Alte Probleme und ein neues Selbstverständnis
Hauptthemen auf dem Deutschen Bauerntag vergangene Woche in Lübeck waren unter anderem die explodierenden Betriebsmittelpreise und die wachsende Sorge vor einer weltweiten Hungerkrise, ausgelöst durch den Krieg in der Ukraine. Die Rufe nach einem Aufschub oder einer Umgestaltung geplanter EU-Umweltmaßnahmen im Rahmen der GAP, insbesondere der vierprozentigen Flächenstilllegung, werden lauter. Die Bedeutung, die die heimische Landwirtschaft für die Ernährungssicherung hat, ist stärker in die öffentliche Wahrnehmung gerückt. DBV-Präsident Joachim Rukwied machte deutlich, dass Versorgungssicherheit schon immer Thema der Landwirte war. Für eine leistungsfähige Landwirtschaft braucht es eine zukunftsfähige Tierhaltung. Dazu bekannte sich Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, der den viehhaltenden Betrieben mit der staatlichen Tierhaltungskennzeichnung nun mehr Planungssicherheit verschaffen will. Auch die lange diskutierte Finanzierung von Umbaumaßnahmen will er auf den Weg bringen. Mit einem Gesamtpaket zur Unterstützung der Tierhaltung sollen Finanzierung, Tierschutz, Haltungskennzeichnung und Anpassungen im Bau- und Genehmigungsrecht unter einen Hut gebracht werden. Der Wille zur Weiterentwicklung der Tierhaltung war auch in der Vorgängerregierung da. Die konkrete Umsetzung hängt aber maßgeblich davon ab, jetzt die erforderliche Überzeugungsarbeit bei den Koalitionspartnern zu leisten. Die Zielkonflikte, denen die Landwirte ausgesetzt sind, müssen ebenfalls in die öffentliche Wahrnehmung gerückt werden. Mit dem Konzept „Zukunftsbauern“ hat der DBV in einer bundesweiten Arbeitsgruppe Ideen zusammengetragen und den Delegierten eine neue Marschrichtung für die Zukunft vorgeschlagen – raus aus der Opferrolle, rein in ein neues Selbstverständnis als Unternehmer und Dienstleister für die Gesellschaft. Das Konzept fand bei der Mitgliederversammlung viel Zuspruch. Klar ist: die aktuellen Herausforderungen werden dadurch nicht verschwinden. Diesen als Lösungsanbieter zu begegnen und nicht als Teil des Problems, kann aber sicher langfristig für ausreichend Rückenwind aus der Gesellschaft sorgen, um wieder die verdiente Wertschätzung zu erfahren.
Katharina Büsse – LW 25/2022