Zweifel auch im Regierungslager

Die massiven Proteste der Bäuerinnen und Bauern gegen die Pläne der Bundesregierung zur Haushaltskonsolidierung hat einige Bewegung in die politische Diskussion gebracht. Die Aktionen, die der Bauernverband wenige Stunden nach dem Bekanntwerden der Vorhaben mit beeindruckender Schnelligkeit und Präzision geplant und am Wochenende und am Montag mit tausenden Teilnehmern in Berlin und in den Regionen umgesetzt hat, hatten Wirkung. In allen bedeutenden Medien kam die weithin wohlwollende Berichterstattung an erster Stelle. Unterstützt wird der Bauernverband bei der Argumentation von Öko- und sogar Teilen der Umweltverbände. Dass die Landwirtschaft durch die geplante Streichung der Agrardieselvergütung und der Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge einseitig einen weit überproportionalen Anteil zur Einsparung beziehungsweise für zusätzliche Staatseinnahmen leisten soll, räumen selbst Vertreter der Ampelregierung und der sie tragenden Fraktionen ein, Agrarpolitiker aller Parteien stehen den Plänen ablehnend gegenüber. Die höheren Kosten verringern die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Landwirtschaft. Schätzungen zufolge würde nach den Kürzungen jeder Betrieb mit durchschnittlich rund 4 000 Euro zusätzlichen Steuern belastet.

Dass selbst Finanzminister Lindner jetzt offen für Änderungen ist, zeigt, dass die Vorschläge nicht bis hinten durchdacht waren. Dabei ist das Argument, bei der Agrardieselvergütung handele es sich um eine klimaschädliche Subvention, unpassend, weil es derzeit für Schlepper keine Alternative zum Diesel gibt und sich die Fahrten kaum reduzieren lassen.

Die Frage ist jetzt, wie man diese drastischen Vorschläge wieder wegbekommt. SPD und Grüne verteidigen die unverhältnismäßige Steigerung der Sozialausgaben und die bereits geschmälerte Finanzierung der künftigen Klimaneutralität der Volkswirtschaft mit Zähnen und Klauen. Die FDP verteidigt die Schuldenbremse. Es wird noch ein schwieriger Weg im parlamentarischen Verfahren, das im Januar ansteht.

Cornelius Mohr – LW 51/2023