Aussichten nach der Europawahl

Aus dem Blickwinkel der Landwirtschaft ist die Europawahl positiv ausgegangen. Die christdemokratische EVP-Fraktion, die unter den Bauern in Deutschland die stärkste Unterstützung erhielt, konnte leicht zulegen und ist wieder größte Fraktion. Sie spricht sich für die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit aus und setzt bei den Nachhaltigkeitszielen auf Kooperation und Anreize. Die EVP hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die zu weit reichenden Vorhaben zur Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln und zur Wiederherstellung der Natur im Parlament gestoppt wurden. Die Grünen sind dagegen deutlich geschwächt aus der Wahl hervorgegangen. Sie hatten den guten Willen der Landwirte, ihren Beitrag zur Nachhaltigkeit zu leisten, in Unmut umgekehrt, weil sie auf Ordnungsrecht setzen und diese Vorhaben völlig überdehnten. Die Voraussetzungen für eine sachgerechtere Agrarpolitik sind nach der Wahl deshalb nicht schlecht. Dabei kommt es auch darauf an, wie sich die erstarkten Nationalkonservativen und Rechtspopulisten im Parlament verhalten, die sich zwar landwirtschaftsfreundlich geben, aber auch zum Teil auf eine Renationalisierung der Agrarpolitik setzen. Da es keinen Fraktionszwang wie in den nationalen Parlamenten gibt, wird es möglicherweise noch mehr wechselnde Mehrheiten geben.

Bei der Ausrichtung der europäischen Politik kommt es maßgeblich auf die künftige Kommission an, die das Initiativrecht für gesetzliche Vorhaben hat. Ursula von der Leyen, die den Green Deal mit ihrem Vizepräsidenten Frans Timmermans vorangetrieben hat, aber dann von der eigenen EVP-Fraktion eingebremst wurde, hat gleichwohl gute Chancen, wieder vom Ministerrat vorgeschlagen und vom Parlament gewählt zu werden.

Für die Landwirtschaft wäre es wichtig, dass das Agrarressort wieder von einem durchsetzungsstärkeren Kommissar geführt wird, der seine Kollegen, aber auch die Menschen außerhalb der Agrarbranche für die Landwirtschaft einnehmen kann und sich bei Belangen der Agrarwirtschaft nicht das Heft des Handelns aus der Hand nehmen lässt.

Cornelius Mohr – LW 24/2024