Späte Notbremse, aber noch keine Einsicht

Mit ihrem Vorschlag, die Umsetzung der Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten (EUDR) nochmals um ein Jahr zu verschieben, zieht die Kommission sehr spät die Notbremse. Bisher war vorgesehen, mit der Anwendung der Vorschriften Ende 2025 (für große Unternehmen) zu starten. Umweltkommissarin Jessika Roswall musste jetzt einräumen, dass nach neueren Prognosen die Datenlast deutlich höher ausfällt als vermutet, was zu Problemen mit der Leistungsfähigkeit des von der EU eingerichteten Informationssystems führen könne. Eine Einsicht, dass die Verordnung jedem Erzeuger von Holz, Rindfleisch, Soja, Kakao, Kaffee, Palmöl und Kautschuk und der anschließenden Verarbeitungs- und Vermarktungskette eine nicht verhältnismäßige Verwaltungs- und Datenerfassungslast aufbürdet, die vor allem kleine Erzeuger weltweit aus dem Markt drängen kann, ist aus ihren Äußerungen nicht zu lesen. Das ist erschreckend. Denn seit der Ankündigung der Verordnung und nochmals verstärkt in den vergangenen Monaten haben Verbände und Regierungen, vor einigen Wochen auch Bundeskanzler Friedrich Merz, an die EU-Kommission appelliert, die Verordnung zu verschlanken.

Zentral dabei ist die Forderung, eine Null-Risiko-Variante in die EUDR einzusetzen, die den Erzeugern in Ländern mit vernachlässigbarem Entwaldungsrisiko vereinfachte Informationsanforderungen ermöglicht. Das ist vernünftig. Allerdings hat sich die Kommission hierzu noch nicht konkret geäußert.

Die Benchmarking-Liste, die die Kommission im Mai dieses Jahres veröffentlicht hat, enthält lediglich die Risikokategorien „niedrig“, „Standard“ oder „hoch.“ Diese sind laut Kommission WTO-konform. Inwieweit dies auch für eine Einstufung in eine Null-Risiko-Variante gilt, wird mit Sicherheit Gegenstand von juristischem Streit. Von einer Studie der Waldbesitzerverbände wurde die Konformität bejaht. Von der EU-Kommission gibt es dazu kein Rechtsgutachten. Sie muss in den nächsten Monaten eine wesentliche Vereinfachung erarbeiten oder sich ein anderes System ausdenken, mit dem man das Ziel, dem Abholzen der Wälder entgegenzuwirken, erreicht.

Cornelius Mohr – LW 40/2025