Sommergerste konnte ihr Potenzial nicht ausschöpfen
LSV Sommergerste litt unter Trockenheit, blieb aber sehr gesund
Sommergerste wurde in Hessen auf rund 19 900 ha angebaut, ein Plus von rund 1600 ha im Vergleich zu 2014. Diese Kultur wird meist an abtragender Stelle in der Fruchtfolge und oft auf leichteren Standorten platziert. Insbesondere in einem Trockenjahr wie 2015 kann sie ihr Ertragspotenzial dann nicht ausschöpfen. Über die Landessortenversuche (LSV) und die aktuelle Anbausituation von Sommergerste berichtet Gabriele Käufler vom LLH Landwirtschaftszentrum Eichhof.

Foto: agrarfoto
Die Bestände blieben auch aufgrund der geringen N-Nachlieferung nur mäßig bestockt, blieben aber wegen des fehlenden Krankheitsdruckes sehr gesund. Die Niederschläge ab Mitte Juni und im Juli lösten eine erhebliche N-Mobilisierung aus, sodass die Pflanzen zur Kornfüllung gut versorgt waren. Sehr hohe Rohproteinwerte im Erntegut waren die Folge. Für Hessen weist die Besondere Ernteermittlung einen Landesdurchschnitt von nur 48,9 dt/ha aus, während in einigen Bundesländern unter anderem aufgrund etwas besserer Wasserversorgung fast 60dt/ha erreicht werden konnten.
Landessortenversuche an zwei Standorten mit elf Sorten
Im Jahr 2015 standen an zwei hessischen Standorten insgesamt elf Sorten, davon zwei Futtergerstensorten, in der Prüfung. Eine Sorte (Solist) war durch abweichende Saatgutparameter aufgefallen, daher konnte sie nicht in die Auswertung einbezogen werden. Mit Hilfe der Anlage von zwei Intensitätsstufen im LSV können aus dem Vergleich der unbehandelten mit der behandelten Stufe Aussagen über die Gesundheit, Standfestigkeit und Ertragssicherheit der einzelnen Sorten getroffen werden. In diesem Jahr blieb die Differenz gering. Aufgrund der trockenen Frühjahrswitterung traten Pilzkrankheiten nicht in Erscheinung, und die gering bestockten Bestände neigten auch nicht zu Lager. Die gemäß Versuchsdesign gesetzten Behandlungen waren somit allesamt unwirtschaftlich.
In den LSV zeigt sich, welche Leistungen moderne Sorten auch unter widrigen Witterungsbedingungen noch bringen können. Am Standort Bad Hersfeld wurde in Stufe 2 mit durchschnittlich 62,4 dt/ha ein unter diesen Bedingungen kaum zu erwartender Ertrag erzielt. Im Vergleich zum Vorjahr fehlten allerdings über 17 dt/ha. In Griesheim konnten die Sorten nicht mehr von den Sommerniederschlägen profitieren. Der Durchschnittsertrag blieb bei mageren 37 dt/ha stehen – rund 19 dt/ha unter dem Vorjahreswert.
Die beste Ertragsleistung brachte die erstmals geprüfte RGT Planet. In Bad Hersfeld erreichte sie 68,4 dt/ha, gleichauf mit Catamaran. In Griesheim erzielten Avalon und die ebenfalls erstjährig geprüfte Ventina ein leicht besseres Ergebnis. In Stufe 1 konnte sich Planet ebenfalls als ertragsstärkste Sorte zeigen, dicht gefolgt von Ventina, Catamaran und Avalon. Die qualitätsstarke Propino war erneut ertragliches SchlussÂlicht, aber auch Marthe und Quench brachten nur unterdurchschnittliche Erträge (Tab. 1).
Qualitätsdaten – bis auf hohe Eiweißgehalte – gut
Die Vollgersteanteile liegen in diesem Jahr mit durchschnittlich 95,7 Prozent deutlich über den Werten der Vorjahre und auch die hl-Gewichte sind mit 71,2 kg hoch und liegen etwa auf dem Niveau von 2013. Den höchsten Vollgersteanteil bringen Marthe, RGT Planet und Avalon, das höchste hl-Gewicht erreichen Grace und Catamaran. Hinsichtlich des VollgersteÂertrages wird RGT Planet nur am Standort Griesheim von Avalon (Stufe 2) beziehungsweise Ventina (Stufe 1) übertroffen.
Die Eiweißgehalte liegen 2015 insgesamt auf sehr hohem Niveau, wie auch aus der Praxis gehäuft berichtet wird. Am Standort Griesheim ist der Mittelwert unter anderem wegen des geringen Ertragsniveaus bei 13,7 Prozent, Grace und Marthe knacken hier die 14 Prozent-Marke. In Bad Hersfeld liegt der Versuchsdurchschnitt bei 12,9 Prozent (Rp in TM). Von den Braugersten weist RGT Planet, gefolgt von Ventina die niedrigsten Eiweißgehalte auf, Avalon fällt durch etwas höhere Gehalte auf.
Mehrjährige und überregionale Ergebnisse
Wie auch 2015 deutlich wird, unterscheiden sich Anbaujahre in den Witterungsbedingungen deutlich, und jede Sorte reagiert darauf verschieden. Wünschenswert für den Anbauer ist es, die Reaktionen der Sorten zu kennen und solche wählen zu können, die anpassungsfähig sind. Aus mehrjährigen Versuchsergebnissen lassen sich die Sorten umfassender beurteilen und Aussagen zur Ertragstreue und zur Qualitätssicherheit treffen. Denn nicht in jedem Jahr werden alle Sorteneigenschaften gefordert und damit ertragswirksam.
Betrachtet man die Vollgersteerträge, dann liegen Marthe, Grace und Quench knapp unter dem Durchschnitt, wobei die beiden letztgenannten mit stärkeren Schwankungen auf die Bedingungen des Einzeljahres reagieren. Propino findet sich nach einem sehr schwachen Ergebnis nun am Ende der Prüfgruppe. Avalon und Catamaran erreichen überdurchschnittliche Ergebnisse, Avalon jedoch mit deutlichem Vorsprung und vor allem auch in Stufe 1 mit herausragend besseren Vollgersteerträgen als der Rest des Sortiments. Für Solist kann wegen des Ausschlusses 2015 kein dreijähriges Ergebnis ausgewiesen werden.
In der überregionalen Auswertung im Anbaugebiet 20 (Wärmelagen Südwest) zu denen die Südhessischen Lagen gehören, zeigen sich RGT Planet und Avalon in beiden Intensitätsstufen vor Ventina als ertragsstärkste Sorten. Dabei fällt RGT Planet durch hohe Ertragskonstanz über alle Standorte auf.
Sortenempfehlungen zur Aussaat 2016
Für den Anbauer stehen die agronomischen Eigenschaften wie Reifezeit, Standfestigkeit, Krankheitsresistenzen und vor allem die Ertragsleistung im Vordergrund. Bei der Erzeugung von Braugerste ist die Sortenentscheidung aufgrund der Erfordernisse bei Erfassung und Verarbeitung in erster Linie auf die Vermarktung auszurichten. Der Abstimmung zwischen Anbauer, aufnehmender Hand, Mälzereien und Brauereien im Vorfeld kommt hohe Bedeutung zu. Denn Braugerste ist ein Produkt, das ganz spezifischen Anforderungen an die Qualität und an die Verarbeitungseigenschaften genügen muss, damit die Ware die Kriterien der Verarbeiter erfüllt. Von der Braugerstengemeinschaft wird daher erst nach mehrjähriger Überprüfung der Vermälzungs- und Braueigenschaften die Verarbeitungsempfehlung für eine Sorte erteilt.
– LW 2/2016