Hanfanbau bleibt eine Nische

Die Bundesregierung plant schon seit Längerem eine weitgehende Cannabis-Legalisierung, da der bisherige Umgang mit der Droge gescheitert sei. Im April stellten Landwirtschaftsminister Özdemir und Gesundheitsminister Lauterbach dazu ein Eckpunktepapier mit einem Zwei-Säulen-Modell vor: In einem ersten Schritt soll der Anbau unter strengen Auflagen in nicht-gewinnorientierten Vereinigungen, sogenannten Cannabis-Clubs mit maximal 500 Mitgliedern ab 18 Jahren, bundesweit ermöglicht werden. Ebenfalls erlaubt ist dann der private Eigenanbau der Mitglieder, begrenzt auf wenige Samen und Stecklinge. Der zweite Schritt soll Unternehmen die Produktion, den Vertrieb und die Abgabe in Fachgeschäften von Genusscannabis an Erwachsene in einem lizensierten und staatlich kontrollierten Rahmen ermöglichen. Dieses Modellvorhaben soll über fünf Jahre laufen und wissenschaftlich in Bezug auf die Auswirkungen der kommerziellen Lieferketten, auf den Gesundheits- und Jugendschutz sowie auf den Schwarzmarkt untersucht werden.

Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Staudte, Grüne, sieht in der geplanten Cannabis-Freigabe eine Chance für die Landwirtschaft: Da die Corona-Pandemie und die Afrikanische Schweinepest die Schweinehalter in eine tiefe Krise gestürzt haben, würden etliche Schweineställe leer stehen. Die Cannabis-Clubs könnten die leeren, gut abschließbaren Gebäude pachten, um darin legal Hanf anzubauen.

Dass Landwirte in der Lage sind, die Kulturpflanze anzubauen, steht außer Frage. Sie könnten damit loslegen, sobald der Anbau legal ist und Hanf-Samen zur Verfügung stehen.

Der bisher mögliche Anbau von Nutzhanf (mit THC-Werten unter 0,2 Prozent) ist nur eine Nische. So wird es auch bei dem legalen Cannabis-Anbau sein. Existenznöte von Landwirten, die ihre leeren Ställe für den Hanfanbau zur Verfügung stellen, werden damit sicher nicht gelöst.

Außerdem stellt sich die Frage, wie man mit der Cannabis-Legalisierung den illegalen Handel und den Konsum durch Minderjährige zurückdrängen kann. Und: Da Cannabis die Entwicklung des Gehirns bis zum Alter von 25 Jahren beeinträchtigen kann, bleibt der legale Konsum auch aus medizinischer Sicht sehr fragwürdig.

Dr. Stephanie Lehmkühler – LW 19/2023