Unmut über neue Gebietskulisse

Mit der Veröffentlichung der neuen Gebietsabgrenzung für benachteiligte Gebiete durch das Wiesbadener Landwirtschaftsministerium wird es für viele hessische Betriebe zur Gewissheit, dass sie im nächsten Jahr auf Geld verzichten müssen. Von den bislang 1 701 Gemarkungen verbleiben nur 1 149 in der Förderkulisse für die Ausgleichszulage (AGZ), 70 Gemarkungen kommen neu hinzu. Die seit Beginn der Verhandlungen im Jahr 2003 befürchtete Umverteilung wird also kommen. Heftige Diskussionen und Frust gibt es schon. Der Unmut derjenigen, die künftig aus der Förderung herausfallen, kommt daher, dass ihre Gebiete schon seit 1975 mit dem Bergbauernprogramm als benachteiligt anerkannt sind und die Standortnachteile ja bestehen bleiben. Diese wurden bislang mit Hilfe einer soliden und nachvollziehbaren Berechnung dargelegt – durch die Ertragsmesszahl beziehungsweise mit der Landwirtschaftlichen Vergleichszahl. Sie enthalten bereits die biophysikalischen Kriterien, die die Kommission umgesetzt haben will, sind aber genauer, weil sie eine Gesamtrechnung darstellen und nicht an Schwellenwerten orientiert sind. So kommt es, dass neue benachteiligte Gebiete bestimmt wurden, deren Böden zwar keine optimale Wasserführung haben mögen, auf denen aber zum Teil hohe Erträge mit Sonderkulturen erzielt werden. Und dass es künftig Gebiete gibt, die nach mehreren Kriterien knapp unter dem Schwellenwert liegen, aber nicht als benachteiligt gelten.

Wie konnte es dazu kommen? Brüssel will gleiche, nachvollziehbare Kriterien für die ganze EU. Aufhänger war das Gutachten des EU-Rechnungshofes, der die vielen verschiedenen, sicher nicht immer sachgerechten Maßstäbe in den Mitgliedstaaten monierte. Das gute deutsche System wurde mit den zum Teil schlechten, unsoliden Systemen in den anderen Ländern abgeschafft. Kurioserweise darf man hierzulande die Ertragsmesszahl zum Feintuning der Gebiets­einteilung anwenden. Die Verdrossenheit über Brüssel ist deshalb berechtigt. Hessen bleibt gleichwohl gehalten, die zehn Prozent der Landesfläche, die die Länder nach spezifischen Kriterien ausweisen dürfen, auszunutzen. Schließlich bekennt sich Hessen nach wie vor zur AGZ als Mittel, eine möglichst flächendeckende Landbewirtschaftung sicherzustellen.

Cornelius Mohr – LW 48/2018