Kosten, mit regelrechter Spiralwirkung. Durch die verringerte Fahrgeschwindigkeit verlängern sich die Erntezeiten, die zusätzlichen Lohn-, Maschinenstunden- und Kraftstoffkosten nach sich ziehen. Folgefrüchte werden nicht termingerecht geborgen und Folgearbeiten verschieben sich.

Die erhöhte Maschinenbelastung bedingt ihrerseits vermehrte Reparaturen mit weiteren Zeitverzögerungen. Die Feuchte von bodennahem Lager ist deutlich höher, ebenso die Auswuchsgefahr mit großen Qualitätseinbußen.

Nicht aufgenommenes Stroh erschwert das anschließende Strohmanagement und beeinträchtigt die Folgekultur insbesondere bei Mulchsaat. So bedingt ein Faktor den nächsten und verschlechtert fortlaufend den gesamten Prozess. Die Gesamtkosten können bei schwerem bis totalem Lager mitunter den Erlös des Getreides aufzehren.

Rechtzeitig Hilfe einplanen

Lagergetreide führt zur deutlichen Leistungsminderung, die je nach Schwere des Lagers bei etwa 20 bis zu 80 Prozent liegt. Durch die hohe Schnittährengefahr und die meist ungleichmäßige Abreife ist nur eine geringe Fahrgeschwindigkeit möglich.

Bei hohem Anbauumfang und absehbarem Zeitverzug muss man sich rechtzeitig nach aushelfender Erntekapazität in der Nachbarschaft oder bei Dienstleistern umschauen.

Bei Feuchteanstieg Fegeeffekt nutzen

Infolge ungleichmäßiger Reife und schlechterer Durchtrocknung des Lagergetreides kommt es zu erhöhten Kornfeuchten und zur Zusatzbefeuchtung des Korns im Dreschwerk. Einerseits erfordern diese Bestände einen etwas schärferen Drusch, andererseits erhöht sich dadurch die Wiederbefeuchtung des Korns im Dreschwerk.

Hier sollte man wenn möglich den „Fegeeffekt“ nutzen: Die Trommeldrehzahl wird erhöht und der Korb etwas weiter gestellt. So wird das feuchte Erntegut besser ausgedroschen, aber auch zügig aus dem Dreschwerk weitergeleitet. Dabei geht die Stängel- beziehungsweise Strohfeuchte nicht ganz so stark auf die Körner über.

Schneidwerk warten und Ährenheber montieren

Bei der Instandsetzung des Schneidwerks darf nicht gespart werden. Gerade bei Lager kommt es auf Schärfe an. Klingen mit abgenutzten Zähnen, Brüchen oder Riefen gehören ausgetauscht.

Ebenso verschlissene Führungsplatten und rundgewetzte Mähfinger mit Spiel. Das kostet Schnittleistung und Nerven bei Lager. Hält man eine neue Klinge gegen eine verschlissene, erkennt man schnell den Verschleiß.

Ährenheber heben das Lager an, der Mähbalken kann das Erntegut besser unterfahren und abschneiden. Auf jeden dritten oder vierten Finger werden sie montiert. Die äußeren drei oder vier Finger sollten generell ohne Ährenheber sein, um Verstopfungen zu vermeiden.

Aber Achtung! Ährenheber sollen unter das Erntegut gleiten und nicht sich einbohren oder das Lager überfahren. In Arbeitsstellung ist der Ährenheber 12 bis 15 Grad (Winkelmesser nutzen) nach vorn geneigt, die Tragkufen im Gleitbereich sind parallel zum Boden.

Halmteiler unterfahren das Lager und sorgen für einen sauberen Schnitt. Sonst werden nach außen fallende Halme überfahren und die Ähren bleiben abgeschnitten liegen beziehungsweise die Bestandeskante für die nächste Spur ist nicht sauber getrennt. Bei abgesenktem Schneidwerk auf 10 cm Messerhöhe steht auch der Halmteiler etwa 10 cm über dem Boden.

Schneidwerk richtig in Stellung bringen

Der empfohlene Anstellwinkel von Messer, Finger und Ährenheber beträgt 12 bis 15 Grad. Dieser wird auf glattem Untergrund (Reifendruck beidseitig gleichmäßig!) eingestellt. Bei Lager stellt man das Schneidwerk gern auf Sturz. Hier muss man zwar hochkonzentriert das Schneidwerk im Auge behalten, aber lagerndes Erntegut lässt sich mit Sturz besser unterfahren und Schnittähren senken.

Fahrer mit Maschinen, bei denen der Anstellwinkel nicht hydraulisch zu verstellen ist, behelfen sich praktisch. Sie lösen die Schrauben, senken das Schneidwerk über einen abschüssigen Graben ab bis es den nötigen Sturz aufweist und ziehen die Schrauben wieder fest.

Die Haspelgeschwindigkeit ist gleich der Fahrgeschwindigkeit. In stehenden Getreide soll die Haspel das Gut halten bis zum Schnitt und den gewissen „Schubs“ geben, damit die Halme - Ähren voran - zur Förderwalze fallen.

Bei Lager setzt die Haspel weiter vor dem Messer an. Die Zinken stehen besser senkrecht beziehungsweise sogar leicht auf Nachgriff (Zinken zu Mähdrescher), um die Matte zu lüften und eine größtmögliche Aufwärtsbewegung zu erzeugen. So kann das Lager besser unterfahren werden (Nachgriff nur so weit, dass das Stroh nicht um die Haspel gezogen wird). Vorsicht: Die Haspelzinken dürfen in abgesenkter Position nicht ins Messer greifen.

Andrea Feiffer, feiffer consult – LW 25/2014