Licht und Schatten

Die Landwirtschaft ist wie kaum eine andere Branche vom politischen Handeln abhängig. Deshalb war die Spannung unter den Bäuerinnen und Bauern groß, wie sich die künftige Regierungskoalition inhaltlich wie auch personell aufstellt. Bei Betrachtung des Koalitionsvertrages und des Personaltableaus dürfte sich einige Anspannung gelöst haben, wenn auch das Papier zum Teil vage bleibt und an anderer Stelle Maßnahmen idealisiert werden. So ist der Wille, eine verbindliche Haltungs- und Herkunftsbezeichnung einzuführen, positiv, ebenso wie die angekündigte Unterstützung der Bauern für den Umbau der Nutztierhaltung. Die Finanzierung bleibt allerdings unklar. Schön liest sich, dass die Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln verbessert werden soll und schnelle und transparente Entscheidungen gefordert werden. Wenn die nationalen Zulassungsbehörden künftig ihre Verhinderungstaktik hinter sich ließen, wäre das zu begrüßen.

Gut ist die Aussage, dass bei der Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen regionale und flexible Lösungen ermöglicht werden sollen, wenngleich Insektenschutz sehr einseitig mit der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln verbunden wird. Eine vage Hoffnung kann man mit dem Einstieg in das Bestandsmanagement beim Wolf verknüpfen. Eine klare Aussage zu neuen Züchtungsmethoden gibt es nicht, hier waren die Unterschiede unter den Koalitionären offenbar zu groß. Die Förderung von dezentralen Schlachtstätten und mobilen Anlagen ist gut gemeint, aber eine Trendumkehr zugunsten von regionalen Strukturen unrealistisch. Ob das Ziel 30 Prozent Ökolandbau im Jahr 2030 erreicht werden kann, wird der Markt entscheiden, auch wenn der Bund ihn noch so stark fördert. Sicherzustellen ist, dass die von der Koalition angestrebte Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren auch für die Landwirtschaft beim Stallbau gilt. Sehr zu knapsen werden die Betriebe, insbesondere mit Saisonarbeitskräften, an der Heraufsetzung des Mindestlohns unter Umgehung der Tarifautonomie haben.

Positiv ist der Beibehalt eines eigenständigen Landwirtschaftsministeriums und eines als pragmatisch geltenden Ministers Özdemir.

Cornelius Mohr – LW 48/2021