Geschlossenheit auf dem Bauerntag

Wenn der Deutsche Bauernverband mit den Bauerntagen Geschlossenheit zeigen will, so ist ihm dies vergangene Woche in Cottbus sehr gut gelungen. Ein Indiz dafür sind die guten Ergebnisse bei der Wiederwahl des Präsidenten und der meisten seiner Vorstandskollegen. Joachim Rukwied konnte seine Zustimmung um fast 7 Prozentpunkte gegenüber dem vorigen Male steigern. Es ist eine Anerkennung dafür, dass er die Protestbewegung im vergangenen Winter mit äußerstem Einsatz angeführt und auf den Kundgebungen und in den Medien eine souveräne Figur abgegeben hat. Dass die Bilanz der Proteste aus landwirtschaftlicher Sicht bislang gemischt ist, kreideten die Delegierten dem Vorstand realistischerweise nicht an. Vielmehr wurde das Erreichte, allen voran der große Ansehensgewinn bei der Bevölkerung, aber auch die bisherigen politischen Zugeständnisse (Änderung bei den GLÖZ-Vorgaben, Scheitern der SUR, Beibehalt des grünen Nummernschilds, Abschmelzen statt Abschaffen des Agrardiesels) anerkannt.

Die Erwartung der Landwirtschaft, dass Bürokratie abgebaut wird, die Politik mehr Anreize statt Vorgaben sowie einen Ausgleich für den Wegfall des Agrardiesels schafft, sind gleichwohl unvermindert hoch. Andererseits wächst die Erkenntnis, dass diese Forderungen bei der gegenwärtigen Ampelregierung kaum Eingang finden. Das Agrarpaket der Koalitionsspitze ist bei weitem nicht die große Entlastung, wie die Ampel es darstellt. Einen Tag vor dem Bauerntag vorgelegt, sollte es dem Bauernverband wohl medial etwas den Wind aus den Segeln nehmen. Gleichzeitig will die Regierung ein neues Tierschutzgesetz auf den Weg bringen, das mehr Aufwand und Bürokratie mit sich bringen wird. Wollte die Koalition eine Entlastung schaffen, die sie nichts kostet, und ein Zeichen gegen überflüssige Bürokratie setzen, könnte sie die Stoffstrombilanz abschaffen. Dies hat selbst der sozialdemokratische Ministerpräsident Woidke auf dem Bauerntag gefordert. Merkwürdigerweise hat Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir dazu nichts gesagt. Man könnte spekulieren, ob er nicht will oder als Grüner und Kabinettskollege von Umweltministerin Steffi Lemke nicht darf.

Cornelius Mohr – LW 27/2024