Nach dem Tag der Erleichterung
Der landwirtschaftliche Berufsstand hat durch seine bundesweiten Proteste im vergangenen Winter ein Stück weit am vorzeitigem Aus der Ampelkoalition mitgewirkt. Die Aktionen haben den Unmut mit der Politik der bisherigen Bundesregierung weithin in den Medien sichtbar gemacht. Die Beteiligung anderer Berufsgruppen wie Handwerker und Spediteure und die wohlwollende Reaktion der Bevölkerung verdeutlichte, dass die Unzufriedenheit eine breite Basis in der Bevölkerung hat. Es wurde eine Bewegung losgetreten.
Für den Berufsstand war der vergangene Montag somit ebenfalls ein Tag der Erleichterung. So hatte sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich anlässlich des Misstrauensvotums und der dadurch möglichen Neuwahlen am Montag ausgedrückt und der Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat ihm darin im Bundestag als einzige Übereinstimmung beigepflichtet.
Merz kritisierte nach der Rede des Bundeskanzlers, dass in ihr die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft kein einziges Mal vorkam. Der Kanzlerkandidat nahm damit ein Anliegen auf, dass zum Kern der Forderungen der deutschen Landwirtschaft gehört. Es tangiert hierzulande die Agrardieselbesteuerung, die immer höheren Tierhaltungsvorgaben, die hohen Mindestlöhne, die die SPD zum Wahlkampfthema macht, die Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln und so weiter.
Der Bauernverband hat jetzt anlässlich des Wahlkampfes zehn Forderungen formuliert. Nach dem Ampel-Ende mit Schrecken stellt sich die Frage, wie und ob diese Forderungen künftig erfüllt werden können. Mit Friedrich Merz und der Union wäre wohl eine Kehrtwende beim Agrardiesel zu machen und auch weniger Detailregelungen als bei Rot-Grün. Bei Steuererleichterungen wird aber auch bei der Union die Gegenfinanzierung fraglich und in puncto Mercosur kommt der Berufsstand mit seinen Bedenken bei keiner Partei der Mitte weiter.
Und beim Blick auf die aktuellen Umfrageergebnisse wird erkennbar, dass auch eine künftige Wirtschafts- und Landwirtschaftspolitik durch Kompromisse geprägt sein wird.
Cornelius Mohr – LW 51/2024