Winzer kämpfen mit Extremen

Im Jahr 2016 gab es einen historisch starken Peronospora-Befall (Falscher Mehltau) in den Weinbergen, der dieses Jahr offenbar noch übertroffen wird. Der massive Befalls­druck lässt seit Vegetations­be­ginn nicht nach, denn die Witterung ist immer wieder wechselhaft. Besonders betroffen sind Ökobetriebe, aber auch konventionell Wirtschaftende kommen an ihre Grenzen. Während in windoffenen Lagen oft kein Ölfleck zu finden ist, gibt es einzelne Gewanne in Senken, in denen kein Ertrag mehr zu erwarten ist. Gescheine, Trauben und Blätter sind befallen.

Oft konnte nicht zum optimalen Zeitpunkt behandelt werden, weil die Weinberge nicht zu befahren waren. Vielerorts werden im Ökoweinbau die Kupferaufwandmengen dieses Jahr an die 4 kg/ha heranreichen. Einige Winzer in der Umstellungsphase haben abgebrochen. Unter den aktuellen Bedingungen ist die von der EU politisch gewünschte 25 Prozent Ökofläche bis 2030 reine Illusion.

Ob die Forschung wirksame Kupferalternativen oder -reduktionsmöglichkeiten findet und diese zugelassen werden, ist ungewiss. Die Zulassung von Ka­liumphosphonat für Ökobetriebe ist ein politisches Ziel, das vom Votum der Vertreter aus Italien, Frankreich und Spanien abhängig ist. Für Deutschland müssen die Ökoverbände, der Deutsche Weinbauverband und Vertreter der weinbautreiben­den Bundesländer auf EU-Ebene geschlossen auftreten. Das hat bisher gut funktioniert und führt hoffentlich wieder zum Erfolg. Es wird politisch angestrebt, die Pflanzenschutzmittelmenge um 50 Prozent zu senken, und es werden immer weniger Mittel zugelassen – aber wie soll das gehen? Gerade auch die ökologisch wirtschaftenden Betriebe lässt man im Regen stehen.

Was Einzelne oder auch NGOs, ohne jegliche Fachkenntnisse, ins Blaue hinein fordern, wird plötzlich zum Maßstab für die Politik, die wiedergewählt werden möchte. Es macht sich bei Winzern, Obst- und Gemüsebauern sowie Landwirten bisweilen Verzweiflung breit, wenn sie bei extremen Wetterlagen mit zunehmendem Krankheitsdruck kämpfen und dabei die hohen Anforderungen der Gesellschaft erfüllen sollen.

Bettina Siée – LW 32/2021