Trotz Wetterkapriolen stabile Ertragsleistungen

Landessortenversuche Wintergerste 2017

Viele Anbauer orientieren sich bei der bevorstehenden Sortenwahl an den Ergebnissen der amtlichen Versuche. Dabei geht der erste Blick oftmals auf die Ertragsleistung des aktuellen Versuchsjahres und dann auch oft nur von Einzelstandorten. Für eine zuverlässige Sortenwahl ist es jedoch viel wichtiger, einen Blick auf die mehrjährigen Ertragsleistungen in den entsprechenden Anbauregionen zu werfen.

Die LSV haben wieder gezeigt, dass mit den aktuell geprüften Gerstensorten hohe Erträge und sichere Qualitäten zu erzielen sind.

Foto: landpixel

Gute, zuverlässige Sorten zeichnen sich neben Höchstertragsleistungen in Einzeljahren durch Ertragsstabilität über mehrere Jahre aus. Erst dadurch finden wichtige agronomische Sorteneigenschaften, wie Standfestigkeit, Strohstabilität oder Winterhärte ausreichend Beachtung. Aber auch die für die Vermarktung beziehungsweise gewinnbringende Eigenverwertung wichtigen Qualitätsmerkmale wie Hektolitergewicht, TKM, Vollgersteanteil und der daraus resultierende Marktwarenanteil spielen neben dem grundsätzlichen Ertragsvermögen eine wichtige Rolle. Dabei ist jedoch entscheidend, wie die Sorten über die Jahre unter unterschiedlichen Witterungs- wie Vegetationsbedingungen abschneiden.

Schwieriger Vegetationsverlauf verlangte Sorten alles ab

Die zu trockenen Monate August und September mit deutlich über den Durchschnittswerten liegenden Temperaturen erschwerten zwar die Bestellung, dennoch konnte die Aussaat meist problemlos durchgeführt werden. Die ausreichende Restfeuchte im Boden sowie leichte Niederschläge Anfang Oktober sorgten für ein recht gleichmäßiges Auflaufen und eine anfänglich zügige Entwicklung der Bestände. Ein früher Blattlauszuflug entwickelte sich infolge deutlich zurückgehender Temperaturen nicht entsprechend weiter, so dass je nach Region auf Insektizideinsätze überwiegend verzichtet werden konnte. Im weiteren Verlauf blieb der Oktober überwiegend trocken. Anfang November kam es zu einer kurzen Regenperiode, die regional bei deutlich sinkenden Temperaturen bis zu 70 mm Niederschlag brachte. Hierdurch konnten sich die Gerstenbestände recht gut weiterentwickeln.

Kalter Winter mit eher positiven Auswirkungen

Es folgte ein trockener Dezember. Die kühle Phase in den Monaten November und Dezember mit kurzen Frostabschnitten sorgten für eine gute Winterabhärtung. Daher führte der Wintereinbruch zum Jahresbeginn 2017, der uns den kältesten Januar seit 25 Jahren bescherte, auch zu keinen nennenswerten Auswinterungen bei den Wintergerste, unabhängig von der Winterfestigkeit der Sorten. Dabei spielte es auch keine Rolle, dass oft keine schützende Schneedecke lag. Dieser Witterungsverlauf sorgte dafür, dass die Bestände nicht überwachsen in den Winter gingen und dass es, im Gegensatz zu den Vorjahren mit milden Wintern, so gut wie zu keinem Erstbefall mit Krankheiten kam. Auch der Januar und Februar blieben allerdings deutlich zu trocken. Zu Vegetationsbeginn wurden auf allen Versuchsstandorten, wie zu erwarten, hohe Nmin-Werte gemessen; es galt nun, diese optimal in die anstehenden N-Strategien einzubinden. Diese Situation bedeutete einen echten Prüfstein für die Standfestigkeit der Sorten.

Hohe Nmin-Werte stellten Standfestigkeit auf die Probe

Anfang März gab es endlich die nötigen Niederschläge, welche den Beständen dann zu einem guten Wachstumsstart verhalfen. April, Mai und Juni waren sehr trocken, die Monate Mai und Juni zusätzlich auch noch extrem heiß, was oftmals zu einer beschleunigten Entwicklung, vor allem aber einer beschleunigten Abreife und damit verkürzten Kornfüllungsphase führte. Vor allem in dem Zeitraum zwischen Ährenschieben und beginnender Korneinlagerung kam es durch Wetterstörungen zu kurzfristigen stürmischen Gewitter- und Starkniederschlagsereignissen, welche die Standfestigkeit der Sorten stark beanspruchte. Daher spielte im Vergleich zu den Vorjahren die Standfestigkeit und die Strohstabilität der Sorten, vor allem auf den Standorten Friedberg und Fritzlar, eine größere Rolle, was sich auch in den Ergebnissen deutlich niedergeschlagen hat (Tabelle 1). Für eine optimale Platzierung der Wachstumsregler-Maßnahmen gab es in dieser Vegetationsperiode nur ein schmales Einsatz-Zeitfenster. Die Bestände präsentierten sich im Frühjahr über einen langen Zeitraum sehr gesund. Erst zum Monatswechsel Mai/Juni konnten in der Intensitätsstufe ohne Fungizid in den anfälligen Sorten Zwergrost, PLS-Blattflecken und etwas Netzflecken bonitiert werden. Im Gegensatz zu den Vorjahren spielte der Befall mit Ramularia erstmals eine eher untergeordnete Rolle.

Mit Beginn des Monats Juli kam es infolge der trocken-heißen Bedingungen im Juni, zu einem frühen Erntebeginn, der jedoch nach nur wenigen Tagen durch eine Niederschlagsphase unterbrochen wurde. Hierdurch wurde die Strohstabilität der Sorten sehr stark beansprucht, was sich im Ergebnis einzelner Standorte, vor allem in Friedberg und Korbach, aber auch in Fritzlar und Hersfeld, zum Teil stark niedergeschlagen hat.

Deutlicher Mehrertrag durch Fungizidmaßnahmen

An jeweils fünf Hessischen Standorten werden die mehrzeiligen und die zweizeiligen Wintergerstensorten in getrennten Sortimenten geprüft. Die gleich gehaltene Düngung und Pflanzenschutzanwendung ermöglicht den Vergleich der Sorten hinsichtlich ihrer Ertragsfähigkeit, Krankheitsanfälligkeit und Robustheit. Neben den Erträgen werden von jedem Prüfglied auch die zugehörigen Qualitäts- und Anbaueigenschaften ermittelt. So ist mit Hilfe von mehrjährigen Ergebnissen über mehrere Standorte eine umfassende und sichere Beurteilung der Sorten gewährleistet. Dies sorgt für ein gehöriges Maß an Sicherheit bei der Sortenwahl wie auch bei der Sortenempfehlung.

Die unbehandelten Varianten (Stufe 1) dienen dazu die gegebene natürliche Gesundheitstoleranz jeder Sorte zu zeigen, da hier keine Fungizidmaßnahmen sowie nur reduzierte Wachstumsregler-Einsätze durchgeführt werden. In Stufe 2 werden ortsüblich optimierte Fungizid- und Wachstumsreglermaßnahmen durchgeführt, um das Ertragsvermögen der einzelnen Sorten auszuschöpfen zu können. Der Mehrertrag gegenüber den unbehandelten Varianten fiel im Mittel aller Standorte, trotz eher verhaltenem Krankheitsaufkommen in diesem Jahr, beim mehrzeiligen Sortiment mit rund 17 dt und dem zweizeiligen Sortiment mit rund 9 dt recht hoch aus (Tabelle 1 und 3). Dies begründet sich vor allem aus der zuvor erläuterten Kombination von Lageraufkommen und Krankheitsdruck ab Mitte Ährenschieben beziehungsweise Beginn der Kornfüllungsphase.

Auch die Unterschiede in den Ergebnissen einzelner Sorten zwischen den Standorten begründen sich Überwiegend in ihrer Standfestigkeit sowie Strohstabilität. Das Mehrzeilige Sortiment am Standort Korbach wie auch das zweizeilige Sortiment am Standort Fritzlar konnten infolge der zuvor erläuterten extremen natürlichen Vegetationseinflüsse aus Gründen der statistischen Sicherheit nicht in der Auswertung Berücksichtigung finden.

Rainer Cloos, LLH, Friedberg – LW 32/2017