Konzilianter Landwirtschaftsminister

Auf den Deutschen Bauerntagen haben die Delegierten aus den Landesverbänden Gelegenheit, sehr nahe an die Politik zu kommen und Einiges über den Umgang von Verbandsvertretern mit der Regierung zu erfahren. In Münster galt dies umso mehr, als hier die Ausführungen diskutiert werden konnten. Dabei ging es auch um die Frage, ob man als Verband nicht härter gegenüber der Politik auftreten solle. DBV-Präsident Rukwied hat sein bislang diplomatisches Vorgehen begründet. Der DBV solle die Nummer 1 als Ansprechpartner, wie es Landwirtschaftsminister Özdemir schon zu Beginn seiner Amtszeit formuliert hatte, bleiben. Das könnte sich langfristig mehr auszahlen als ein konfrontatives Vorgehen. Özdemir gab sich entgegenkommend und um Verständnis für sein Handeln werbend. Forderungen nach einer Einschränkung der Tierhaltung oder des Fleischkonsums waren von ihm nicht zu hören, im Gegenteil, er kritisierte eine städtische, verzerrte Sichtweise der Tierhaltung und sagte sogar, jeder solle so viel Fleisch essen, wie er wolle. Auf europäischer Ebene trete er dafür ein, dass die deutschen Verhältnisse und Vorleistungen bei der Reduktion von Pflanzenschutzmitteln berücksichtigt werden. Und er sprach sich gegen PV-Anlagen auf guten landwirtschaftlichen Flächen aus.

Das hört sich nach einem Anwalt für die Landwirtschaft an. Warum dann die zum Teil massive Kritik der Delegierten? Weil die grüne Politik auf europäischer Ebene mit Extensivierung, Einschränkung des Eigentums und Ordnungsrecht statt Kooperation weiterläuft. Weil der Umbau der Tierhaltung nach wie vor eine Hängepartie ist und eine ausreichende Finanzierung nicht in Aussicht steht. Weil gleichzeitig die Staatssekretärinnen in Özdemirs Haus einen Abbau der Tierhaltung fordern. Weil Öko-Regelungen aus offensichtlich ideologischen Gründen schlecht ausgearbeitet werden.

Die konfrontative Arbeit der Grünen ist im Parlament mit Agrarsprecherin Renate Künast und im Umweltministerium mit Ministerin Steffi Lemke angesiedelt, der Özdemir quasi eine Mitzuständigkeit für Landwirtschaft eingeräumt hat. Die Delegierten haben da den klaren Blick bei aller Konzilianz Özdemirs nicht verloren.

Cornelius Mohr – LW 27/2023