Solidarischen Beitrag würdigen

Die Märkte mit Getreide in Deutschland sind übervoll, ganz besonders mit Futtergetreide. Derzeit werden dem Erzeuger vom Handel 150 bis 165 Euro pro Tonne angeboten. Vor Jahresfrist waren es noch 250 Euro. Getreide aus der Ukraine drückt auf den Markt. Das berichten Vertreter des Handels. Es kommt per Schiff die Donau hoch oder auch per Eisenbahn. Für die heimischen Bauern sind die Mengen ein großes Problem. Durch den langanhaltenden Regen während der Ernte im vergangenen Jahr konnten sie selbst zu einem großen Anteil nur Futtergetreide ernten, und viel Getreide liegt noch auf Lager. Zurückgehende Tierzahlen spielen auch eine Rolle.

Zwei Jahre nach dem Beginn des Krieges Russlands gegen die Ukraine sind die Auswirkungen auf die heimische Landwirtschaft, die es ja von Anfang an gab – hohe Betriebsmittel- und Energiepreise, aber auch hohe Erzeuerpreise – nochmals verstärkt. Die Bauern leisten derzeit einen großen solidarischen Beitrag zur Unterstützung des von Terror überzogenen Landes.

Die EU hatte vor zwei Jahren Handelserleichterungen beschlossen und im Folgejahr bis zum 5. Juni 2024 verlängert. Jetzt will die EU die Regelungen um ein weiteres Jahr verlängern. Die europäischen Bauern- und Agrarverbände kritisieren, dass dies ohne Änderungen geschehen solle, obwohl der Binnenmarkt gestört wird und die traditionellen Märkte für das ukrainische Getreide verloren gehen könnten. Mit ihren Forderungen nach wirksamen Schutzmaßnahmen bleiben sie allerdings sehr allgemein, weil die Lösungen sehr schwierig sind. Die Einnahmequellen der Ukraine sollen nicht versiegen, aber die Kapazitäten der alternativen Handelswege, mit denen das Agrarland seine angestammten Kunden in Afrika und dem Nahen Osten beliefern kann, reichen nach wie vor nicht aus. Hier muss die EU noch größere Anstrengungen unternehmen und gegebenenfalls auch mit Zöllen gegensteuern. Auch die Bauern dürfen von der EU nicht allein gelassen werden, wenn diese übermäßig für die europäische Solidarität geradestehen. Bei den angelaufenen Gesprächen für Regelvereinfachung auf EU-Ebene, aber auch bei der aktuellen Diskussion um Entlastungen der Bauern in Deutschland sollte dies gewürdigt werden.

Cornelius Mohr – LW 9/2024