Toben, Tiere und Traktoren auf dem Kinderbauernhof
Zehn Betriebe in Hessen haben sich bislang spezialisiert
Für Kinder und ihre Angehörigen, seien es Eltern oder Großeltern, ist der Urlaub auf einem Kinderbauernhof Abenteuer und Erlebnis pur. Sie können Toben, Tiere erleben und sich erholen. Sie können mit dem Bauern Traktor fahren, beim Melken der Kühe zuschauen, Schafe und Schweine im Stall füttern, Häschen streicheln oder beim Kochen und Backen helfen. Einen derart abwechslungsreichen Bauernhofurlaub versprechen zumindest die Anbieter. In Hessen gibt es zehn Kinderbauernhöfe. Wie es zu der Spezialisierung kam und welche Voraussetzungen diese über ganz Hessen verstreut liegenden Betriebe erfüllen müssen, um „Kinderbauernhof“ zu sein, darüber informiert nachfolgender Beitrag.
„Im immer stärker werdenden Wettbewerb und bei wachsenden Erwartungen der Gäste an ein Urlaubsangebot zeigt sich, dass ein zielgruppenorientiertes Angebot, eine Spezialisierung effektiver am Markt zu platzieren ist“, stellt Marie-Luise Brandau vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) fest. Sie berät zusammen mit zwei Kolleginnen im Fachgebiet „Landtourismus, Erwerbskombinationen“ Anbieter von Urlaub auf dem (Kinder-)Bauernhof – siehe Infokasten, S. II. Die Beraterinnen sind sich sicher, dass durch eine Spezialisierung auch das Profil des Anbieterbetriebes geschärft wird und dem potenziellen Gast deutliche Gründe geliefert werden, sich genau für dieses spezielle UrlaubsÂangebot zu entscheiden.„Im immer stärker werdenden Wettbewerb und bei wachsenden Erwartungen der Gäste an ein Urlaubsangebot zeigt sich, dass ein zielgruppenorientiertes Angebot, eine Spezialisierung effektiver am Markt zu platzieren ist“, stellt Marie-Luise Brandau vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) fest. Sie berät zusammen mit zwei Kolleginnen im Fachgebiet „Landtourismus, Erwerbskombinationen“ Anbieter von Urlaub auf dem (Kinder-)Bauernhof – siehe Infokasten, S. II. Die Beraterinnen sind sich sicher, dass durch eine Spezialisierung auch das Profil des Anbieterbetriebes geschärft wird und dem potenziellen Gast deutliche Gründe geliefert werden, sich genau für dieses spezielle UrlaubsÂangebot zu entscheiden.
Bereits im Jahr 2003 ergriff der Bauernhof und Landurlaub in Hessen (BALUH) die Initiative zur Entwicklung des Angebotes „Kinderbauernhöfe in Hessen“. Hierzu wurden zunächst einheitliche Standards definiert und in Prüfbögen zusammengefasst, die die Anbieter zu erfüllen hatten. „Nach Ablauf von drei Jahren prüfen und protokollieren wir, ob diese Sicherheits- und Qualitätskriterien weiterhin eingehalten werden“, erklärt BranÂdau das Prinzip. Ausgewählte Kriterien sind auf der folgenden Seite aufgelistet.
Weitere Voraussetzungen, um mit dem Logo „Hessischer Kinderbauernhof“ werben zu können, sind das Vorhandensein eines aktiven landwirtschaftlichen Betriebes im Sinne des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte, die BALUH-Mitgliedschaft sowie die Anerkennung als „kindersicherer Bauernhof“ (siehe Interview auf Seite III).
Die mittlerweile zehn Hessischen Kinderbauernhöfe (weitere sind willkommen!) sind in einer Arbeitsgruppe zusammengeführt, die sich zwei Mal im Jahr für Weiterentwicklungen trifft. Marie-Luise Brandau, die die Arbeitsgruppe betreut, sagt über die Treffen: „Neben dem wichtigen fachlichen Aspekt dienen diese regelmäßigen Zusammenkünfte auch dem persönlichen Gespräch und Erfahrungsaustausch. Davon profitieren die Teilnehmer sehr.“
Ausgewählte Kriterien
Mit Hilfe von zwei Prüfbogen (ein allgemeiner Prüfbogen und ein Prüfbogen für den Innenbereich der Ferienwohnung und/oder des Ferienhauses) werden zum Beispiel folgende Kriterien ermittelt:
Allgemeiner Prüfbogen:
- Haltung von mindestens zwei Nutz-/Großtierarten, wovon eine Tierart den Betrieb prägen muss
- Haltung von mindestens zwei Kleintierarten
- Der erste Eindruck des Betriebs sollte gepflegt und zeitgemäß sein
- Kinderspielplatz mit mindestens drei Spielgeräten
- Vorhandensein von einer – je nach Wohneinheiten – vorgegeÂbenen Zahl an fahrtüchtigen Kinderfahrzeugen für alle Altersstufen (vom Bollerwagen bis zum Fahrrad mit Helm)
- Durch die Berufsgenossenschaft geprüfte Spielgeräte
- Prüfbogen für den Innenbereich:
- Rauchverbot in den Räumlichkeiten mit entsprechender Beschilderung
- Raumausstattung sollte beispielsweise pflegeleichte Wände und Böden sowie Fliegengitter und Mückenschutz an mindestens einem Fenster in jedem Zimmer haben
- Die Hausordnung für Haus und Hof sollte familienfreundlich formuliert sein
- Im Hinblick auf die Baby- und Kleinkindausstattung wird beispielsweise geprüft, ob Hochstuhl, Kindergeschirr und -besteck sowie Waschmaschine vorhanden sind, ob es einen kindgerechten Wickelplatz, eine Garderobe und Handtuchhalter in Kinderhöhe gibt und ob sich die Gäste beispielsweise ein Babyphon und einen Flaschenwärmer ausleihen können.
Mehr Nachfrage durch Spezialisierung
Aus Sicht der Beraterinnen liegt das Hauptmotiv der Betriebe, sich den Kinderbauernhöfen anzuschließen, in ihrem wirtschaftlichen Erfolg. „Ãœbereinstimmend bestätigen die Betriebe, dass durch die Spezialisierung zum Kinderbauernhof die Nachfrage gestiegen ist“, so Brandau. „Hinzu kommt, dass diese Ausrichtung auch der Profilierung des Betriebes dient und Weiterentwicklungen mit den entsprechenden Angeboten und Investitionen klarer werden.“
Nicht nur die betrieblichen Voraussetzungen für dieses Einkommensstandbein im Landtourismus muss gegeben sein, sondern auch die sozialen Kompetenzen müssen stimmen. „Nur mit Leidenschaft an der Sache, der Ãœberzeugung vom eigenen Produkt und dem Einverständnis der gesamten Familie, dass nun immer Gäste auf dem Hof sein werden, ist die Authentizität des Urlaubshofes gewährleistet und kann als Einkommensstandbein funktionieren“, so Marie-Luise Brandau.
Im Vergleich zu Angeboten wie `Lernen auf dem Bauernhof´ oder `Bauernhof als Klassenzimmer´, die den Ansatz der pädagogisch aufbereiteten Wissensvermittlung und Information haben, vermitteln Kinderbauernhöfe ebenfalls das Thema Landwirtschaft, „aber eher im Sinne eines Urlaubserlebnisses“, grenzt Brandau die Angebote voneinander ab.
Aktion „Kinder sicher und gesund auf dem Bauernhof“
Für die Voraussetzung, ein möglichst „kindersicherer“ Bauernhof zu sein, muss sich jeder Kinderbauernhof einer Prüfung durch die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft unterziehen. Dafür gibt es einen Kriterienkatalog, der vor Ort abgearbeitet wird. Nach erfolgreicher Prüfung erhält der Betrieb die Plakette „Kinder sicher und gesund – ausgezeichneter Bauernhof“ (siehe Infokasten „Nachgefragt“).
Ein Plus, Anbieter im Landtourismus mit eigenem Hof zu sein, sind neben den Tieren und dem landwirtschaftlichem Ambiente die eigenen landwirtschaftlich erzeugten Produkte. „Die Höfe können ihren Gästen damit tolle Verpflegungsangebote machen. Glücklicherweise ist für die Bewirtung von Hausgästen keine gaststättenrechtliche Erlaubnis erforderlich“, merkt Brandau an. Ãœberfprüfungen durch die örtlichen Veterinärämter bezüglich der Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Bestimmungen würden jedoch erfolgen. Marie-Luise Brandaus Tipp: „Nehmen Sie im Vorfeld Kontakt mit dem Veterinäramt auf!“
Wer Feriengäste beherbergt, sei es bei Urlaub auf dem Bauern- oder Winzerhof oder auf einem Kinder- oder Reiterhof sollte vorab auch unbedingt seine Versicherungen prüfen. „Der eigene Versicherer und auch die zuständigen Geschäftsstellen beim Bauern- und Winzerverband helfen sicherlich weiter, damit die Betriebe für alle Eventualitäten versicherungstechnisch abgesichert sind!“, rät Brandau.
Gemeinsame Marketingstrategien
„Gemeinsam sind wir stark!“ – dieses Motto kann sich jeder Betrieb, der mit anderen kooperiert, beispielsweise in puncto Marketing zunutze machen. Die Kinderbauernhöfe bieten ihre Ferienangebote im BALUH-Landsichtenportal in einer eigenen Rubrik an – siehe www.landsichten.de/hessen > Urlaubsthemen > Kinderbauernhöfe. Außerdem gibt es eine eigene Website: www.kinderbauernhof-
hessen.de sowie eine ImageÂkarte. Auf dieser großen farbenfrohen Karte sind alle teilnehmenden Betriebe mit ihren Kontaktdaten und einer Standortmarkierung auf einer Landkarte aufgelistet. Die Imagekarte wird sowohl im eigenen Betrieb ausgelegt als auch auf Messen, Ausstellungen und bei Kooperationspartnern verteilt. „Wichtig ist den Betrieben auch, mit dem eigenen Logo `Kinderbauernhof in Hessen´ werben zu können. Das hat einen guten Wiedererkennungseffekt“, meint die Beraterin.
Worin liegt die Beratertätigkeit?
Die fachliche Betreuung der Arbeitsgruppe sowie eine Einzelbetriebliche Grundberatung sind kostenfrei, informiert das LLH-Beraterteam. Kostenpflichtig sind beispielsweise betriebswirtschaftliche Analysen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen (70 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer) oder ein Internetcheck (ebenfalls 70 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer). „Wir unterstützen auch bei der Freischaltung des Internetauftritts auf das Landsichtenportal. Dafür fallen 100 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer an“, erklärt Brandau. Fortbildungsangebote in Form von Seminaren, Vorträgen und Exkursionen seien zum Teil kostenpflichtig.
Effekt für die moderne Landwirtschaft
Kinderbauernhof zu sein, bedeutet nicht nur, sich ein Einkommensstandbein aufgebaut zu haben, sondern dieser Wirtschaftszweig belebt auch das wirtschaftliche Umfeld des ländlichen Raums. Vor- und nachgelagerte WirtschaftsbeÂreiche können schließlich von den Angeboten profitieren. Außerdem dienen die Gespräche mit den Gästen und die gemeinsame Hofarbeit der Imagepflege für den Berufsstand. Denn wer Gästen die Möglichkeit gibt, die Arbeit auf einem Bauernhof mitzuerleben und ihnen zeigt, wie Lebensmittel erzeugt werden, leistet zusätzlich einen wertvollen Beitrag für die Öffentlichkeitsarbeit der modernen Landwirtschaft. – Was einzelne Kinderbauernhöfe ihren Gästen bieten, was sie dafür tun müssen und was die Gäste zurückmelden, das erfahren Sie auf den folgenden Seiten!
SL – LW 24/2015