Kann Brüssel Entbürokratisierung?
In der zweiten Amtszeit von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bemüht sich die Behörde nach eigenem Bekunden verstärkt darum, den „Bestand“ und den „Strom“ an Rechtsvorschriften zu verringern. Dazu erarbeitet die Europäische Kommission sogenannte Omnibuspakete, die mehrere Gesetze gleichzeitig vereinfachen sollen. Prominentes Beispiel ist das EU-Lieferkettengesetz (im Omnibus I), das jetzt abgeschwächt wird. Die Vorgaben sollen nur noch für wenige Großunternehmen gelten und die Umsetzung um ein weiteres Jahr verschoben werden.
Bei dem Paket III, das Regularien in der Landwirtschaft vereinfachen soll, wurde im November eine Einigung im Trilog erzielt, eine endgültige Verabschiedung durch Rat und Parlament fehlt aber noch, und der Bund muss das Paket anschließend noch umsetzen. Es enthält einige Erleichterungen bei der aktuellen GAP (Stichtagsregelung beim Status Ackerland, Reduzierung der Kontrollen, Erleichterung für Ökobetriebe und kleine Betriebe). Insgesamt betreffen die Vereinfachungen aber nur einen kleineren Teil der landwirtschaftlichen Betriebe. Das jetzt von der Kommission vorgeschlagene Omnibuspaket VIII für den Umweltbereich enthält ebenfalls nur für einige Nischen der Landwirtschaft relevante und geringfügige Erleichterungen.
Europa, das betrifft nicht nur die Kommission, sondern auch das Parlament, fehlt immer noch der Mut zur Lücke und das Vertrauen in die Wirtschaftsakteure. Der Glaube, alles bis ins Detail regeln zu müssen, ist tief verwurzelt. Der Draghi-Bericht im vergangenen Jahr zur Zukunft der Wettbewerbsfähigkeit der EU zeigt das deutlich: In der EU kommen schneller neue Rechtsvorschriften hinzu als in anderen vergleichbaren Volkswirtschaften. So seien in den USA im Zeitraum von 2019 bis 2024 rund 3 500 Gesetze und rund 2 000 Beschlüsse verabschiedet worden. In derselben Zeit wurden von der EU rund 13 000 Rechtsakte verabschiedet. Dabei ist nicht ausgemacht, dass die Welt dadurch besser wird. Eher fällt Europa, wenn sich nichts ändert, durch die Fesseln der Bürokratie weiter in seiner wirtschaftlichen Stärke zurück und verliert hierdurch an politischem Einfluss.
Cornelius Mohr – LW 51/2025
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