Der Countdown läuft

Bis zur Bundestagswahl am 26. September vergeht noch einige Zeit. Bis dahin werden sich auch Meinungstrends noch ändern. Die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt war eine Zäsur, die dem vorher schon abgeflachten Umfrage-Anstieg der Grünen einen Dämpfer versetzte. Auch ihre Spitzenkandidatin Annalena Baerbock, die vor Wochen noch moralisch überlegen und unverbraucht schien, hat mittlerweile Blessuren, und die starke Fokussierung auf Klimaschutz als Wahlmotiv erweist sich als nicht ausreichend.

Dass Grüne und Union, die sich bei der jüngsten Landtagswahl wiederum als politische Heimat der meisten Landwirte erwies, eine Regierung bilden, ist gleichwohl nicht unwahrscheinlich. Aus berufsständischer Sicht wird entscheidend sein, ob es weiterhin ein Landwirtschaftsministerium gibt und wer es führt. Denn ansonsten könnte eine schwarz-grüne Koalition kaum problematischer sein als die derzeitige schwarz-rote Bundesregierung. So gebärden sich die Sozialdemokraten mittlerweile immer mehr als Kritiker der eigenen Koalitionsregierung, auch in Agrarfragen. SPD-Umweltministerin Svenja Schulze mit ihren Kompetenzüberschreitungen in Richtung des Agrarressorts ist Opposition und Kabinettsmitglied in einem.

Unterdessen werden noch weniger Landwirte im Bundestag vertreten sein, altgediente Agrarier treten nicht wieder an oder sind bei der Aufstellung der Kandidaten hinten runtergefallen. Der Trend geht weiter hin zu Beamten, Soziologen und Berufspolitikern als Parlamentarier. Sie sind auch ein Grund für mehr Bürokratie, weil das Verständnis von Betriebsabläufen oft fehlt und der Glaube vorherrscht, alles könne und müsse gesetzlich geregelt werden. Die Überzeugungsarbeit des Berufsstandes in die Politik hinein wird noch schwieriger.

Der Bauernverband hat jetzt seine Kernanliegen zur Bundestagswahl formuliert, deren Umfang ein Buch füllen könnte. Es sind berechtigte Anliegen von Unternehmern, die ein Einkommen für ihre Familien erzielen müssen. Und vor allem sind sie die Voraussetzungen zur Erfüllung der gewaltigen Erwartungen von Politik und Gesellschaft an die Landwirtschaft hinsichtlich Klima-, Natur- und Artenschutz, Tierwohl sowie Ressourcenschonung bei gleichzeitiger Sicherung der Nahrungsmittelerzeugung.

Cornelius Mohr – LW 23/2021