Wandel am Esstisch

Das Ernährungsverhalten der Bevölkerung hat sich grundlegend verändert. Früher dominierten feste Mahlzeiten und familiäre Essrituale. Heute prägen Individualisierung, Snacking und Selbst­optimierung den Speiseplan. Das zeigt eine neue Studie der Heinz-Lohmann-Stiftung, die das Ernäh­rungsverhalten vor 20 Jahren mit heute vergleicht. Feste Essens­zeiten weichen heute einem flexiblen, persönlichen Stil. 81 Prozent schätzen zwar eine gemeinsame Mahlzeit pro Tag, doch das klassische Abendbrot verliert an Bedeutung. Flexible Arbeitszeiten, Single-Haushalte und das breite Angebot an Convenience-Produkten fördern spontane Nahrungsaufnahmen und den Griff nach Snacks. 75 Prozent der Befragten achten auf leistungssteigernde und gesundheitsfördernde Komponenten, 64 Prozent auf Produkte, die die Körperform unterstützen. Da­raus wachsen neue Leitbilder wie Longevity (Langlebigkeit) und Body Shaping (Körperformung).

Außerdem ist ein wachsender Fokus auf spezielle Ernährungsstile wie Flexitarismus, Low Carb oder High-Protein zu beobachten. Nahrungsergänzungsmittel, Proteinshakes und Vitaminkapseln gehören für viele zum Alltag. Eine ausgewogene, abwechslungs­reiche und genussvolle Ernährung wird damit infrage gestellt.

Die Fülle an Optionen schafft auch Unsicherheit: Ständig neue Trends und widersprüchliche Ideale führen zu Orientierungslosigkeit. Was heute als gesund gilt, kann morgen überholt sein. Die Balance zwischen Genuss, Leitbildern, individueller Ernährungs­weise und gesundheitsförderndem Essverhalten zu finden, ist für viele schwieriger geworden.

Für die Landwirtschaft gilt es weiterhin Wege zu finden, die sowohl die traditionellen Muster bedienen als auch flexibel in Bezug auf neue Trends sind. Für Direktvermarkter ist es normales Geschäft, auf die Wünsche der Kundschaft einzugehen. Sie bieten ein breites Spektrum an frischen regionalen Produkten bis hin zu Fertiggerichten an. Ob jeder Trend aufgegriffen wird, bleibt eine individuelle Entscheidung – schließlich müssen Produkte auch verkauft werden und zum Hofkonzept passen. Nach wie vor bietet der Sektor eine zentrale Chance, gesunde und nachhaltige Ernährungsgewohnheiten mitzuformen, vo­rausgesetzt Transparenz, Qualitätssicherung und Nachhaltigkeit bleiben Kernanliegen.

Dr. Stephanie Lehmkühler – LW 37/2025