Wer braucht 400 PS?

Im aktuellen Schleppertest der landwirtschaftlichen Wochenblätter untersucht die Landwirtschaftskammer Niedersachsen Traktoren der 400-PS-Klasse. Natürlich braucht nicht jeder Betrieb Technik in diesem Leistungsbereich; die Maschinen sind aber allein schon deshalb interessant, weil sie die Spitzenmodelle der jeweiligen Hersteller repräsentieren und daher in Sachen Leistung, aber auch bei der Ausstattung einen Überblick bieten, was derzeit für die Praxis erhältlich ist.

Viele der bei den Großtraktoren gezeigten Lösungen können auch für kleinere Baureihen sinnvoll sein, und die Erfahrung zeigt, dass solche Aussattungen mit der Zeit in die unteren Leistungsklassen „durchsickern“.

Eine Faustregel, wie viel PS pro Hektar der Betriebstraktor haben sollte, gibt es nicht, denn dazu spielen zu viele Faktoren eine Rolle (hügelieges Gelände, Intensität des Bodeneingriffs, benötigte Hubkraft und so weiter). Es gibt allenfalls die scherzhafte Einschätzung, man sollte beim Neukauf die Schlepperleistung des Nachbarn mit etwa 1,2 multiplizieren – was aber nicht unbedingt wirtschaftlich sein muss.

Ein Wert von um die 400 PS kann für einen Betrieb oder Lohn­unternehmer durchaus sinnvoll sein, denn eine hohe Schlagkraft wird bei zunehmend unsicherer Witterung mit kleinen Zeitfenstern für die Bearbeitung und Ernte immer bedeutender. Außerdem erscheint eine solche Leistung gar nicht mal so hoch, wenn man beispielsweise nach Autos mit mehr als 380 PS in einem großen deutschen Gebrauchtwagenportal sucht: Dort werden einem aktuell mehr als 16 000 solcher Fahrzeuge angeboten (hier kommt das Nachbar-Prinzip wohl eher zum Tragen).

Die Preise für die getesteten Schlepper bewegen sich um die 300 000 Euro. Dennoch konnten die Landtechniker auch einige Probleme ausmachen, die einer Verbesserung harren – meistens allerdings bezüglich der Bedienbarkeit und nicht grundsätzlicher Leistungsmerkmale. Interessant ist das Ergebnis, dass Großtraktoren durchaus günstig im Verbrauch sein können, wenn man diesen in Liter pro PS und Stunde ausweist.Teil 1 des Schleppertests finden Sie ab Seite 14.

Karsten Becker – LW 42/2021