Isofluran: Schweinehaltern läuft die Zeit davon
Ab Januar 2021 dürfen Ferkel nur noch unter Betäubung kastriert werden. Die meisten Sauenhalter haben sich längst entschieden, mit welchem Verfahren sie dies umsetzen wollen. Nach einer Erhebung des Hessischen Bauernverbandes (HBV) beabsichtigen 85 Prozent der befragten Betriebe die Isoflurannarkose anzuwenden. Die Gründe liegen in der Wirtschaftlichkeit, denn die Tierhalter dürfen das Verfahren selbst anwenden – im Gegensatz zur Injektionsnarkose, die nur vom Tierarzt durchgeführt werden darf, was höhere Kosten verursacht. Außerdem haben viele Ferkelerzeuger mehrere Abnehmer und möchten für eine bessere Flexibilität weiter kastrierte Ferkel anbieten. Fehlende Vermarktungsmöglichkeiten sind für viele Landwirte ein Grund, der gegen die Ebermast oder eine Impfung mit Improvac spricht. Mit dem Förderprogramm der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung wurden zudem Anreize zur Wahl der Isoflurannarkose geschaffen: Bis zu 60 Prozent des Anschaffungswertes der Geräte werden erstattet. Mehr als 1 400 Anträge aus ganz Deutschland sind bereits eingegangen.
Die Bundesregierung hat den Weg geebnet, damit die Sauenhalter Isofluran selbst anwenden dürfen, dafür müssen sie einen Sachkundenachweis erwerben. Verwunderlich ist, dass Hessen diese Schulungen nicht anbieten will. Begründet wird das von Seiten des Landwirtschaftsministeriums damit, dass Aspekte des Gesundheits- und Arbeitsschutzes bei der Durchführung der Isoflurannarkose nicht ausreichend berücksichtigt würden. In den meisten anderen Bundesländern ist es selbstverständlich, dass die Betriebsleiter vor Ort einen Sachkundenachweis erwerben können, so auch in Rheinland-Pfalz, wo in der Lehr- und Versuchsanstalt Hofgut Neumühle die Planungen laufen.
Etwa 300 Landwirte müssten laut der HBV-Umfrage allein in Hessen die Isoflurannarkose-Sachkunde erwerben. Diese müssen sich nun in anderen Bundesländern schulen lassen. Ob das unter den Bedingungen der sowieso knappen Kursplätze und Verzögerungen durch die Coronakrise bis Ende dieses Jahres umgesetzt werden kann, ist überaus fraglich. Hier werden die hessischen Schweinehalter von der Landesregierung alleingelassen.
Marion Adams – LW 18/2020